Dr. jur. Lukas Karrenbrock
a) Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (offene Einlage)
Rn. 124
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Einlage einer maßgeblichen Kapitalbeteiligung in eine KapGes gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (sog offene Einlage) stellt einen Tauschvorgang dar. Einlagen des Gesellschafters einer KapGes sind die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft.
Als Veräußerungspreis ist der gemeine Wert der erhaltenen Gesellschaftsrechte anzusetzen (BFH vom 07.07.1992, VIII R 54/88, BStBl II 1993, 331; BFH vom 16.02.1996, I R 183/94, BStBl II 1996, 342). Die Vorschriften des UmwStG gehen dem § 17 EStG vor, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs 1 S 2 UmwStG bzw des § 23 Abs 4 UmwStG erfüllt sind (vgl BMF vom 15.02.1995, BStBl I 1995, 149, wonach in diesem Fall die Grundsätze des "Tauschgutachtens" nicht anwendbar sein sollen).
Sofern der Gesellschafter Kapitalanteile an einer KapGes an eine Gesellschaft in Anrechnung auf eine Barzahlungsverpflichtung übereignet (sog Sachübernahme), liegt keine Einlage, sondern eine Veräußerung vor.
b) Einbringung ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten (verdeckte Einlage)
Rn. 125
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Durch das StÄndG 1992 wurde die Besteuerung der verdeckten Einlage mit Wirkung ab VZ 1992 eingeführt. Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person der KapGes einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 97).
Eine Einlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist demzufolge keine verdeckte Einlage, da der Gesellschafter als Gegenleistung Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft erhält.
ba) Ebene des Gesellschafters
Rn. 126
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Einbringung einer maßgeblichen Beteiligung in eine KapGes ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten (sog verdeckte Einlage) wird gemäß § 17 Abs 1 S 2 EStG einer entgeltlichen Veräußerung gleichgestellt. Der Veräußerungspreis ist der gemeine Wert (§ 17 Abs 2 S 2 EStG), der nach § 11 Abs 2 BewG zu bestimmen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist der Abschluss des Vertrages, also das Verpflichtungsgeschäft (BFH vom 13.12.2022, IX R 5/22, DStR 2023, 507).
Erfolgt eine Veräußerung von Anteilen an einer KapGes an eine andere KapGes unter dem Verkehrswert und der Veräußerer ist an der Erwerbsgesellschaft beteiligt, so ist die Anteilsveräußerung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen (sog gemischte verdeckte Einlage). Der unentgeltliche Teil (Differenz zwischen Verkehrswert und dem niedrigeren Kaufpreis) ist als verdeckte Einlage iSd § 17 Abs 1 S 2 EStG zu behandeln (BFH vom 06.12.2016, IX R 7/16, BFH/NV 2017, 724 mwN; BFH vom 13.12.2022, IX R 5/22, DStR 2023, 507).
Die verdeckte Einlage einer im PV gehaltenen maßgeblichen Beteiligung an einer KapGes in eine andere KapGes führt für den Gesellschafter zu nachträglichen AK seiner bestehenden Beteiligung an der anderen, aufnehmenden KapGes. Der Wert der Beteiligung an der aufnehmenden KapGes ist um den gemeinen Wert der eingelegten Beteiligung zu erhöhen (BMF vom 12.10.1998, IV C 2 – S 2244–2-98, DStR 1998, 1754).
bb) Ebene der Gesellschaft
Rn. 127
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Auf Seiten der aufnehmenden KapGes ist die verdeckte Einlage einer maßgeblichen Beteiligung ihres Gesellschafters unverändert als Einlage zu behandeln. Die Fiktion der Veräußerung beim Gesellschafter hat bei der aufnehmenden KapGes nicht die Fiktion eines Erwerbs vom Gesellschafter zur Folge (BMF vom 12.10.1998, IV C 2 – S 2244–2-98, DStR 1998, 1754). Auf Ebene der Gesellschaft ist die Einlage nach § 6 Abs 1 Nr 5 Buchst b EStG im Zeitpunkt der Zuführung mit dem Teilwert, höchstens jedoch mit den AK anzusetzen.
Nach Ansicht des BFH ist § 6 Abs 1 Nr 5 Buchst b EStG ab VZ 1992 im Wege der teleologischen Reduktion einschränkend zu verstehen, wonach die verdeckt eingelegten Anteile mit ihrem Teilwert anzusetzen sind (BFH vom 11.02.1998, I R 89/97, BStBl II 1998, 691; BMF vom 02.11.1998, BStBl I 1998, 1227). Der Ansatz mit dem höheren Teilwert ist sachgerecht, weil andernfalls die Gefahr einer doppelten Besteuerung droht: Die in den eingelegten Anteilen ruhenden stillen Reserven sind gemäß § 17 Abs 1 S 2 EStG beim einlegenden Gesellschafter zu erfassen. Müsste die aufnehmende Gesellschaft die Anteile dennoch mit den AK ansetzen, käme es im Veräußerungsfall zu einer erneuten Besteuerung der stillen Reserven.