1. Erbfall und § 16 EStG
Rn. 2501
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
§ 16 EStG regelt Veräußerung und Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, somit Sachverhalte, die idR auf willensgesteuerten Handlungen beruhen (zu Ausnahmen s Rn 991f) und bei denen § 16 EStG zum einen der Abgrenzung der laufenden von den tarifbegünstigten Einkünften dient, s Rn 1, zum anderen die Voraussetzungen festhält, unter den iRd Realteilung die Buchwerte fortgeführt und zwischen den beteiligten Mitunternehmern übertragen werden können, s Rn 1301f.
Rn. 2502
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Erbfall und Entstehung der Erbengemeinschaft sind demgegenüber Sachverhalte, die – jedenfalls was Zeitpunkt und Zusammensetzung des übertragenen Vermögens angeht – häufig unvorhergesehen geschehen und für die Erwerber nur begrenzt gestaltbar sind. Gleiches gilt für die Zusammensetzung einer Erbengemeinschaft, deren Zweck, anders als bei Personen(handels)gesellschaften, nicht die gemeinsame Verfolgung wirtschaftlicher oder ideeller Ziele, sondern grds die Auseinandersetzung des durch die Erbschaft erhaltenen Vermögens ist. Es handelt sich bei der Erbengemeinschaft um eine gesetzliche Zufallsgemeinschaft (BMF vom 14.03.2006, IV B 2 – S 2242–7/06, BStBl I 2006, 253 Tz 8), weshalb Rspr und FinVerw mitunter großzügig dabei sind, bestimmte erst später eintretende Umstände rückwirkend zu berücksichtigen.
Rn. 2503
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Unternehmernachlässe sind häufig Mischnachlässe, die PV und BV umfassen. Soweit nicht bereits im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder durch eine sorgfältige Nachfolgeplanung der Übergang auf die gewünschten Vermögensempfänger und Unternehmenserben im Wesentlichen geregelt ist, haben die sich in einer Erbengemeinschaft zusammenfindenden Erben im Regelfall ein Interesse daran, eine Auseinandersetzung herbeizuführen. Eine solche Auseinandersetzung kann zur Veräußerung oder zur Aufgabe betrieblicher Sachgesamtheiten führen oder auch zur Zuordnung betrieblicher Einheiten oder von Einzel-WG an einzelne Miterben, ähnlich wie in Fällen der (regulären) Realteilung nach § 16 Abs 3 S 2 EStG.
Rn. 2504
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Hier ist die Schnittmenge mit den von § 16 EStG originär behandelten Konstellationen. Aus diesen Gründen nimmt die nachstehende Darstellung die Vermögensnachfolge unter Lebenden in Form von Schenkungen oder sonstiger Zuwendungen aus. Hierbei handelt es sich um geplante Sachverhalte, die im Regelfall nicht zu Rechtsfolgen führen, die einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe ähneln.
Sofern es im Einzelfall, zB bei einer unerkannt gebliebenen Betriebsaufspaltung, zu einer Betriebsaufgabe kommt, ist § 16 Abs 3 EStG unmittelbar anzuwenden, zu diesem Sachverhalt s Rn 995f. Demgegenüber schließt die Darstellung sowohl die Rechtsnachfolge in PV und die damit verbundenen Einkunftsarten (§§ 17, 20, 21, 23 EStG) als auch die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft über PV und Mischnachlässe aufgrund der besonderen Sachnähe mit ein.
Rn. 2505
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Die steuerlichen Folgen, die bereits beim Erbfall in der Person der Erben entstehen, spätestens bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft aber auch mitgestaltbar sind, können erheblich sein. Dennoch darf das Einkommensteuerrecht die vom Zivilrecht vorgegebene Zielsetzung der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht erschweren, sondern muss sie vielmehr erleichtern. Behindert das Einkommensteuerrecht die Auseinandersetzung, verschlechtern sich die Chancen einer liquiditätsschonenden (weil keine Steuer auslösenden) Auseinandersetzung, insbesondere, wenn es in der Erbengemeinschaft zu weiteren Erbfällen kommt, bei denen sich uU Unbekannte oder nur entfernte Verwandte gegenüberstehen. Das kann, wenn nicht über entsprechende organisatorische Maßnahmen (Testamentsvollstrecker, Fremdgeschäftsführer) Vorsorge getroffen wurde, betriebliches Vermögen in seiner Existenz gefährden.
Rn. 2506
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Die nachfolgende Darstellung erläutert zunächst die unmittelbar mit dem Erbfall eintretenden einkommensteuerlichen Folgen (s Rn 2601f), danach die im Anschluss daran bei den Erben aus dem erhaltenen Vermögen erzielten laufenden Einkünfte und die damit verbundenen Besonderheiten (s Rn 2701f), schließlich die bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zur Steuerminimierung zu beachtenden Vorgaben, die vornehmlich durch Rspr und FinVerw vorgeprägt sind (s Rn 2801f).
Rn. 2507–2510
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vorläufig frei
2. Verhältnis zum Erbschaftsteuerrecht
Rn. 2511
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Das Verhältnis zwischen ESt und ErbSt ist, auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 07.04.2015, nicht abschließend geklärt (BVerfG vom 07.04.2015, 1 BvR 1432/10, BFH/NV 2015, 1069). Beide Steuerarten zielen unter Verwendung unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen auf die Vermögensmehrung beim Erwerber/ESt-Subjekt. Das kann in bestimmten Konstellationen zu einer steuerlichen Doppelbelastung führen, die nur unter den engen Voraussetzungen des § 35b EStG zu einer Ermäßigung der ESt, nicht der ErbSt, füh...