Rn. 2621
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Bei der Vermögensnachfolge und der Auseinandersetzung des Nachlasses können die steuerlichen Folgen erheblich sein. Schon die Frage, wer zum Kreis der Erben gehört, ist häufig strittig, insbesondere dann, wenn eine testamentarische Regelung unklar formuliert ist und Platz für Interpretationen lässt. Daher sind die steuerlichen Folgen des Erbfalls nicht nur im Hinblick auf den Erblasser und den/die tatsächlichen Erben von Bedeutung, sondern auch die Folgen für sog Scheinerben und Erbprätendenten zu betrachten.
ba) Erblasser
Rn. 2622
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Zu den steuerlichen Folgen in der Person des Erblassers s Rn 2851f.
bb) Erbe
Rn. 2623
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Zu den steuerlichen Folgen
- für den/die Erben aufgrund des Erbfalls s Rn 2859,
- aufgrund fortgesetzter Einkünfte s Rn 2931 f,
- im Rahmen der Erbauseinandersetzung s Rn 3101f.
bc) Scheinerbe
Rn. 2624
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Scheinerbe ist, wer aufgrund Auftretens nach Außen und/oder aufgrund Erbscheins als Erbe auftritt und – zumindest vorübergehend – als solcher auch behandelt wird, ohne materiellrechtlich aufgrund Gesetzes oder Verfügung von Todes wegen Erbe geworden zu sein.
Die zivilrechtliche Frage, ob jemand Erbe geworden ist, lässt sich zT erst nach langem Rechtstreit verbindlich klären. In solchen Fällen bietet es sich von vornherein an, wenn die FinVerw nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt (Groh, DB 1992, 1312). Verfügt der Scheinerbe, sind diese Verfügungen jedenfalls dann wirksam, wenn sie auf den öffentlichen Glauben des Erbscheins zurückzuführen sind, § 2366 BGB.
Rn. 2625
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Kommt es nicht bereits ausnahmsweise innerhalb der Sechsmonatsfrist (s Rn 3011ff) zu einer Korrektur, ist der Scheinerbe einkommensteuerrechtlich jedenfalls insoweit wie ein echter Erbe zu behandeln, wie die Beteiligten die vermeintlichen Erbfolgen anteilig bestehen lassen, zB weil der Scheinerbe entreichert ist. Wer behauptet, Erbe zu sein, muss sich bis auf Weiteres wie ein Erbe behandeln lassen und die Einkünfte aus dem vermeintlich geerbten Vermögen versteuern. Soweit es dabei bleibt, ist diese Besteuerung mE nicht rückgängig zu machen.
Rn. 2626
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Werden die Folgen des Erbfalls vollumfänglich in der Weise korrigiert, dass der tatsächliche Erbe in die ihm von Anfang an zustehenden Rechtspositionen eintritt, sind die gegen den Scheinerben ergangenen Steuerbescheide nach § 173 Abs 1 Nr 2 AO aufzuheben (zur ErbSt: OFD Hannover vom 31.01.2001, S 3802–25 – StO 243, DStR 2001, 399). Der tatsächliche Erbe ist, wenn das Unternehmen an ihn herausgegeben wird, von Anfang an, ex tunc, als Unternehmer zu behandeln (vgl Wacker in Schmidt § 16 EStG Rz 591 (41. Aufl)).
Rn. 2627
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Prozesskosten, die einem Erben im Zusammenhang mit der Anfechtung des – andere Personen als Erben bestimmenden – Testaments wegen Testierunfähigkeit des Erblassers entstehen, stellen auch dann keine BA dar, wenn zum Nachlass ein Gewerbebetrieb gehört (BFH vom 17.06.1999, III R 37/98, BStBl II 1999, 600).
bd) Erbe nach Ausschlagung
Rn. 2628
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Mit der Ausschlagung erklärt der Erbe gegenüber dem Nachlassgericht (Form: § 1945 Abs 1 BGB), dass er das Erbe nicht annimmt. Als Folge der Ausschlagung gilt der Erbanfall an den Ausschlagenden von Anfang an (ex tunc) als nicht erfolgt, § 1953 Abs 1 BGB, die Ausschlagung hat also rückwirkende Wirkung.
Anstelle des Ausschlagenden werden die Personen Erben, die aufgrund Testament, Erbvertrag oder Gesetz Erben geworden wären, hätte der ursprünglich berufene Erbe im Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt (Fiktion, § 1953 Abs 2 BGB). Der Ausschlagende hat bis zur Ausschlagung zivilrechtlich die Stellung eines Geschäftsführers ohne Auftrag (§ 1959 BGB iVm § 677 BGB).
Rn. 2629
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Der Ausschlagende begibt sich mit der Ausschlagung jedoch nicht aller Vermögensansprüche. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen bestehen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche oder güterrechtliche Ansprüche gegen den Nachlass fort.
Rn. 2630
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Mit der Ausschlagung kann vor allem ein Erbschaftserwerb vermieden werden, der sich zB aufgrund der Überschuldung des Nachlasses als nachteilig darstellt (Schutzwirkung der Ausschlagung). Außerdem kann bei entsprechender Erbfolge gezielt ein unmittelbarer Vermögensübergang auf die dann berufenen Erben herbeigeführt werden, zB, wenn anstelle des ursprünglichen Erben dessen Abkömmlinge berufen sind (Lenkungswirkung der Ausschlagung). Allerdings hat der Ausschlagende selbst keine weitergehenden Einflussmöglichkeiten auf die sich aufgrund der Ausschlagung ergebende Erbfolge.
Rn. 2631
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Ausschlagung ist fristgebunden, sie kann nur binnen 6 Wochen nach Erlangung der Kenntnis vom Anfall des Erbes und des Berufungsgrunds (Testament, Erbvertrag, gesetzliche Erbfolge) erklärt werden, wobei bei testamentarischer Erbfolge erst die Bekanntgabe des Testaments durch das Nachlassgericht die Frist in Gang setzt, § 1944 A...