ea) Erwerb festverzinslicher Wertpapiere
Rn. 94
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Die FinVerw (OFD Magdeburg, Vfg v 22.12.2008, DStR 2009, 532; überholt daher Vfg v 13.06.2008, DStR 2008, 1833; OFD Rheinland und OFD Münster, jeweils Vfg v 13.07.2010, DStR 2010, 1625; aA Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732) vertritt für den Fall, dass festverzinsliche Wertpapiere unter Ausweis von Stückzinsen (= negative Einnahmen) vor dem 01.01.2009 (Einführung der AbgSt) erworben und die positiven Erträge daraus (= Zinsen) erst danach fällig wurden, folgende Auffassung:
Fall Nr |
Tatbestand |
Rechtsfolge |
1 |
Wertpapiererwerb (nur) mit EK |
§ 15b EStG iVm § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF ist nicht anwendbar |
2 |
Wertpapiererwerb mit FK, negative Einkünfte sind niedriger als oder gleich 10 % des eingesetzten EK |
§ 15b iVm § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF ist nicht anwendbar |
3 |
Wertpapiererwerb mit FK, negative Einkünfte sind höher als 10 % des eingesetzten EK |
§ 15b iVm § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF ist anwendbar1 |
1 Dh, Verluste aus gezahlten Stückzinsen sind in diesem Fall erst mit den später zufließenden KapErtr zu verrechnen.
eb) Erwerb von Investmentanteilen
eba) Ansicht der FinVerw
Rn. 95
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Werden beim Erwerb von Investmentanteilen vor dem 01.01.2009 und positiven Einkünften nach dem 01.01.2009 Zwischengewinne (= negative Einnahmen) gezahlt, die im Verhältnis zum Erwerbspreis unüblich hoch sind (zB bis zu 50 % des Kaufpreises), so wollte die FinVerw (OFD Rheinland und Münster, Vfg v 13.07.2010, DStR 2010, 1625, OFD Rheinland und OFD Münster, jeweils Vfg v 13.07.2010, DStR 2010, 1625; anders noch OFD Magdeburg, Vfg v 13.06.2008, DStR 2008, 1833: insgesamt § 15b EStG nicht anwendbar) wie folgt unterscheiden:
Fall Nr |
Tatbestand |
Rechtsfolge |
1 |
Ertragsausgleich (§ 9 InvStG aF bis 31.12.2017, s Rn 69) wird durchgeführt (Regelfall) |
Es gibt keine negativen Einnahmen, so dass sich die Frage der Anwendbarkeit des § 15b EStG iVm § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF nicht stellt. |
2 |
Ertragsausgleich (§ 9 InvStG aF bis 31.12.2017, s Rn 69) wird nicht durchgeführt (Ausnahme) |
(a) Betragen die gezahlten Zwischengewinne mehr als 10 % des eingesetzten EK, ist § 15b EStG iVm § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF anwendbar. (b) Betragen die gezahlten Zwischengewinne 10 % oder weniger des eingesetzten EK, ist § 15b EStG iVm § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF nicht anwendbar. |
ebb) Die Ansicht des BFH
Rn. 95a
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
(1) Grundsatz
Der BFH (v 28.6.2017, VIII R 57/14, BStBl II 2017, 1144; v 07.05.2019 VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751) hält diese Ansicht der FinVerw für zweifelhaft, und zwar auch dann, wenn der Zwischengewinn 10 % des Kaufpreises übersteigt, da hohe (negative) Zwischengewinne beim Erwerb von Investmentfondsanteilen nicht ohne weiteres zu einem Steuerstundungsmodell führen. In Fortführung dieser Linie fallen negative Zwischengewinne grds nicht in den Anwendungsbereich des § 20 Abs 2b S 1 EStG (BFH v 07.05.2019, VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751), weil dieser aus der zutreffenden wirtschaftlichen Zuordnung des Zinsanspruchs herrührt und nicht Folge einer modellhaften Gestaltung ist. Daher ist es belanglos, ob auf der Ebene des Fonds hohe Zwischengewinne durch ein sog Bond-Stripping verursacht werden (BFH v 07.05.2019, VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751). Auch s Rn 146a.
(2) Ausnahme bei Fremdfinanzierung?
BFH v 07.05.2019 VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751 deutet an, dass uU anders zu entscheiden ist, wenn nach dem Gesamtkonzept eine Fremdfinanzierung des Erwerbs vorgesehen und damit diese eingesetzt wird, um negative Einkünfte zu erzielen
Rn. 95b
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
BFH v 28.06.2017, VIII R 57/14, BStBl II 2017, 1144 verneint mangels nur steuerlicher Vorteile eine Konstruktion, bei der sich – bezogen auf die Anlegerschaft des Fonds im Ganzen – positive und negative Zwischengewinne ausgleichen.