Rn. 269
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Die Kriterien für die Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft (BFH BStBl II 2008, 681; 2016, 383; Mertzbach Stbg 2019,295). Allg zu den Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft, insb Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko, s § 15 Rn 25ff (Bitz).
Der GrS des BFH BStBl II 1984, 751 hat für den Bereich der ESt entschieden, die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer PersGes werde in erster Linie durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und damit durch die Tätigkeit der Gesellschaft selbst bestimmt. Die Vielheit der Gesellschafter bleibe regelmäßig ohne Einwirkung auf die Qualifikation der Einkünfte der Gesellschaft. Die Mitunternehmerschaft (PersGes) ist für die ESt, obwohl sie als solche nicht der ESt unterliegt und auch nicht ESt-Subjekt ist, insoweit partielles Steuerrechtssubjekt, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestandes verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind. Sie ist idS Subjekt der Einkünftequalifikation, der Gewinnerzielung und der Gewinnermittlung (BFH BStBl II 1984, 751; 1991, 691; 1994, 891; 1995, 617; BFHE 182, 101, st Rspr; Gschwendtner in FS für F. Klein, 1994, 751; Gschwendtner, DStZ 1998, 335; kritisch Reiss in K/S/M, § 15 EStG Rz E 38f mwN).
Danach ist an sich die Frage zu stellen, ob die PersGes selbst überhaupt Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielen kann. Die Rspr bejaht dies nur, wenn sämtliche Gesellschafter der PersGes die Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit nach § 18 Abs 1 Nr 1 EStG erfüllen (so schon BFH BStBl III 1956, 103; BStBl II 1971, 249). Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nur von natürlichen Personen erfüllt werden (BFH BStBl II 2019, 580; 2021, 81). Eine Mitunternehmerschaft ist daher gewstpfl, wenn nicht alle Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. In diesen Fällen tritt die Qualifizierung als Gewerbebetrieb idR ohne Anwendung der Rechtsfigur der Abfärbung nach § 15 Abs 3 Nr 1 EStG ein (BFH BStBl II 2018, 4; 2021, 81; anders BFH BStBl II 2009, 642).
Rn. 269a
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Jeder Gesellschafter muss also die qualifizierenden Merkmale für einen Freiberuf in seiner Person aufweisen und auch eine freiberufliche Tätigkeit ausüben (BFH BStBl II 1980, 336; 1985, 584; 1987, 124; 1989, 198; 2001, 241; 2009, 642; 2013, 79; 2015, 1002; 2016, 381; 2018, 4; 2019, 580; 2021, 81; BFH/NV 1987, 508; 1991, 319; im Einzelnen s Rn 269b). Die bloße Zugehörigkeit des Mitunternehmers zu einer der Berufsgruppen des § 18 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG genügt nicht; die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit muss für den Katalogberuf berufstypisch, nicht nur mit seinem Berufsbild vereinbar sein (BFH BStBl II 2007, 266).
Zu den qualifizierenden Merkmalen in vorstehendem Sinn gehören auch die für den jeweiligen Beruf erforderlichen berufsrechtlichen Erlaubnisse, Zulassungen und Bestallungen (s Rn 135ff). Sie müssen bei sämtlichen Gesellschaftern (noch) vorhanden sein. Daran fehlt es bei einem StB, der auf seine Bestellung verzichtet hat (BFH BFH/NV 1990, 438).
Erforderlich ist zudem, dass der jeweilige Mitunternehmer zumindest in seinem Tätigkeitsbereich leitend und eigenverantwortlich tätig ist (vgl BFH BStBl II 1989, 727; 1993, 324; 2001, 241; BFH/NV 2008, 53; hierzu Schulze zur Wiesche, StBp 2017, 48).
Das Handeln der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und damit das Handeln der Gesellschaft darf kein Element einer nichtfreiberuflichen Tätigkeit enthalten (vgl BFH BStBl II 2008, 681, Beteiligung einer KapGes; BFH BStBl II 2009, 642, doppelstöckige PersGes; BFH BFH/NV 1987, 156, Probenahme durch Handelschemiker; BFH BFH/NV 1990, 99, Erfinder-GbR und mögliche Betriebsaufspaltung). Der Geprägebeschluss des GrS des BFH BStBl II 1984, 751 hat daran nichts geändert (vgl BFH BFH/NV 1987, 508).
Das Erfordernis einer qualifizierten Tätigkeit durch jeden Gesellschafter wird durch eine rein kapitalmäßige Beteiligung oder die Beschränkung auf Managementaufgaben bzw auf die Beschaffung von Aufträgen nicht erfüllt (BFH BStBl II 2008, 681; 2009, 642; s Rn 269d).
Zur Vermeidung der Gewerblichkeit bei Fehlen von Qualifikationsmerkmalen s Rn 269e.
Rn. 269b
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Es fehlt an der Qualifikation als freiberuflich bei Beteiligung einer berufsfremden Person als Mitunternehmer, der also über die erforderliche Berufsqualifikation nicht verfügt oder trotz einer solchen den freien Beruf tatsächlich nicht ausübt (BFH BStBl II 2021, 81). Sie führt zur Beurteilung der Gesamttätigkeit der PersGes als Gewerbebetrieb.
Berufsfremd ist insb ein Gesellschafter, der den Anforderungen eines Katalogberufes nach § 18 Abs 1 Nr 1 EStG oder denen eines ähnlichen Berufes nicht genügt (hierzu die nachfolgend dargestellte Rspr). Die Frage ist jeweils wie beim einzelnen Katalogberuf bzw dem ähnlic...