Rn. 1053
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Von der Betriebsaufgabe unterscheidet sich die allmähliche Betriebsabwicklung dadurch, dass die Verwertung der wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht in einem einheitlichen Vorgang erfolgt, sondern allmählich und über einen längeren Zeitraum (vgl Stahl, KÖSDI 2006, 15 125; Kanzler, FR 2007, 800). Es ist denkbar, dass die ersten Verwertungsvorgänge zunächst nur als Verkleinerung des Betriebs geplant sind und sich der Entschluss zur Einstellung des Betriebs erst im Laufe der Zeit entwickelt. Ein Merkmal der allmählichen Betriebsabwicklung ist, dass nicht ein bestimmter Zeitpunkt festgelegt werden kann, zu dem der StPfl seine werbende Tätigkeit eindeutig endgültig aufgegeben hat (BFH v 20.06.2000, VIII R 18/99 (NV), BFH/NV 2001, 31).
Rn. 1054
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Die allmähliche Betriebsabwicklung ist nicht tarifbegünstigt, da bei dieser die Aufdeckung der stillen Reserven nicht in zusammengeballter Form erfolgt; der Gewinn ist insoweit laufender, kein Betriebsaufgabegewinn.
Der Gewinn aus der Verwertung der wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs unterliegt bei der allmählichen Abwicklung als laufender Gewinn, anders als bei der Betriebsaufgabe, der GewSt, solange der StPfl die werbende Tätigkeit noch nicht eingestellt hat. Gewinne aus Verwertungshandlungen nach Einstellung der gewerblichen Tätigkeit können somit auch bei einer nicht begünstigten Betriebsabwicklung nicht gewerbesteuerbar sein (BFH v 13.10.2016, IV R 21/13, BStBl II 2017, 475; BFH v 03.04.2014, IV R 12/10, BStBl II 2014, 1000).
Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von dem StPfl verfolgten Gegenstand seiner Tätigkeit. Bei Gesellschaften kann dazu auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gesellschaftszweck zurückgegriffen werden, wobei es sich hierbei nur um ein Indiz handelt, maßgeblich ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit (BFH v 20.11.2003, IV R 5/02, BStBl II 2004, 464). Allerdings ist in solchen Fällen zu prüfen, ob während der Abwicklung des Betriebs eine (neue) werbende Tätigkeit aufgenommen wird, die sachlich nicht zur Abwicklung zählt. Das kann zB der Fall sein, wenn ein StPfl lediglich die Rechte aus dem Bauvertrag überträgt, sich dem Erwerber gegenüber aber zur Übernahme der Bauaufsicht verpflichtet, ohne bereits aus dem Bauvertrag hierzu verpflichtet zu sein. In einem solchen Fall unterliegt allerdings nur der auf die Übernahme der Bauaufsicht entfallende Teil des Veräußerungserlöses der GewSt und nicht auch der auf die Veräußerung der Rechte aus dem Bauvertrag entfallende Teil, da Letzterer der Abwicklung der aufgegebenen Tätigkeit zuzurechnen ist (BFH v 13.10.2016, IV R 21/13, BStBl II 2017, 475; BFH v 03.04.2014, IV R 12/10, BStBl II 2014, 1000). Einkommensteuerlich ist der Betrieb bis zur Beendigung der Abwicklung als fortbestehender, laufender Betrieb zu behandeln (BFH v 29.11.1963, VI 170/62 U, BStBl III 1964, 45).
Rn. 1055
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Ein Wahlrecht ieS zwischen Betriebsaufgabe und allmählicher Abwicklung hat der StPfl nicht, das Vorliegen einer Betriebsaufgabe ergibt sich unmittelbar aus dem Vorliegen der oben genannten Merkmale (s Rn 951), jedoch kann der StPfl durch Gestaltung des Sachverhalts die steuerlichen Konsequenzen beeinflussen.
Hinweis:
Die Frage, ob eine Betriebsaufgabe oder eine allmähliche Abwicklung steuerlich vorteilhaft ist, ist unter Berücksichtigung aller steuerlichen Aspekte, auch der GewSt, zu ermitteln.
Die in einem einheitlichen Vorgang erfolgende Betriebsaufgabe mildert die Folgen der geballten Aufdeckung stiller Reserven durch die Gewährung eines (kleinen) Freibetrags nach § 16 Abs 4 EStG und die Fünftelregelung nach § 34 EStG ab. Der Freibetrag ist der Höhe nach allerdings begrenzt, die Steuerbelastung kann nicht weiter auf andere VZ verteilt werden. Vor allem wenn erhebliche stille Reserven ins PV übernommen werden, ist zu prüfen, ob die Steuerlast überhaupt sofort beglichen werden kann.
Die allmähliche Abwicklung vermeidet von vornherein die geballte Aufdeckung stiller Reserven und führt ggf zu einem niedrigeren Steuersatz als bei Anwendung des § 34 EStG im Rahmen der Betriebsaufgabe. Hier kann die Besteuerung uU zeitlich hinausgezögert werden (zur zwangsweisen Entnahme ins PV, wenn keine Veräußerung mehr möglich ist, s Rn 954). Allerdings kann hier die GewStPfl deutlich länger belastend wirken.