Rn. 59
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Die Veräußerung muss gegen Entgelt erfolgen. Dass nur die entgeltliche Veräußerung den Tatbestand des § 16 Abs 1 EStG erfüllt, ist aus § 16 Abs 2 EStG zu schließen (BFH v 23.04.1971, BStBl II 1971, 686). Eine entgeltliche Veräußerung liegt dann vor, wenn der Veräußernde eine Gegenleistung (= Entgelt) für die Übertragung der Sachgesamtheit o des WG erhält. Die Gegenleistung stellt den Veräußerungspreis iSd § 16 Abs 2 EStG dar. Wird (auch bei negativen BV: s BFH v 23.04.1971, BStBl II 1971, 686 u auch s Rn 100) keine Gegenleistung erbracht, mangelt es an einem Veräußerungspreis; ein Veräußerungsgewinn wäre in diesem Fall nicht zu ermitteln.
Eine Gegenleistung in vorgenanntem Sinne kann jede einmalige o wiederkehrende geldwerte Zuwendung sein, wie zB die Zahlung von Geld o die Übertragung von WG, die der Erwerber (o für ihn ein Dritter) dem Veräußerer (o für ihn einem Dritten) zuwendet. Typische Anwendungsfälle der entgeltlichen Veräußerung sind daher der Verkauf o der Tausch. Als Tausch gilt auch die Gewährung von Gesellschaftsrechten im Rahmen von Einbringungen. Zu den einzelnen Tatbeständen vgl die Darstellung in s Rn 68ff, zu Einzelheiten des Veräußerungspreises s Rn 451ff.
Rn. 60
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Unentgeltliche Vorgänge, dh Übertragungen ohne Gegenleistung, wie zB die reine Schenkung (ohne Aufl), der Betriebsübergang durch Erbfall u die vorweggenommene Erbfolge gegen Versorgungsleistungen, falls keine Abstandszahlungen an den Übertragenden bzw Gleichstellungsgelder an Geschwister zu leisten sind (s Rn 72), fallen folglich nicht unter § 16 Abs 1 EStG. Für sie gilt stattdessen grds § 6 Abs 3 EStG (vgl auch Ausführungen von Müller/Dorn/Hoffmann (s § 6 Rn 1381ff). Sie können allerdings einen Alternativtatbestand des § 16 EStG (Betriebsaufgabe, Entstrickung) erfüllen, so dass stets diese Tatbestände zusätzlich zu prüfen sind.
Eine unentgeltliche Veräußerung ist gegeben, wenn entweder gar keine Gegenleistung gewährt wird o zwar eine Gegenleistung gewährt wird, diese aber niedriger als der Buchwert der übertragenen Sachgesamtheit ist o dem Buchwert genau entspricht (FG Mchn v 28.10.2013, 7 K 2500/10, EFG 2013, 334). Dabei ist für den Buchwert auf das übertragene Nettovermögen, dh den Saldo aus Aktiva u Schulden (= EK) abzustellen. Insoweit liegt kein Veräußerungsverlust vor; vielmehr sind nach st Rspr des BFH die Buchwerte des übertragenen Vermögens gem § 6 Abs 3 EStG fortzuführen (s BMF v 13.01.1993, BStBl I 1993, 80 Tz 38; Geissler in H/H/R, § 16 EStG Rz 76 (November 2018); Gratz in H/H/R, § 6 EStG Rz 1382, Juni 2014; Schulze zur Wiesche, FR 2001, 1098; Förster/Brinkmann, BB 2003, 657, 659; vgl auch Ausführungen von Müller/Dorn/Hoffmann (s § 6 Rn 1381ff). Die Differenz zwischen Gegenleistung u höherem Buchwert ist bei privater Veranlassung eine Einlage, bei betrieblicher Veranlassung kommt es zu einer Buchwertabstockung oder Bildung eines besonderen Ausgleichspostens (BFH v 12.12.1996, BStBl II 1998, 180; s auch Rosenberg in H/H/R, § 5 EStG Rz 1500).
Rn. 61
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Eine unentgeltliche Übertragung liegt demnach vor, wenn nur WG des Aktivvermögens übertragen werden, ohne dass eine Gegenleistung (zB in Form eines Kaufpreises) gezahlt wird (rein unentgeltliche Übertragung). Werden – gleichfalls ohne Zahlung eines Kaufpreises – neben WG des Aktivvermögens auch WG des Passivvermögens (Verbindlichkeiten, vertragliche Vereinbarungen, für die zur Abdeckung von daraus resultierenden Risiken Rückstellungen gebildet wurden) übertragen, so könnte in der Übertragung des Passivvermögens grds eine Gegenleistung gesehen werden, nämlich die Befreiung von einer Verbindlichkeit. Nach dem Vorgesagten ist dies allerdings zu verneinen, da auf den Saldo abzustellen ist (Nettobetrachtung); die Übertragung der Sachgesamtheit mit Aktiva u Passiva – ohne Leistung einer sonstigen Gegenleistung (zB Kaufpreis) – bleibt damit insgesamt unentgeltlich (BFH v 05.07.1990, GrS 4–6/89, BStBl II 1990, 847, 854; ebenso BMF v 13.01.1993, BStBl I 1993, 80 Tz 9). Dies gilt auch bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, soweit das Passivum ein WG des Sonder-BV ist, dh einschließlich des Sonder-BV II (zB Darlehensverbindlichkeit zur Finanzierung der Kapitaleinlage o des Vorerwerbs des Mitunternehmeranteils).
Rn. 62
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Davon zu unterscheiden ist die Übertragung einer Sachgesamtheit zuzüglich einer nicht zu der Sachgesamtheit gehörenden Verbindlichkeit (zB eine (private) Darlehensverbindlichkeit des Übertragenden, die in keinem Zusammenhang mit dem übertragenen BV steht); insoweit liegt keine unentgeltliche Übertragung, sondern eine teilentgeltliche Übertragung vor. Zu den einzelnen Fallgruppen s Rn 68ff.
Vergleichbares gilt bei der Übertragung einer Sachgesamtheit, in deren Zusammenhang der Erwerber bestimmte Leistungspflichten zu erfüllen hat. Bestehen diese Leistungsverpflichtungen in sog Versorgungszusagen, so mindern diese Verpflichtungen lediglich den Wert des über...