Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Rn. 141b
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Beruht das Überschreiten der maßgeblichen Abgrenzungskriterien auf einem nach außen hin objektiv erkennbaren Entschluss des Landwirts, bislang (noch) der Landwirtschaft zugerechnete Betätigungen erheblich auszuweiten, ist schon in der ersten Maßnahme, die der Umsetzung dieses Entschlusses dient, eine gewerbliche Betätigung zu sehen (BFH v 04.02.1976, BStBl II 1976, 423). Ein solcher Entschluss wird nach außen regelmäßig erkennbar, wenn der Landwirt zB erhebliche Investitionen für den Neubau oder die Erweiterung bestehender Stallanlagen vornimmt; Gleiches gilt, wenn er etwaige vertragliche Verpflichtungen eingegangen oder speziell WG angeschafft hat, die jeweils dazu führen, dass die Grenzen für die Annahme einer LuF erheblich überschritten werden. Vollzieht sich also der Strukturwandel schlagartig, führt dies uU bereits zur Annahme eines Gewerbebetriebs auch für dasjenige Wj, in dem der Strukturwandel abgeschlossen ist, wenn zB bereits in diesem Wj die Viehbestandsgrenzen überschritten werden; der Auffassung von Kulosa in Schmidt, § 13 EStG Rz 40, 41. Aufl, wonach in solchen Fällen der Strukturwandel während des Wj eintreten soll, kann mE allein schon aus Gründen mangender Praktikabilität nicht gefolgt werden.
Von einem sofortigen Strukturwandel ist jedenfalls immer dann auszugehen, wenn durch die Maßnahmen des Landwirts die Vieheinheiten-Grenze (VE-Grenze) nach § 13 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG um mehr als 10 % überschritten und dadurch zugleich ein zusätzlicher Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen von mehr als 10 % erforderlich wird.
Beispiel 1:
LuF A verfügt über 50 ha landwirtschaftliche Nutzfläche (LN); er erzeugt 3 000 Mastschweine aus zugekauften schweren Ferkeln (0,16 VE ./. 0,04 VE = 0,12 VE je Mastschwein). Bei einer Fläche von 50 ha kann A 390 VE erzeugen. Tatsächlich erzeugt er bisher nur 360 VE, so dass die Erzeugung noch zur LuF gehört.
A erweitert nunmehr ab dem Wj 2019/2020 seine Schweinemast auf 3 500 Stück (also um mehr als 10 VE in Stückzahlen und ebenfalls um mehr als 10 % umgerechnet in VE: 3 500 × 0,12 = 420 VE neu). Gleichwohl ist damit kein sofortiger Strukturwandel verbunden, weil er seine Tierhaltungsmöglichkeit nur um 30 VE erhöht (von möglichen 390 VE auf nunmehr 420 VE = 30 VE = 7,7 %).
Beispiel 2:
Sachverhalt wie Beispiel1. A hat bislang bereits 3 200 Mastschweine erzeugt. Die VE betragen nunmehr 384 VE; damit erzeugt er noch immer weniger VE als ihm das Gesetz bei 50 ha LN einräumt (nämlich 390 VE). A stockt die Schweinemast nun auf 3 600 Stück auf (= 432 VE).
Die über die Tiererzeugungsmöglichkeit hinausgehende Aufstockung beträgt nunmehr 42 VE (432 ./. 390), somit also mehr als 10 %; es liegt somit ein sofortiger Strukturwandel vor. A könnte den Strukturwandel nur verhindern, wenn er gleichzeitig weitere 14 ha LN zupachten würde, weil er mit dann insgesamt 64 LN eine noch der LuF zugehörige Tierhaltung von 432 VE unterhalten kann.