Rn. 251
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Leitend und eigenverantwortlich tätig kann nur sein, wer selbst Fachmann auf dem freien Berufsgebiet ist. § 18 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG fordert als Grundlage der Tätigkeit ausdrücklich eigene Fachkenntnisse. Sie müssen sich auf den gesamten Bereich der beruflichen Tätigkeit erstrecken, ihn abdecken (BFH BStBl II 1969, 165; 1981, 170; 1988, 17). Dem ist nicht genügt, wenn zB in einem Übersetzungsbüro in erheblichem Umfang Übersetzungen in Sprachen gefertigt werden, die der Inhaber nicht beherrscht (BFH BStBl II 2018, 4; BFH/NV 1994, 168).
Ggf ist ein Sachverständigengutachten einzuholen. Wer die entsprechenden Fachprüfungen abgelegt hat, bei dem werden die Fachkenntnisse im Allg vermutet werden dürfen. Es kommt aber nicht auf die Ablegung von Fachprüfungen, sondern allein darauf an, dass die Fachkenntnisse tatsächlich vorhanden sind; wie sie erworben wurden, ist gleichgültig (zB BFH BStBl II 1974, 642 betreffend die Leiterin eines Kinderheims ohne pädagogische Fachprüfung, bei der gleichwohl die Möglichkeit eigener Fachkenntnisse bejaht wurde; zweifelnd Schick, StRK – Anm EStG § 18 R 462).
Bei einer PersGes, insb bei einer interprofessionellen PersGes (s Rn 271), ist erforderlich und hinreichend, dass der jeweilige Gesellschafter auf seinem speziellen Tätigkeitsgebiet die entsprechenden Fachkenntnisse einbringt, die für die leitende und eigenverantwortliche Funktion erforderlich sind, sei es bezogen auf einen bestimmten Auftrag oder generell (BFH BStBl II 1989, 727; 2001, 241; FG Sa EFG 1998, 1583 rkr). Bestehen mehrere personenidentische Gesellschaften (zB im Falle der Ausgliederung bestimmter Tätigkeiten, hierzu s BFH BStBl II 1998, 903), dann gilt das oben angegebene Erfordernis für jede Gesellschaft (BFH BFH/NV 1991, 319). Ob allerdings die Gewerblichkeit einer Labor-/Apparate GbR auf die beteiligungsidentische Praxis-GbR durchschlagen kann (Einheitlichkeit der Heilbehandlung), erscheint mehr als zweifelhaft (so jedoch Wacker in Schmidt, § 18 EStG Rz 27 unter Hinweis auf BMF BStBl I 2003, 170).
Rn. 252
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Beim Fehlen einer Berufsausübungserlaubnis bzw –genehmigung (zB Fahrlehrer-Erlaubnis) kann mE davon ausgegangen werden, dass der StPfl mangels entsprechender Fachkenntnisse tatsächlich nicht selbst eigenverantwortlich tätig wurde. Das gilt mE für einen Schulleiter, dem die Lehrbefugnis für die Oberstufe fehlt (offen geblieben in BFH BStBl II 1970, 214), ebenso wie für den Berufsfremden, der – als Erbe, aber auch ohne Erbenstellung – allein oder mit anderen Gesellschaftern/Gemeinschaftern eine Steuerberaterpraxis – mit und ohne Treuhänder – fortführt (BFH BStBl II 1977, 539; 1987, 124; BFH/NV 1990, 438; FG Köln EFG 1981, 635; aA, jedoch vom BFH abgelehnt FG Sa EFG 1966, 377; FG Bln EFG 1969, 490, Änderung des Leitsatzes in EFG 1970, 53 Nr 541/69). Auch die Fortführung eines Ingenieurbüros durch eine teilweise aus Berufsfremden bestehenden Erbengemeinschaft führt zur Gewerblichkeit (BFH BStBl II 1994, 922; auch s Rn 139, 245).
Rn. 253–254
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vorläufig frei