Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Schrifttum:
Feldhaus, Nießbrauchsbestellung bei Hofübergabe oder zur vorbereitenden Hofnachfolge, INF 1986, 457;
Westenberger, Nießbrauch an luf BV, INF 1987, 22;
Pape, Folgen der Nutzungsüberlassung in der LuF bei Vereinbarungen zwischen Angehörigen, INF 1991, 49;
Naumann, Nießbrauch am BV aus ertrag- und erbschaftsteuerlicher Sicht, HLBS-Report 2009, 113;
Heins, Nießbrauch in der Landwirtschaft, HLBS-Steuerforum 2020, 126.
Verwaltungsanweisungen:
BMF v 13.01.1993, BStBl I 1993, 80 (zur vorweggenommen Erbfolge und Nießbrauchsbestellung als unentgeltlicher Vorgang);
BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184 (zur einkommensteuerlichen Behandlung des Nießbrauchs und anderer Nutzungsrechte bei den Einkünften aus VuV);
BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 (Zweifelsfragen zu § 6 Abs 3 EStG iVm § 6 Abs 5 EStG und Aussagen zum Betriebsübergang unter Nießbrauchsvorbehalt).
1. Allgemeines
Rn. 209
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Auch – und insbesondere – in der LuF wird der Generationenwechsel häufig durch das Rechtsinstitut des Nießbrauchs vorbereitet. Der Nießbrauch stellt regelmäßig den ersten Teilschritt einer Unternehmensnachfolge dar; durch ihn werden Vermögen und Nutzungsmöglichkeit getrennt und erst später dann – durch dessen Beendigung – wieder zusammengeführt.
Mit einem Nießbrauch belastet werden können Sachen aller Art (§§ 1030–1067 BGB) sowie Rechte (§§ 1068–1094 BGB). Darüber hinaus regelt das BGB den Nießbrauch an einem Vermögen (§§ 1085–1088) und an einer Erbschaft (§ 1089), also an Sachgesamtheiten.
Der Nießbrauch an einem Unternehmen ist zivilrechtlich nicht ausdrücklich geregelt; es handelt sich hierbei um eine Mehrheit von Nießbrauchsrechten. Da er aber in § 1055 Abs 2 BGB (Nießbrauch an einem Landgut) sowie 22 Abs 2 HGB (Nießbrauch an einem Handelsgeschäft) gesetzlich Erwähnung findet, kann an seiner rechtlichen Zulässigkeit kein Zweifel bestehen. Beim Unternehmensnießbrauch ist die Bestellung des Nießbrauchs durch einheitlichen Rechtsakt nicht möglich; erforderlich ist vielmehr die Begründung des Nießbrauchs an sämtlichen zum Unternehmen gehörenden Gegenständen entsprechend den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen.
Der Nießbrauch ist als höchstpersönliches Recht unvererblich und nicht übertragbar (§§ 1059, 1061 BGB), seine Ausübung kann aber einem Dritten überlassen werden.
Der Nießbrauch endet grundsätzlich zu dem vereinbarten Zeitpunkt; dies kann bei einem lebenslänglich vereinbarten Nießbrauch der Tod des Berechtigten sein (§ 1061 BGB) oder abweichend davon, indem der Berechtigte auf dessen Ausübung (formlos) verzichtet. Einkommensteuerlich vollzieht sich dieser Vorgang neutral; es tritt lediglich insoweit eine Rechtsnachfolge ein, dass mit der Vereinigung beider Betriebe in der Hand des Eigentümers das noch nicht verbrauchte AfA-Volumen auf diesen übergeht.
Der Verzicht auf die Ausübung des Nießbrauchs geht regelmäßig einher mit der Einräumung von Versorgungsleistungen (s Rn 273d), er kann aber auch mit und ohne Gegenleistung erfolgen.
Leistet der Nießbrauchsverpflichtete an den Berechtigten eine Entschädigung für die vorzeitige Aufgabe seines Nießbrauchsrechts, ist diese beim Berechtigten in voller Höhe im Rahmen des § 14 EStG zu erfassen (BFH v 08.05.2019, VI R 26/17, BStBl II 2 019 660).
2. Ertragsnießbrauch
Rn. 209a
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Vom Unternehmensnießbrauch im eigentlichen Sinne zu unterscheiden ist der sog Ertragsnießbrauch (sog quotaler Ertragsnießbrauch); bei Letzterem handelt es sich nicht um ein echtes Nießbrauchsrecht iSd §§ 1030ff BGB, denn beim Einzelunternehmen besteht keine Forderung des Inhabers gegen das Unternehmen, der Gegenstand eines Nießbrauchs sein könnte. Es entsteht nur ein schuldrechtlicher Gewinnauszahlungsanspruch des Nießbrauchers, der steuerlich keine Wirkungen entfaltet. Der quotale Ertragsnießbraucher ist danach nicht Unternehmer (BFH v 09.04.1991, BStBl II 1991, 809); dem folgend stellen die ausgezahlten Gewinnanteile beim Einzelunternehmer nicht abziehbare Zuwendungen iSd § 12 Abs 2 EStG dar (BFH v 28.11.1974, BStBl II 1975, 498; Uelner, INF 1980, 1), die beim Empfänger folgerichtig nicht zu Einkünften führen.
Zur ertragsteuerlichen Behandlung von in Hofübergabeverträgen vereinbarten Einschlagsrechten an bestimmten Forstparzellen s Rn 9b und 138 und 139.
3. Formen des Nießbrauchs in der steuerlichen Praxis
Rn. 209b
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Ausgestaltung des Nießbrauchs erfolgt regelmäßig in drei Fallgestaltungen:
- Entweder wird das Eigentum an allen zum luf Betrieb gehörenden WG auf den künftigen Hoferben übertragen bei gleichzeitigem Vorbehalt des (unentgeltlichen) Nießbrauchs am Betrieb und dessen Gewinn (Vorbehaltsnießbrauch, s Rn 210), oder
- es wird ein (unentgeltlicher) Nießbrauch an allen zum luf Betrieb gehörenden WG auf den zukünftigen Hoferben übertragen unter Zurückbehaltung des Eigentums an den WG für den Übertragenden (Zuwendungsnießbrauch, s Rn 210b).
- Als weitere Form des Nießbrauchs kommt der Vermächtnisnießbrauch in Betracht; hier handelt es sich um eine Gestaltungsmöglichkeit dergestalt, nach seinem Ableben einer dritten Person bestimmte Erträgnisse zukommen...