Rn. 70d
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Ein steuerlicher Mehrgewinn kann schließlich auf der Aufdeckung stiller Reserven anlässlich der Erhöhung der Wertansätze einzelner Aktivposten anlässlich einer Bp beruhen. Wird – wie in der Praxis üblich – die HB des betreffenden Jahres nicht nachträglich angepasst, so sind die steuerlichen Mehrgewinne im Weg der Schätzung – also unter Berücksichtigung evtl Änderungen des handelsrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssels – den Gesellschaftern zuzuteilen, denen sie voraussichtlich in Zukunft zufallen (BFH BStBl II 1997, 241; 1981, 164; BFH/NV 1986, 524; BStBl II 1975, 73; FG D'dorf, EFG 1980, 19). Die zukünftige Auskehrung der stillen Reserven ist deshalb entscheidend, weil grundsätzlich kein StPfl etwas zu versteuern braucht, was tatsächlich einem anderen zufließt. Erfolgt der Zufluss voraussichtlich erst bei Auflösung der PersGes, so ist der Liquidationsschlüssel statt des Gewinnverteilungsschlüssels maßgebend (glA Bode in Brandis/Heuermann, § 15 EStG Rz 546, Erg-Lfg 113; wegen evtl auftretender Prognoseprobleme vgl Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 5. Aufl, 292ff).
Unproblematisch sind Mehr-/Mindergewinne, die im Sonder-BV oder in der Ergänzungsbilanz des ausgeschiedenen Gesellschafters oder im Zusammenhang mit Sondervergütungen nach § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 Hs 2 EStG entstanden sind, weil sie dem betroffenen Gesellschafter eindeutig zuzurechnen sind. Einer Regelung im Zusammenhang mit dem Ausscheiden bedürfen jedoch Feststellungen der Bp betreffend Veränderungen des Kapitalkontos eines Gesellschafters zB infolge von Entnahmen eines ausgeschiedenen Gesellschafters, Erhöhung von ihm allein zugeflossenen Einnahmen oder Kürzung von BA, die die Gesellschaft für ihn getragen hat: s Günther, GStB 2003, 306, 309ff. In diesen Fällen sind die Mehrgewinne dem ausgeschiedenen Gesellschafter bereits vor dem Ausscheiden – ohne Buchung – ausgezahlt worden und verändern damit im Ergebnis nicht sein Kapitalkonto in der für die Auseinandersetzung maßgeblichen Auseinandersetzungsbilanz.
Beispiel (nach Günther):
Der Betriebsprüfer erhöht die Einnahmen der PersGes um 1 000 EUR, die direkt dem ausgeschiedenen Gesellschafter zugeflossen sind. Seine Nachbuchung lautet: Privatentnahmen an Erlöse 1 000 EUR.
Steuerlich ist der Mehrgewinn dem ausgeschiedenen Gesellschafter zuzurechnen; soll eine andere Gewinnverteilung vorgenommen werden, müsste dies vorher vertraglich vereinbart worden sein: Günther weist darauf hin, dass bei Nichtvorliegen einer solchen Vereinbarung und dennoch abweichender Gewinnverteilung durch die Bp Einspruch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid einzulegen ist.
Wegen eines instruktiven Bsp zur Behandlung nachträglich festgestellter Mehrgewinne an ausgeschiedene Gesellschafter einer PersGes ganz allgemeinen Hinweis auf Steuer-Seminar 2003, Fall-Nr 109, 309.
Ist ein Gesellschafter vor Feststellung der Mehrgewinne gegen eine Pauschalabfindung ausgeschieden und stellt die PersGes nach Möglichkeit eine Gesellschaftsbilanz nach steuerlichen Grundsätzen auf (Einheitsbilanz), sind Mehrgewinne, die anteilig auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfallen, seinem Kapitalkonto im Zeitpunkt des Ausscheidens gutzuschreiben: BFH BStBl II 1997, 241 (mE nicht bei fehlender Einheitsbilanz, auch lt BFH aaO, anders Bordewin, NWB F3, 10 049). Allerdings gab es im Urteilsfalle (BFH BStBl II 1997, 241) eine Ausscheidensvereinbarung, die die Verhältnisse zwischen den Beteiligten abschließend geklärt hatte, wonach der ausgeschiedene Gesellschafter seine Ausgleichszahlungen nicht zurückfordern konnte, wenn sich sein negatives Kapitalkonto nachträglich ermäßigte, andererseits aber auch nicht zu Nachzahlungen verpflichtet war, wenn dies höher ausfiel; die Vereinbarung beseitigte die Ungewissheit über die Höhe der Ausgleichsverpflichtungen im Wege des gegenseitigen Nachgebens, trug also Vergleichscharakter. Da die Pauschalabfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters unverändert bleibt, vermindert sich sein Veräußerungsgewinn bzw erleidet er einen Veräußerungsverlust. Das Gesamtvolumen der ihm zugerechneten Gewinne bleibt gleich, ein Nachteil kann sich allerdings bei einer Erhöhung des lfd Gewinns zu Lasten eines tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns ergeben. Einem sich evtl danach ergebenden Veräußerungsverlust des ausgeschiedenen Gesellschafters steht nach BFH BStBl II 1997, 241 kein entsprechender Anwachsungsgewinn der verbleibenden Gesellschafter gegenüber, vielmehr müssen wie beim entgeltlichen Erwerb eines Gesellschaftsanteils unter dem Buchwert des Kapitalkontos die verbliebenen Gesellschafter den Minderbetrag für Abstockungen auf die WG der PersGes verwenden: s Rn 64 zu 1b).