Dr. jur. Lukas Karrenbrock
Rn. 63
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Nach dem Wortlaut des § 17 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer KapGes im PV ≥ 1 %. Nach der Legaldefinition des § 17 Abs 1 S 3 EStG liegen Anteile an einer KapGes vor bei Aktien (sowie bei der KGaA), Anteilen an einer GmbH, Genussscheinen oä Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen.
Als Anteile iSd § 17 EStG gelten nicht Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften gemäß § 1 GenG, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gemäß §§ 15ff VAG und wirtschaftliche Vereine. Maßgeblich ist nur die Kapitalbeteiligung; auf die Stimmrechte kommt es nicht an, so dass auch Anteile mit mehrfachem oder ohne Stimmrecht erfasst werden (Gosch in Kirchhof/Seer, § 17 EStG Rz 14 (22. Aufl); BFH vom 10.12.1969, I R 43/67, BStBl II 1970, 310). Der "Anteil an einer KapGes" iSd § 17 EStG ist steuerrechtlich und unabhängig vom Zivilrecht auszulegen. Letztlich kann auch derjenige einen § 17 EStG Veräußerungsgewinn erzielen, der nie Gesellschafter war (Jäschke in Lademann, § 17 EStG Rz 55 (231. EL)).
Anteile an einer PersGes im PV, für die gemäß § 1a KStG zur KSt optiert wurde, gehören gemäß § 17 Abs 1 S 3 EStG unter § 17 EStG, wenn die entsprechende Beteiligungshöhe vorliegt (BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 Rz 62; Levedag in Schmidt, § 17 EStG Rz 45 (42. Aufl)).
Rn. 64
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Bei ertraglosen oder steuerbefreiten KapGes ist nach dem Wortlaut des § 17 EStG die Veräußerung von Anteilen auch dann stpfl, wenn die Gesellschaft nicht den Zweck der Einkünfteerzielung verfolgt bzw keine Einkünfte iSd § 2 Abs 1 EStG erzielt, zB bei Liebhaberei oder Gemeinnützigkeit (Schmidt in H/H/R, § 17 EStG Rz 145 (August 2018)). Dies ist jedoch einschränkend auszulegen, da für die bei § 17 EStG entscheidende Ebene des Anteilseigners der allgemeine Grundsatz gilt, dass das Streben nach einem Totalgewinn Voraussetzung für die notwendige Einkünfteerzielungsabsicht ist. Hierbei sind nicht nur Wertsteigerungen in den Anteilen, sondern auch laufende Ausschüttungserträge einzubeziehen (BFH vom 29.06.1995, VIII R 68/93, BStBl II 1995, 722).
Grundsätzlich wird beim Anteilseigner eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegen, Fehleinschätzungen der Marktentwicklung sind unerheblich (FG D'dorf vom 20.10.2005, 15 K 5087/03 E, EFG 2006, 92 rkr). Für eine Verneinung der Einkünfteerzielungsabsicht bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass auf Grund individueller Verhältnisse der KapGes und/oder des Gesellschafters mit keinen positiven Einkünften auf Gesellschafterebene zu rechnen ist. Dies dürfte nur dann vorliegen, wenn eine "Liebhaberei-Gesellschaft" vorliegt und beispielsweise eine GmbH im Interesse ihres Gesellschafters ein Segelflugzeug oder eine Yacht unterhält (Pung in D/P/M, 17 EStG Rz 51). Nur in diesen Fällen ist die Anerkennung eines § 17 EStG-Verlustes zu verneinen.
Rn. 65
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
vorläufig frei
1. Aktien
Rn. 66
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Aktien sind Anteile am Grundkapital einer AG nach §§ 1 Abs 2, 6 und 8 AktG, die als Wertpapiere verbrieft sind. Die Aktie verbrieft die Rechte auf Beteiligung am Gewinn, den Bezug neuer Aktien und die Mitbestimmung bei Beschlüssen der Hauptversammlung. Aktien können als Nennbetragsaktien (Nennwert mindestens EUR 1) oder als Stückaktien begründet werden (§ 8 Abs 1 AktG).
Eine formale Unrichtigkeit zB durch eine unzutreffende Kennzeichnung als Nennbetragsaktien anstatt als Stückaktien ist unbeachtlich (BFH vom 07.07.2011, IX R 2/10, BStBl II 2012, 20; H 17 Abs 2 EStH 2021 "Mitgliedschaftsrechte an einer AG"). Denn die Verbriefung des Mitgliedschaftsrechts in Gestalt von Aktien hat lediglich deklaratorische Bedeutung; eine mögliche Unrichtigkeit der Aktie hindert den Erwerb des Mitgliedschaftsrechts nicht.
a) Aktiengesellschaft
Rn. 66a
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Aktien sind grds Anteile am Grundkapital einer dem deutschen AktG unterliegenden AG. Nach dem deutschen AktG gibt es
- Inhaberaktien (§ 23 Abs 3 Nr 5 AktG),
- Namensaktien (§ 67 AktG) und
- vinkulierte Namensaktien (Übertragung nur mit Zustimmung der AG gemäß § 68 Abs 2 AktG).
- Zu den Aktien zählen auch Vorzugsaktien ohne Stimmrechte (§§ 11, 12 Abs 1 AktG) sowie
- Zwischenscheine (§ 10 AktG), die eine vorläufige Verbriefung der Mitgliedschaftsrechte bis zur endgültigen Ausgabe der Aktien darstellen (FG Mchn vom 18.06.2015, 13 K 1276/13, EFG 2015, 1891, Urteil aufgehoben und an das FG Mchn zurückverwiesen durch BFH vom 08.11.2017, IX R 35/15, BFH/NV 2018, 347).
Aktien mit Mehrstimmrechten sind nicht zulässig (§ 12 Abs 2 AktG).
Nach § 5 AktG idF MoMiG muss sich zwar der satzungsmäßig bestimmte Sitz einer AG im Inland befinden, allerdings kann sich zukünftig der Sitz der Geschäftsleitung (Verwaltungssitz) auch im Ausland befinden (zur Entkoppelung von Satzungs- und Verwaltungssitz und den steuerrechtlichen Folgen s Hein/Suchan/Geeb, DStR 2008, 2289, 2293).
b) Kommanditgesellschaft auf Aktien
Rn. 67
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Bei der KGaA gemäß § 278 Abs 1 AktG ist zwischen dem unbeschränkt haftenden...