Rn. 200
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die gegenüber dem FA abzugebende Aufgabeerklärung des Betriebs muss aus Beweisgründen eindeutig und klar zum Ausdruck gebracht werden (BFH v 11.05.2017, BFH/NV 2017, 1172); an eine bestimmte Form ist sie jedoch nicht gebunden. Sie kann sich auch aus konkludenten Handlungen ergeben (BFH v 15.10.1987, BStBl II 1988, 257; BFH BStBl II 1988, 260); dem steht der Umstand nicht entgegen, dass der die zu einer Betriebsaufgabe führenden Handlungen Verursachende in seinem Verhalten keine Betriebsaufgabe gesehen hat und die Rechtsfolgen einer Betriebsaufgabe nicht auslösen wollte (BFH v 20.04.2020, BFH/NV 2020, 1051).
Liegt eine Aufgabeerklärung nicht vor, ist das bisherige BV idR so lange weiter als BV anzusehen, wie dies rechtlich möglich ist (BFH 05.05.2011, BStBl II 2011, 792). Soweit der StPfl dem FA gegenüber vorbringt, er habe seinen Betrieb bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgegeben, ist im Auslegungswege entsprechend den gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der StPfl auf die Äußerung einer Rechtsansicht beschränken oder ob er zugleich eine rechtsgestaltende Erklärung für den Fall abgeben will, dass sich das FA seiner Rechtsansicht nicht anschließen wird (BFH v 30.06.2005, BFH/NV 2005, 1997); dabei ist nicht nur die Erklärung selbst, sondern die objektive Erklärungsbedeutung des Gesamtverhaltens des Erklärenden einschließlich der Nebenumstände in die Auslegung einzubeziehen (BFH v 19.07.2007, BFH/NV 2007, 1885).
Macht der StPfl geltend, dass der landw Betrieb bereits einmal in weit zurück liegenden Zeiten aufgegeben wurde, trägt er hierfür die Feststellungslast (BFH v 14.05.2009, BStBl II 2009, 811; BFH v 17.05.2018, BFH/NV 2018, 1249); dies gilt selbst dann, wenn beim FA-Akten nicht mehr existieren (BFH v 26.02.2010, BFH/NV 2010, 1166).
Diese einseitig den StPfl belastende Regelung ist mE zu restriktiv; zutreffend hat das FG Münster v 26.04.2018, EFG 2018, 1362, rkr, dahingehend erkannt, dass in den Fällen, in denen wegen Vernichtung des Aktenmaterials durch das FA nicht mehr auf evtl vorhandene Unterlagen zurückgegriffen werden könne, eine Beweiserleichterung in Betracht kommen müsse, denn in diesen Fällen könne insb einem Rechtsnachfolger nicht entgegen gehalten werden, dass er über entsprechende Unterlagen nicht mehr verfüge. Danach sei es angezeigt, dass jedenfalls dann, wenn nachvollziehbare und in sich schlüssige Anhaltspunkte für eine Betriebsaufgabeerklärung vorliegen und sich die sonstige Aktenlage hierzu widerspruchslos verhält, das Beweismaß für die seinerzeitige Betriebsaufgabeerklärung auf Wahrscheinlichkeitserwägungen zu reduzieren (indirekt bestätigt durch BFH v 31.03.2021, BStBl II 2022, 312).
Rn. 201
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Die Aufgabeerklärung wird nicht etwa dadurch ersetzt, dass der Betriebsinhaber die Pachtzinsen in der ESt-Erklärung den Einkünften aus VuV zuordnet (BFH v 20.01.1999, BFH/NV 1999, 1073) oder eine andere Berufsbezeichnung angibt (BFH v 15.10.1987, BStBl II 1988, 257); auch die Bezeichnung der ESt-Erklärung als "Abschlusserklärung als Landwirt" führt zu keiner Betriebsaufgabe (BFH v 13.02.1997, BFH/NV 1997, 649).
Allein der Umstand, dass Besteuerungsgrundlagen über mehrere VZ den Einkünften aus VuV zugerechnet worden sind, rechtfertigt es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht, dass das FA die Besteuerungsgrundlagen auch in den Folgejahren derselben Einkunftsart zuordnet (BFH v 07.10.1981, BStBl II 1982, 335); Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass das FA in früheren Jahren zu Unrecht Veräußerungs- bzw Entnahmetatbestände nicht erfasst hat.
Rn. 202
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Die Erklärung hat sachverhaltsgestaltende Wirkung; mit ihrem Eingang beim FA ist die Betriebsaufgabe vollzogen (BFH v 23.02.1989, BFH/NV 1990, 219); dies galt auch schon vor Einführung des § 16 Abs 3b EStG (BFH v 15.11.2017, BFH/NV 2017, 1172).
Der Aufgabegewinn ist danach grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Zugangs der Aufgabeerklärung zu ermitteln; eine Aufgabeerklärung mit rückwirkender Kraft ist lediglich innerhalb der in § 16 Abs 3b S 2 EStG normierten 3-Monats-Frist möglich.
Wird die Aufgabe mittels Steuererklärung erklärt, ist Aufgabezeitpunkt grundsätzlich der Tag des Eingangs der Steuererklärung beim FA. Soll die Betriebsaufgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt eintreten, muss die Aufgabe regelmäßig außerhalb einer Steuererklärung erklärt werden.
Rn. 203
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Soweit die FinVerw in der Vergangenheit die Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns auf einen längstens drei Monate zurückliegenden Zeitpunkt zuließ (auch soweit er damit in das Vorjahr fiel), handelte es sich nicht etwa um die steuerliche Anerkennung einer rückwirkend erklärten Betriebsaufgabe, sondern um eine Vereinfachungsregelung durch Übernahme früher ermittelter Werte, die auf dem Erfahrungssatz beruhte, dass sich die Werte in einem Zeitraum von drei Monaten regelmäßig kaum verändern; sie war nicht anzuwenden, wenn sich in diesem 3-Monats-...