1. Ansatz des gemeinen Wertes
Rn. 2122
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Als Rechtsfolge sieht die Regelung (ähnlich der in § 22 Abs 2 UmwStG (Einbringungsgewinn II)) vor, dass anstelle des Buchwertes bei der Übertragung der Anteile rückwirkend deren gemeiner Wert anzusetzen ist, der nach § 9 Abs 2 BewG zu ermitteln ist (BFH v 15.02.2001, III R 20/99, BStBl II 2003, 635). Der Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der gemeine Wert der eingebrachten Anteile im Realteilungszeitpunkt nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang den Wert, mit dem die Realteilungsmitunternehmerschaft die erhaltenen Anteile angesetzt hat, übersteigt, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr, vgl § 16 Abs 5 Hs 2 EStG iVm § 22 Abs 2 S 3 UmwStG. Soweit der Gewinn auf eine nicht nach § 8b Abs 2 KStG begünstigte Person entfällt, unterliegt der Gewinn dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr 40 S 1 Buchst b EStG (Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 717 (Juli 2019); Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 222 (19. Aufl)). Eine Anteilsveräußerung oder ein gleichgestellter Vorgang nach dem UmwStG stellt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 175 Abs 1 Nr 2 AO dar (Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 715 (Juli 2019); Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 558 (39. Aufl); BT-Drucks 16/3369, 6; Förster, DB 2007, 72; Graw in K/S/M, § 16 EStG Rz J22 (Dezember 2017)).
Rn. 2123
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Zweifelhaft ist, mit welchen AK die übernehmende KapGes die erhaltenen Anteile nach dem rückwirkenden Ansatz des gemeinen Wertes anzusetzen hat. Wenn nach dem Gesetz der gemeine Wert anzusetzen ist, versteuert die KapGes bei der Veräußerung hiervon 5 % mit dem anwendbaren Körperschaftsteuersatz (vgl Förster, DB 2007, 72). Der Wertansatz ist von der Reduktion des Veräußerungsgewinns im Rahmen der Siebtelregelung grundsätzlich unabhängig. Die umwandlungssteuerlichen Einbringungsvorschriften gehen jedoch davon, dass (nur) der nach Anwendung der Siebtel-Regelung angesetzte Realteilungsgewinn als nachträgliche AK zu berücksichtigen ist (§ 23 Abs 2 S 3 UmwStG). Zudem wäre fraglich, ob dieser verringerte Ansatz von der tatsächlichen Steuerzahlung abhängig zu machen wäre (zweifelnd Wacker in Schmidt, § 16 EStG (39. Aufl)). ME wäre es systemkonform, die umwandlungssteuerrechtlichen Maßstäbe und somit den Betrag der AK, der unter Berücksichtigung der Siebtel-Regelung der (bei der übernehmenden KapGes insoweit fiktiven) Besteuerung unterlegen hat, anzusetzen (ebenso Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 755 (November 2018)).
2. Siebtel-Regelung
Rn. 2124
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Aus dem Verweis auf § 22 Abs 2 S 3 UmwStG ergibt sich, dass der Veräußerungsgewinn um jeweils ein Siebtel (1/7) für jedes seit dem Zeitpunkt der Anteilsübertragung (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) iRd Realteilung abgelaufene Zeitjahr vermindert wird. Kalenderjahre sind nicht maßgeblich (Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 720 (Juli 2019)), die Frist ist über § 108 Abs 1 AO nach den §§ 187–193 BGB zu berechnen. Mit der Frist möchte der Gesetzgeber missbräuchlichen Gestaltungen begegnen; je länger die Sperrfrist läuft, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der ursprüngliche Einbringungsvorgang nur dazu dienen sollte, eine nachfolgende Veräußerung vorzubereiten (BT-Drucks 16/2710, 46).
3. Umfang der Aufdeckung
Rn. 2125
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
§ 16 Abs 5 EStG verlangt dem Wortlaut nach, rückwirkend den gemeinen Wert anzusetzen. Die ua von Wacker und Graw (Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 558 (39. Aufl); Graw in K/S/M, § 16 EStG Rz J21 (Dezember 2017)) vertretene Auffassung, die in den übertragenen Anteilen stillen Reserven seien nicht vollumfänglich aufzudecken, sondern nur in Höhe der Quote, in der vor der Übertragung nicht nach § 8b Abs 2 KStG geistige begünstigte Personen an den Anteilen mittelbar oder unmittelbar beteiligt waren, findet insoweit im Gesetzestext keine Stütze. Das BMF hat sich hierzu in dem Schreiben vom 19.12.2018 nicht geäußert. Auch wenn sich uU aus der Verweisung in § 16 Abs 5 EStG auf § 24 Abs 2 S 3 EStG auch die Anwendung der Tz 24 und 28 des BMF des UmwStG, die eine nur teilweise Aufdeckung der stillen Reserven vorsehen, herleiten lässt, ist hier in Anlehnung an den Wortlaut eine volle Aufdeckung der stillen Reserven vorzunehmen (ebenso Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 222 (19. Aufl)). Der dabei entstehende Gewinn ist jedoch nur unter Beachtung der Siebtel-Regelung (s Rn 2124) zu versteuern. Soweit der Gewinn auf eine nach § 8b Abs 2 KStG begünstigte Person entfällt, ist der Gewinn steuerfrei, lediglich 5 % des (im Rahmen der Siebtel-Regelung gekürzten) Gewinns gelten als nicht abziehbare BA (§ 8 Abs 3 KStG). In der Bilanz der übernehmenden KapGes sind bei rückwirkendem Ansatz des gemeinen Wertes die Bilanzansätze ergebnisneutral aufzustocken.
Rn. 2126
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Beispiel: Körperschaftsklausel II und Siebtel-Regelung
Die Schlussbilanz der OHG sieht wie folgt aus (Teilwerte = gemeiner Wert in Klammern):
Aktiva |
Schlussbilanz |
Passiva |
Teilbetrieb 1 |
150 |
100 |
Kapitalkonto X |
|
100 |
Teilbe... |