Rn. 982
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Nach der gängigen Definition der Betriebsaufgabe müssen die Aufgabe- bzw Verwertungshandlungen von einem Aufgabeentschluss getragen werden, dessen Ziel die Beendigung des bisherigen Betriebs ist (s Rn 980; BFH v 07.10.1974, GrS 1/73, BStBl II 1975, 168; BFH v 09.02.1972, I R 205/66, BStBl II 1972, 455). Diesem Aufgabeentschluss kommt allerdings im Regelfall kaum eine eigenständige Bedeutung zu. Der Aufgabebegriff wird im Wesentlichen als Beschreibung eines objektiv zu verwirklichenden Sachverhalts gesehen. Liegen die unter s Rn 951 f näher beschriebenen Merkmale vor, so ist ohne Weiteres von einer Betriebsaufgabe auszugehen, ohne dass auf die subjektive Seite beim StPfl noch näher abgestellt wird. Dennoch hält die Rspr daran fest, einen nicht näher umschriebenen Entschluss als Voraussetzung der Betriebsaufgabe zu stipulieren (zuletzt BFH v 17.01.2019, III R 49/17, BStBl II 2019, 655). Im Regelfall der Betriebsaufgabe, in dem die einzelnen Verwertungsschritte tatsächliche zur Gesamtverwertung des BV führen, ist dieses Merkmal jedoch mE entbehrlich.
Bedeutung hat die subjektive Seite jedoch dort, wo zu entscheiden ist, ob einzelne Verwertungshandlungen in wirtschaftlichem Zusammenhang – im Sinne eines einheitlichen Vorgangs (s Rn 963) – schon/noch zur Betriebsaufgabe zählen, oder nur in einem zeitlichen Zusammenhang zu dieser stehen. Hier ist in Zweifelsfällen auf die subjektive Vorstellung des StPfl abzustellen, die sich jedoch in gewisser Weise objektiv manifestiert haben muss. Dabei ist dieses Merkmal eher im Bereich der Abgrenzung des laufenden Gewinns vom begünstigten Aufgabegewinn angesiedelt.
Rn. 983
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
In BFH v 21.05.1992, X R 77–78/90, BFH/NV 1992, 659 hat das Gericht akzeptiert, den Aufgabeentschluss aus einer Mehrzahl objektiver Handlungen herzuleiten (Veräußerung des beweglichen AV; Aufnahme einer Angestelltentätigkeit durch den StPfl und Bemühung, das Betriebsgrundstück zu veräußern). Im Ergebnis ist diese Hilfskonstruktion mE überflüssig, da jedenfalls die üblichen Verwertungshandlungen (Veräußerung bzw Entnahme ins PV) einen entsprechenden Willen voraussetzen, der ohne Weiteres als Umsetzung eines Aufgabeentschlusses angesehen werden kann, wobei dies aber auch entbehrlich ist.
Rn. 984
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
In BFH v 25.05.1977, I R 93/75, BStBl II 1977, 660 verneinte das Gericht die Betriebsaufgabe einer OHG, da diese nach Einstellung einer gewerblichen Tätigkeit betont hatte, bei nächster Gelegenheit die gewerbliche Tätigkeit wieder aufnehmen zu wollen. Eines Rückgriffs auf den fehlenden Aufgabebeschluss hätte es hier jedoch nicht bedurft. Eine PersGes, die beabsichtigt, eine gewerbliche Tätigkeit (wieder) aufzunehmen, ist bereits zu diesem Zeitpunkt (noch) gewerblich tätig, so dass es insoweit an der endgültigen Beendigung des wirtschaftlichen Organismus objektiv fehlt.
Nach BFH v 13.12.1983, VIII R 90/81, BStBl II 1984, 474 verlangt die Betriebsaufgabe bei einer Totalentnahme entweder eine Entnahmehandlung oder einen nach außen in Erscheinung tretenden Entschluss. In beiden Fällen kommt es letztlich also darauf an, dass der Wille, den betrieblichen Organismus aufzulösen, sich objektiv, also für Dritte erkennbar, manifestiert. Eine spätere Änderung des Aufgabeentschlusses verhindert die Betriebsaufgabe, solange noch nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen realisiert worden sind.
Rn. 985
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Gänzlich entbehrlich ist der Aufgabeentschluss dort, wo die Betriebsaufgabe nicht auf den gesetzlich vorgesehenen Verwertungshandlungen beruht, sondern sich diese als Ergebnis sog substituierender Rechtsakte einstellt (s Rn 991; Kulosa in H/H/R, § 16 EStG (November 2018)). Hier kann eine Betriebsaufgabe gänzlich ohne Willen, ggf sogar ohne Kenntnis des StPfl vorliegen (s Rn 995f).