Rn. 1301
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Das steuerliche Rechtsinstitut der Realteilung hat seit 1998 mehrere erhebliche Umgestaltungen erfahren, die zum Teil auf gesetzlichen Änderungen, in jüngster Zeit aber vor allem auf einer Fortentwicklung der Rspr beruhen.
Rn. 1302
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Bis einschließlich 1998 war die Realteilung gesetzlich nicht geregelt, sondern von der Rspr und Erlassen der FinVerw geprägt. Die Realteilung setzte die Auflösung der Mitunternehmerschaft voraus, das den Realteilern zugewiesene BV wurde zur Erfüllung der Auseinandersetzungsansprüche übertragen (BFH v 08.07.1992, XI R 51/89, BStBl II 1992, 946). Soweit die realteilenden Mitunternehmer Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile, aber auch Einzel-WG in eigene BV übertrugen, gewährte die Rspr die Möglichkeit, zwischen dem Ansatz der fortgeführten Buchwerte und der Behandlung als gewinnrealisierender Betriebsaufgabe durch Ansatz der Teilwerte zu wählen (BFH v 19.01.1982, VIII R 21/77, BStBl II 1982, 456). Dieses Wahlrecht war einheitlich in der steuerlichen Schlussbilanz der Realteilungsmitunternehmerschaft auszuüben, der gewählte Ansatz war für die ausscheidenden Realteiler bindend (BFH v 10.12.1991, VIII R 69/86, BStBl II 1992, 385; BMF v 11.08.1994, BStBl I 1994, 601). Als Rechtsgrundlage wurde überwiegend eine analoge, reziproke Anwendung des § 24 UmwStG aF angenommen (BMF v 25.03.1998, BStBl I 1998, 268 Tz 24.18). Die Angleichung der Kapitalkonten an die übernommenen Buchwerte stellte die spätere Besteuerung der stillen Reserven sicher (BMF v 25.03.1998, BStBl I 1998, 268 Tz 24.18).
Rn. 1303
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Durch das StEntlG 1999/2000/2002 entfiel das Wahlrecht ab 1999. Bei der Übertragung von Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen waren die Buchwerte nunmehr zwingend fortzuführen, bei der Übertragung von Einzel-WG kam es hingegen ebenso zwingend zur Aufdeckung der stillen Reserven. Damit einher ging die Aufhebung des Mitunternehmererlasses, der eine Reihe von Steuervergünstigungen bei der Übertragung von Einzel-WG vorsah (BMF v 20.12.1977, BStBl I 1978, 8).
Rn. 1304
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Mit Wirkung für nach dem 31.12.2000 erfolgende Realteilungen wurde § 16 Abs 3 S 2 EStG durch das UntStFG durch die S 2–4 in der Form neu gefasst, dass nunmehr auch die Übertragung von Einzel-WG zu Buchwerten erfolgte. Parallel wurden mit § 6 Abs 5 S 3–6 EStG die Regelungen des Mitunternehmererlasses weitgehend wieder eingeführt, diesmal auf gesetzlicher Grundlage.
Rn. 1305
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In jedem Fall war die Auflösung der Mitunternehmerschaft entscheidende Voraussetzung für die Anwendung der Realteilungsregeln. Das Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Fortbestand der Mitunternehmerschaft und unter Zuweisung von WG des BV als Abfindung (Sachwertabfindung) wurde als Verkauf oder Aufgabe des Mitunternehmeranteils gewertet, die regelmäßig zur Besteuerung der stillen Reserven führte, soweit nicht über § 6 Abs 3 EStG oder § 6 Abs 5 S 3 EStG eine Buchwertfortführung möglich war (BMF v 28.02.2006, BStBl I 2006, 228 unter II.; SenFin Berlin v 03.02.2012, III B – S 2242–1/2009, FR 2012, 332 Tz 332); zur Überführung und Übertragung von Einzel-WG außerhalb einer Realteilung s § 6 Rn 1510f (Müller/Dorn).
Rn. 1306
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Ausgelöst spätestens durch das Urteil des BFH v 17.09.2015, III R 49/13, BStBl II 2017, 37 ist das Rechtsinstitut der Realteilung wieder erheblich in Bewegung gekommen, vgl die kaum noch zu überblickenden Entscheidungsbesprechungen (Auswahl) bei Bareis, DB 2016, 2973; Schacht, DB 2016, 794; Schulze zur Wiesche, BB 2016, 17 543–1759; Siegel, DB 2016, 2245; Wendt, FR 2016, 536; Wiese/Lukas, DStR 2016, 1078; Wollweber/Stenert, DStR 2016, 2144; Görgen, DStZ 2017, 279; Neu/Hamacher, GmbHR 2017, 897–901; Reiss, FR 2017, 458; Schmidt/Siegmund, NWB 2017, 3926; Sparfeld, BRAK-Mitteilungen 2017, 66; Demuth, KÖSDI 2019, 21 402; Niehus/Wilke, Ubg 2019, 194.
Rn. 1307
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Die entscheidende Richtungsänderung besteht darin, dass die Realteilungsvorschriften mit der Folge der Buchwertfortführung nunmehr auch dann Anwendung finden können, wenn die Mitunternehmerschaft nicht aufgelöst wird, sondern fortbesteht und nur ein oder mehrere Mitunternehmer ausscheiden und WG des BV in ihre jeweiligen BV übertragen (FG Münster v 29.01.2015, 12 K 3033/14 F, EFG 2015, 915; so auch bereits FG Ha v 18.04.2012, 3 K 89/11, EFG 2012, 1744). Mittlerweile ist auch die FinVerw auf die Linie des BFH eingeschwenkt (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6), viele Einzelfragen sind allerdings noch offen.
Rn. 1308
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Zu Details der früheren Regelungen s Vorauflage zu § 16 EStG Rz 186–187k (Hörger/Rapp).
Rn. 1309–1330
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
vorläufig frei