Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Rn. 141a
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Ein allmählicher Strukturwandel ist gekennzeichnet von einem Bündel von Einzelmaßnahmen, deren erste vor und deren letzte nach der Wandlung des Betriebs liegen können (BFH v 07.10.1974, BStBl II 1975, 168) und die erst in ihrem Zusammenhang erkennen lassen, ob und von welchem Zeitpunkt ab sie zu einer neuen selbstständigen Erwerbsquelle führen. Demzufolge fordert die FinVerw in derartigen Fällen, dass die maßgeblichen Abgrenzungskriterien jeweils nachhaltig überschritten sind. Nachhaltigkeit idS soll nach Auffassung der FinVerw in R 15.5 Abs 2 EStR 2012 erst dann vorliegen, wenn die Grenzen in drei aufeinander folgenden Jahren überschritten sind (sog Ex-nunc-Lösung; BFH v 14.12.2006, BStBl II 2007, 541, so auch Leingärtner/Kreckl, Kap 12, Rz 34; R 15.5 Abs 2 S 2 EStR 2012).Die früher in Rspr (bspw BFH v 05.11.1974, BStBl II 1975, 118; BFH v 28.07.1987, BFH/NV 1988, 198; offen lassend BFH v 09.05.1996, BStBl II 1996, 550) und Teile des Schrifttums (Schmidt/Seeger, § 13 EStG Rz 85 mwN aF) vertretene Auffassung, die Gewerblichkeit ab dem Jahr anzunehmen, in dem der Wandel begonnen hat (sog Ex-tunc-Lösung) ist überholt.
Der Auffassung der FinVerw und des BFH ist mE zuzustimmen, weil das Gesetz selbst keine Rückwirkung vorsieht, wenngleich zuzugeben ist, dass sich hierdurch für den Landwirt in gewissem Umfang Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Danach ist ein vorübergehendes (einmaliges oder auch zweimaliges) Überschreiten der Abgrenzungskriterien unschädlich. Werden diese allerdings nachhaltig (also in drei Jahren hintereinander) überschritten, führt dies grundsätzlich (ab dem vierten Jahr) zur Gewerblichkeit der jeweiligen Betätigung, auch wenn die Überschreitung im jeweiligen Wj nur geringfügig gewesen sein sollte. Auf etwaige entgegenstehende Absichten des LuF kommt es dann nicht mehr an, weil Art, Umfang und Dauer der Dienstleistungen deren gewerblichen Charakter in den Vordergrund treten lassen.