ca) Allgemeine Grundsätze

 

Rn. 44

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die Qualifizierung der Nebentätigkeit eines ArbN erfolgt nach oben angegebenen Grundsätzen (s Rn 33) grundsätzlich unabhängig von der Art der Haupttätigkeit. Die Art der Haupttätigkeit beeinflusst die Qualifizierung der Nebentätigkeit nur dann, wenn sich diese als Nebenpflicht der Haupttätigkeit darstellt. Das muss nicht ausdrücklich vorgesehen sein; jedoch muss die Ausübung der Nebenpflichten der Weisung und Kontrolle des Dienstherrn unterliegen (s Rn 33 und die dort angegebene Rspr).

cb) Einzelfälle

 

Rn. 45

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Als selbstständige Tätigkeit behandelt wurde zB

  • die freiwillige schriftstellerische Nebentätigkeit eines angestellten Schriftleiters für seinen ArbG (BFH BStBl III 1955, 153);
  • ebenso für einen WP, der neben seiner unselbstständigen Tätigkeit im Rahmen einer WP-GmbH gelegentlich auch selbstständige Arbeit als WP leistete (BFH BStBl III 1957, 129);
  • die Erfindertätigkeit eines Hochschullehrers (BFH BStBl II 2001, 798);
  • die Gutachtertätigkeit von Ärzten neben nichtselbstständiger Tätigkeit (BFH BStBl II 1985, 293).

Allg kann eine Tätigkeit, die Raum für Initiative und eigene Gestaltung lässt, selbstständig ausgeübt werden (zB Werbedame, BFH BStBl II 1985, 661).

Nichtselbstständigkeit wird angenommen für die Vertretung oder Mitarbeit des Klinikdirektors durch einen nichtselbstständiger Ober-/Chefarzt in einer Klinik bei der Behandlung der Privatpatienten des Klinikdirektors (BFH BStBl III 1953, 142; BStBl II 1980, 321). Entsprechendes kann – muss aber nicht – gelten für gesondert berechnete wahlärztliche Leistungen durch einen Chefarzt; maßgebend ist, ob diese Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden. Maßgebend ist, ob der Patient den Behandlungsvertrag mit dem Krankenhaus oder dem Arzt abschließt, ggf auch durch wen die Liquidation erfolgt (BFH BStBl II 2006, 94; FG Mchn v 25.06.2015, 15 K 3749/13: nichtselbstständig; hierzu OFD Ffm v 02.05.2013, S 2332 A-98-St 211; ua Schade/Bechtel, DB 2006, 358: Seibert, GStB 2006, 361; s aber FG RP DStRE 2009, 585, selbstständig; hierzu Vollmer, DStRE 2009, 588).

Auch bei Aushilfskräften, die einfache Arbeiten verrichten (BFH BStBl III 1966, 57) wird idR Nichtselbstständigkeit angenommen; ebenso bei unklarer Trennung der Tätigkeiten (BFH BStBl II 1981, 448). S im Übrigen die folgenden Fallgruppen.

cc) Insbesondere Prüfungstätigkeit

 

Rn. 46

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Nichtselbstständigkeit wurde angenommen bei einem Gemeindedirektor als Mitglied der Schätzungskommission der Oldenburgischen Landesbrandkasse (BFH BStBl II 1972, 460). Bei Prüfungstätigkeiten eines Hochschullehrers ist danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Dienstpflicht handelt und der Prüfer der Weisung und Kontrolle des Dienstherrn unterliegt (nichtselbstständig) oder nicht (selbstständig, vgl BFH BStBl II 1987, 783).

Die Aufsichtsführung bei schriftlichen Prüfungsarbeiten ist nichtselbstständig (vgl Erlass Brandenburg v 09.02.1993, StEK EStG § 18 Nr 177).

Selbstständigkeit wurde angenommen für die nebenamtliche Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers bei der ersten und bei der zweiten juristischen Staatsprüfung (BFH BStBl III 1958, 293; BStBl II 1980, 321; 1987, 783); ebenso für sonstige Beamte und Richter (vgl BFH BStBl III 1958, 255): in allen Fällen fehlt es an der Eingliederung der Mitglieder der Prüfungskommission in den Organismus des Auftraggebers (Prüfungsamt). Die Verwaltung überträgt das auf gleich gelagerte Fälle, zB auf die Abnahme der ersten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen (FM NW DB 1988, 153). Ebenso für einen Hochschullehrer in Bayern als Mitglied eines Ausschusses für ärztliche (auch zahnärztliche) Prüfungen (BFH BStBl II 1968, 309) und für die Mitglieder der Zulassungsausschüsse, die im Hauptberuf im Dienst der FinVerw stehen (ESt-Kartei OFD Freiburg-Karlsruhe-Stuttgart § 18 Nr 17).

cd) Insbesondere Musiker

 

Rn. 47

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Musiker sind nichtselbstständig tätig, wenn sie in einem anderen Betrieb, zB einem Orchester, eingegliedert sind und von diesem bezahlt werden (BFH BStBl II 1971, 22; FG Ha EFG 1995, 772; 1995, 1079). Entsprechendes gilt bei einem Engagement für eine Gaststätte (BFH BStBl II 1968, 726).

Selbstständig sind Musiker, wenn sie nur gelegentlich und/oder kurzfristig (BFH BStBl II 1977, 178) oder in einer GbR zusammengeschlossen engagiert werden (BFH BStBl II 1971, 656; 1972, 178). Das Gleiche gilt für Musiker, die iRd Philharmonischen Orchesters einer Stadt deren ArbN sind, bei ihrer Mitwirkung am Rundfunk oder bei Schallplattenaufnahmen trotz des Zusammenhangs beider Tätigkeiten, vor allem deshalb, weil die musikalischen Leistungen für verschiedene Auftraggeber (Stadtgemeinde als ArbG, Rundfunk oder Schallplattenfirma) bewirkt wurden (BFH BStBl III 1956, 100; mE fraglich, weil der einzelne Orchestermusiker auch bei seiner Nebentätigkeit eingegliedert und weisungsunterworfen ist); ebenso ein Orchestermusiker, der gelegentlich für seinen ArbG künstlerisch tätig war (BFH BStBl II 1972, 212); Aushilfsmusiker, die nicht zur Stammbesetzung eines Symphon...

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