Rn. 3109
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Ein Spitzenausgleich liegt nicht schon dann vor, wenn ein Erbe mehr Nachlassverbindlichkeiten übernimmt, als nach der Erbquote auf ihn entfallen (BMF vom 14.03.2006, IV B 2 – S 2242–7/06, BStBl I 2006, 253 Tz 18). Ein Spitzenausgleich ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn ein Erbe Mittel aus eigenem Vermögen aufwenden muss, um einen Anteil am Nachlass zu erwerben, der seine erbquotenmäßige Beteiligung am Nachlass übersteigt (Urbach, KÖSDI 2019, 21 190). Nicht allein der Umstand, dass ein Miterbe – objektiv betrachtet – mehr bekommt als ihm nach seiner Erbquote zusteht, begründet die Entgeltlichkeit, die Parteien müssen hierfür auch eine Gegenleistung vorsehen.
Kommt es bewusst und einvernehmlich zu einer (nicht unerheblichen) Verschiebung der Erbquoten, kann dies eine gesondert zu beurteilende Schenkung unter Lebenden nach § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG darstellen. Zur Berücksichtigung einer englischen deed of variation vgl FG Münster vom 12.04.2018, 3 K 2050/16 Erb, EFG 2018, 1571.
Rn. 3110
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Soweit ein Spitzenausgleich gezahlt wird, liegt auf Seiten des Erwerbenden ein Anschaffungsgeschäft, auf Seiten des Veräußerers ein steuerlich zu beachtendes Veräußerungsgeschäft vor.
Beispiel: Auseinandersetzung von Betriebsvermögen mit Spitzenausgleich
X und Y beerben je zur Hälfte ihre Mutter, die Ihnen zwei Einzelunternehmen hinterlässt. E1 hat einen Buchwert von EUR 500 000 (Verkehrswert: EUR 2 Mio), E2 einen Buchwert von EUR 1 Mio (Verkehrswert EUR 3 Mio). X übernimmt E1, Y E2 und zahlt X noch einen Ausgleich in Höhe von EUR 500 000 (= hälftige Differenz zwischen den Verkehrswerten). X führt den Betrieb nicht fort, sondern gibt ihn auf, er übernimmt insbesondere das wertvolle Betriebsgrundstück ins PV.
Für Y stellt die Erbauseinandersetzung teilweise ein Anschaffungsgeschäft dar. 2,5 Mio von 3 Mio erhält er unentgeltlich (= 5/6), 1/6 erwirbt er durch Zahlung von EUR 500 000. Die Buchwerte belaufen sich auf insgesamt EUR 1,5 Mio (unentgeltlich: EUR 1 Mio zzgl EUR 500 000 AK).
X erzielt ein Veräußerungsgeschäft, das im Aufgabegewinn aufgeht. Der Gewinn entspricht der Summe aus
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der Differenz zwischen Teilwert und Buchwert des entnommenen BV (EUR 1,5 Mio) und |
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dem anteiligen Veräußerungserlös, der sich aus der Differenz zwischen Abfindungszahlung (EUR 500 000) und dem anteiligen Buchwert des verkauften BV (1/6 von EUR 1 Mio = EUR 166 666) ergibt, |
insgesamt also EUR 1,83 Mio; der Gewinn ist nach §§ 16, 34 EStG begünstigt.