Rn. 151
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Bezüglich der Frage, in welchen Fällen die in § 16 Abs 3 S 3 normierte Sperrfrist verletzt wird und den sich daraus ergebenden Folgen kann auf die Erläuterungen in s § 16 neu Rn1581ff (Schacht) und BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6, Rz 24–27, verwiesen werden. Danach gilt insb für den Bereich der LuF, dass eine Sperrfristverletzung nicht vorliegt, wenn das übernommene BV innerhalb der Sperrfrist wiederum unentgeltlich (im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge) auf einen Rechtsnachfolger übertragen wird; der Rechtsnachfolger tritt allerdings in die noch laufende Sperrfrist ein.
Rn. 152
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Hinsichtlich der Folgen einer Sperrfristverletzung gibt es aber gerade im Bereich der LuF Besonderheiten zu beachten. Da ein landw Betrieb regelmäßig mit einzelnen WG aufgeteilt wird, unterliegt die zum Buchwert vorzunehmende reale Teilung grundsätzlich der Sperrfrist des § 16 Abs 3 S 3 EStG. Der rückwirkende Ansatz des gemeinen Werts ist nicht nur im Fall der Veräußerung/Entnahme einzelner WG innerhalb der Sperrfrist geboten, sondern auch dann, wenn sämtliche betroffenen WG im Rahmen einer Betriebsveräußerung übertragen werden bzw der Realteiler seinen landw (Verpachtungs-)Betrieb aufgibt (BFH v 15.01.2019, BStBl II 2020, 251 und BFH v 23.11.2021, BStBl II 2022, 371 Rz 26).
In allen vorgenannten Fallvarianten ist deshalb rückwirkend der auf den Übertragungsvorgang (nicht bei einem Überführungsvorgang) maßgebliche gemeine Wert anzusetzen. Diese Regelung führt jedoch im Bereich der LuF mit zuletzt inflationsbedingten Wertsteigerungen zu offensichtlich von der FinVerw im Realteilungserlass BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Rz 28 nicht gesehenen Besteuerungslücken.
Beispiel 1:
V ist Eigentümer eines verpachteten landw Betriebs mit 10 ha landw Nutzfläche und hinterlässt zwei Erben (S1 und S 2); diese setzen sich mit Wirkung vom 05.01.2021 dergestalt auseinander, indem jeder der beiden Mitunternehmer (Erben) 5 ha landw Nutzfläche erhält. Der gemeine Wert des Grund und Bodens beträgt zu diesem Zeitpunkt 10 EUR/qm; der Buchwert gem § 55 Abs 1 und 2 EStG beträgt 2 EUR/qm. Die Feststellungserklärung für den Zeitpunkt der Realteilung (2021) geht am 01.07.2022 beim FA ein mit der Folge, dass die Sperrfrist am 30.06.2025 endet. Am 31.12.2024 veräußert einer der Realteiler ein einzelnes Grundstück aus seinem Betrieb zu einem Veräußerungspreis von 13 EUR/qm.
Lösung:
Die Veräußerung des Grundstücks am 31.12.2024 führt zur Verletzung der Sperrfrist nach § 16 Abs 3 S 3 EStG; demzufolge ist rückwirkend der gemeine Wert zum 05.01.2021 für das veräußerte Grundstück anzusetzen, mit der Folge, dass das übernommene Grundstück nicht zum Buchwert, sondern zum gemeinen Wert auf den Realteiler übergeht; es verbleibt aber gleichwohl bis zu seiner Veräußerung am 31.12.2024 im luf BV des Realteilers.
In Höhe der Differenz von 8 EUR/qm entsteht ein nachträglich im VZ 2021 entstehender laufender Gewinn, der nach Auffassung der FinVerw beiden Realteilern entsprechend ihrer Erbquote zuzuordnen ist. Da das Grundstück allerdings erst zum 31.12.2024 endgültig durch Veräußerung aus dem luf BV des Realteilers ausscheidet, entsteht im Zeitpunkt der Veräußerung in der Hand des Realteilers ein zusätzlicher – ebenfalls laufender – Veräußerungsgewinn von weiteren 3 EUR (Differenz zwischen gemeinen Wert zum 05.01.2021 und dem Veräußerungspreis am 31.12.2024), der mE einer Rücklage gem §§ 6b, 6c EStG zugeführt werden kann.
Beispiel 2:
Sachverhalt wie Bsp 1; allerdings veräußert der Realteiler kein übernommenes Grundstück, sondern bebaut es mit einem Betriebsleiterwohnhaus.
Lösung:
Die Bebauung mit einem Betriebsleiterwohnhaus führt zu einer Grundstücksentnahme. Da diese innerhalb der noch laufenden Sperrfrist erfolgt, kommt es rückwirkend zum Realteilungszeitpunk zum Ansatz des zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen gemeinen Werts. Der dabei entstehende Gewinn ist laufender Gewinn auf der Ebene der Mitunternehmerschaft; er ist nicht begünstigt gem § 13 Abs 5 EStG.
Die weitere Wertsteigerung zwischen dem Zeitpunkt der Realteilung und dem Baubeginn ist dann gem § 13 Abs 5 EStG steuerfrei.
Beispiel 3:
Sachverhalt wie Beispiel 1; allerdings erklärt ein Realteiler zum 31.12.2024 die Betriebsaufgabe.
Lösung:
Die Betriebsaufgabe innerhalb der noch laufenden Sperrfrist führt ebenfalls zum rückwirkenden Ansatz des zum Zeitpunkt der Realteilung maßgeblichen gemeinen Werts; der die Sperrfrist verletzende Realteiler ist so zu stellen, als habe er seine unternehmerische Tätigkeit bereits im Zeitpunkt der Realteilung unter Aufdeckung der in den von ihm übernommenen WG des ehemaligen Gesamthandsvermögens ruhenden stillen Reserven aufgegeben (BFH vv 15.01.2019, BStBl II 2020, 251). Demzufolge entsteht ein Aufgabegewinn im VZ 2021 von 8 EUR/qm, der nach mE unzutreffender Auffassung der FinVerw (BMF v 19.12.2018, , BStBl I 2019, 6 Rz 28) tarifbegünstigt sein soll.
Die Differenz zum Veräußerungspreis (gemeinen Wert) zum 31.12.2024 iHv 3 EUR/qm bleibt...