1. Rechtsentwicklung
a) Rechtslage 01.01.2006–31.12.2008
Rn. 80
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Art 1 Nr 13 b JStG 2007 (v 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878) fügte in § 20 EStG einen neuen Abs 2b ein, der für alle Einkünfte aus KapVerm die Anwendbarkeit des § 15b EStG anordnete, und zwar erstmals ab VZ 2006 (Art 1 Nr 43 j JStG 2007; § 52 Abs 37d EStG aF; BFH v 17.01.2017, VIII R 7/13, BStBl II 2017,700). Der Gesetzgeber führte dazu an (BT-Drucks 16/2712, 50), dass durch die Neuregelung die in § 15b EStG enthaltene Verlustverrechnungsbeschränkung zur Vermeidung von Umgehungsgestaltungen auf sämtliche Einkünfte aus KapVerm ausgedehnt werde. Umgehungsgeschäfte seien, so der Gesetzgeber, in jüngster Zeit insb bei Kapitallebensversicherungen und sonstigen Kapitalforderungen jeder Art entwickelt worden.
b) Rechtslage ab 01.01.2009
Rn. 81
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Art 1 Nr 16d, Nr 41 (= 52a Abs 10 S 10 EStG) UntStRefG (v 14.08.2007, BGBl I 2007, 1912) verschob den Wortlaut des § 20 Abs 2b EStG aF in den Abs 7 des § 20 EStG nF, und zwar für alle nach dem 31.12.2008 zufließenden KapErtr. Eine inhaltliche Änderung ergab sich dadurch nicht.
Rn. 82
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Die Verweisung auf § 15b EStG ist praktisch (ebenso wie die bei den Einkünften aus VuV, s Rn 96ff sehr bedeutsam.
2. Sonstige Hinweise
a) Allgemeines
Rn. 83
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 20 Abs 7 EStG nF/§ 20 Abs 2b EStG aF enthält:
- in S 1 eine Rechtsgrundverweisung auf § 15b EStG; dh, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b EStG müssen "sinngemäß" vorliegen (also auch die Überschusserzielungsabsicht, BFH v 17.01.2017, VIII R 7/13, BStBl II 2017, 700), dann sind auch "sinngemäß" die Rechtsfolgen des § 15b EStG für Einkünfte aus KapVerm anzuwenden (BFH v 07.05.2019 VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751)
- in S 2 eine Erweiterung der Verweisung für den Begriff des "vorgefertigten Konzepts". Diese genügt dem Bestimmtheitsgebot (BFH v 28.06.2017, VIII R 57/14, BStBl II 2017, 1144). Allg zum (verfassungsrechtlichen) Bestimmtheitsgebot s Rn 17ff.
Rn. 84
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Die FinVerw äußerte sich im Anwendungsschreiben zu § 15b EStG (BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542) nicht zu seinem Anwendungsbereich iR dieser Verweisung (kritisch deswegen Naujok, DStR 2007, 1601). Dazu s § 20 Rn 1553 (Schlotter).
Rn. 84a
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Aufgrund der Verweisung gilt § 15b EStG daher sowohl für positive als auch für negative Einkünfte aus KapVerm (BFH v 17.01.2017, VIII R 7/13, BStBl II 2017, 700).
b) Verhältnis § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/Abs 2b S 1 EStG aF zu § 20 Abs 6 EStG
ba) Rechtslage bis einschließlich VZ 2013
Rn. 85
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Es ergab sich folgende Rechtslage:
Vorschrift |
Regelungsinhalt |
§ 20 Abs 6 S 1 EStG aF |
Verbleibende positive Einkünfte aus KapVerm sind nach der Verlustverrechnung iRd KapSt-Abzugs zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften zu verrechnen. |
§ 20 Abs 6 S 2 EStG aF |
Verluste aus KapVerm dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. |
§ 20 Abs 6 S 3 EStG aF |
Sie mindern jedoch die Einkünfte, die der StPfl in den folgenden VZ aus KapVerm erzielte |
bb) Rechtslage ab VZ 2014
Rn. 86
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Art 2 Nr 9c des G zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl I 2014,1266) hob § 20 Abs 6 S 1 EStG aF mit Wirkung ab VZ 2014 (Art 2 Nr 34 des G) auf. Daraus ergibt sich:
Vorschrift |
Regelungsinhalt |
§ 20 Abs 6 S 1 EStG nF |
Verluste aus KapVerm dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. |
§ 20 Abs 6 S 2 EStG nF |
Sie mindern jedoch die Einkünfte, die der StPfl in den folgenden VZ aus KapVerm erzielte |
bc) Konkurrenz
Rn. 87
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Sowohl für den Zeitraum ba) als auch bb) (s Rn 85, 86) stellt sich die Frage der Konkurrenz der Vorschriften zu § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF mit § 15b EStG. Gragert, NWB 31/2010, 2450 vertritt mE zu Recht den Vorrang des § 15b EStG. Schon aus der systematischen Stellung des § 20 Abs 7 EStG gegenüber Abs 6 ergibt sich, dass über die Verweisung in Abs 7 des § 20 EStG dieser lex specialis ist. Somit bezieht sich der Anwendungsbereich des § 20 Abs 6 EStG nur auf solche Einkünfte aus KapVerm, die nicht Steuerstundungsmodelle nach § 15b EStG sind.
c) Die 10 %-Grenze (§ 20 Abs 7 S 1 EStG nF/Abs 2b S 1 ESG aF)
Rn. 88
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Nach § 2 Abs 5b EStG sind KapErtr nach § 32d Abs 1, § 43 Abs 5 EStG (= diese unterliegen der AbgSt) nicht einzubeziehen, soweit Rechtsnormen des EStG etwa an die Begriffe "Einkünfte", "Summe der Einkünfte", "Gesamtbetrag der Einkünfte", "Einkommen", "zvE" anknüpfen. Zu § 2 Abs 5b EStG s § 2 Rn 349a–349g (Handzik).
Rn. 89
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Für die 10 %-Grenze (s Rn 147ff) des § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF iVm § 15b Abs 3 EStG soll § 2 Abs 5b EStG nicht einschlägig sein (Gragert, NWB 31/2010, 2450). Beachte auch s Rn 91c.
d) Das vorgefertigte Konzept (§ 20 Abs 7 S 2 EStG nF/Abs 2b EStG aF)
Rn. 90
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Per Rechtsgrundverweisung in § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG (s Rz 83) ist auch § 15b Abs 2 S 2 EStG "sinngemäß" anzuwenden. Danach liegt auch für Einkünfte aus KapVerm ein Steuerstundungsmodell vor aufgrund modellhafter Gestaltung...