Rn. 105
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Der StPfl trägt nach allg Grundsätzen die Feststellungslast für das Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit, da er unter dieser Voraussetzung der GewStPfl nicht unterliegt (BFH BStBl II 1990, 73; 1991, 889; 1994, 864; BFH/NV 1995, 210).
Rn. 105a
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Ob eine künstlerische Tätigkeit im Einzelfall vorliegt, hat das FG nach seiner freien Überzeugung im Rahmen einer Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände zu beurteilen (§ 96 Abs 1 S 1 FGO; BFH BStBl II 1977, 459; 1987, 376; 1992, 413; 1994, 864; BFH/NV 1985, 17; 1995, 210).
Die Rspr greift vor allem im Bereich der freien Künste auf die Verkehrsanschauung zurück (s Rn 91; BFH BStBl II 1981, 21; 1992, 413; Schneider, DStZ/A 1993, 165, 167). Im Bereich der traditionell als künstlerisch eingestuften Tätigkeiten soll sie regelmäßig die Vermutung von künstlerischer Betätigung ergeben. Dagegen sollen in anderen Bereichen, insb im Bereich der sog Gebrauchskunst, die für die Abgrenzung der gewerblichen von der künstlerischen Tätigkeit entwickelten Kriterien, also die nach dem Gesamtbild eigenschöpferische Arbeit, festgestellt werden müssen (BFH BStBl II 1981, 21 und die Rspr in s Rn 92; Maassen, Kunst oder Gewerbe?, Heidelberg 1991 Rz 407 ff; Schneider, DStZ/A 1993, 165, 167).
Rn. 105b
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Das FG kann aufgrund eigener Sachkunde oder nach Einholung eines Sachverständigengutachtens entscheiden (BFH BStBl II 1977, 474). Die Frage stellt sich erst, wenn von der Klageseite begutachtungsfähige Arbeitsergebnisse vorgelegt werden (BFH BFH/NV 2006, 2062), und sei es nur für einen Teil des Klagezeitraums (BFH BFH/NV 2007, 89). Bei einem Restaurator ist keine besondere Sachkunde erforderlich, wenn die Arbeiten sich erkennbar auf Gebrauchsgegenstände bezogen oder keinen Raum für eigenständige Gestaltungen boten (BFH BStBl II 2005, 362; BFH/NV 2007, 2264).
Beabsichtigt das FG, die Feststellung aufgrund eigener Sachkunde zu treffen, muss dies vor allem im Bereich der Grenz- und Übergangsfälle für die Verfahrensbeteiligten erkennbar sein, uU durch einen entsprechenden richterlichen Hinweis, damit sie Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten (BFH BStBl II 2006, 709; FG D'dorf EFG 2007, 197). Die Sachkunde ist mE bereits iRd richterlichen Hinweises zu begründen, auf jeden Fall aber in den Entscheidungsgründen darzustellen (BFH BStBl II 1968, 543, wonach die Sachkunde ggf durch Literaturstudium erworben werden kann; BFH BStBl II 1977, 474; 1981, 21; 1982, 22; 2006, 709; Massbaum, BB 1992, 1763; kritisch Maassen, Kunst oder Gewerbe?, Heidelberg 1991 Rz 408).
Ist für den Kläger vor der mündlichen Verhandlung erkennbar, dass das FG beabsichtigt, für die Frage der künstlerischen Gestaltungshöhe kein Sachverständigengutachten einzuholen, muss er in der mündlichen Verhandlung selbst einen entsprechenden Beweisantrag stellen oder das Verhalten des FG als rechtsfehlerhaft rügen. Unterlässt er dies, ist er im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde mit einer Rüge wegen Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht durch das FG ausgeschlossen (BFH BFH/NV 2021, 789).
Bei Inanspruchnahme eines Sachverständigen ist ein förmliches Beweisverfahren durchzuführen (§ 82 FGO; BFH BStBl II 1977, 474). Hält der Kläger ein (weiteres) Gutachten für notwendig, muss er dies beim FG beantragen (BFH BStBl II 1991, 889; BFH/NV 2000, 446) und ggf die Nichteinholung noch im erstinstanzlichen Verfahren rügen (BFH BFH/NV 2006, 709).
Das Gericht muss dem Sachverständigen eindeutige Fragestellungen vorgeben, die die Merkmale und Beurteilungsmaßstäbe definieren (zutreffend Maassen, aaO, Rz 411; Schneider, DStZ/A 1993, 165, 167).
Das Gutachten stellt aber lediglich eine Entscheidungshilfe dar. Der Gutachter hat nicht die rechtliche Wertung als künstlerische Tätigkeit vorzunehmen. Zu beurteilen hat er vielmehr, ob dem StPfl zB ein ausreichender Gestaltungsspielraum zustand und er ihn auch eigenschöpferisch genutzt hat. Er muss dem Gericht die Bildung einer sicheren Überzeugung ermöglichen (BFH BStBl II 1977, 474; 1991, 889). Das Gericht seinerseits hat zu prüfen, ob der Sachverständige die vorgegebenen Maßstäbe zutreffend angewendet hat, und die rechtliche Einordnung selbstständig vorzunehmen.
In der Regel wird ein Gutachten erforderlich sein, da ein Laie kaum imstande sein wird, die erforderlichen Bewertungen vorzunehmen (vgl BFH BStBl II 1977, 474; 1983, 7; 1984, 491, Entbehrlichkeit wegen der Mitwirkung des StPfl in einem besonders qualifizierten Orchester; BFH BStBl II 1987, 376 bei Büttenredner; zustimmend Schneider, DStZ/A 1993, 165, 171; Maassen, aaO, Rz 408; Massbaum, BB 1992, 1763, 1766).
Rn. 106
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Gegen eine mE so nicht gegebene Tendenz der BFH-Rspr, in Zweifelsfällen stets Gutachter beizuziehen, aus rechtsstaatlichen wie Praktikabilitätsgründen s Schick, StRK-Anm EStG § 18 R 486; Kempermann, FR 1992, 250, 253 mit der Empfehlung, im Zweifel das Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit zu bejahen. Jedoch kann schon der Entsc...