Rn. 75
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Ehrenamtlich ist eine Tätigkeit, die entweder im Gesetz selbst oder nach dem Sprachgebrauch herkömmlicherweise so bezeichnet wird, s BFH BStBl II 1972, 844; 1988, 384 (Schätzer einer Landesbrandkasse). Sie wird häufig nebenberuflich, aus ideellen Motiven und in dem Sinne unentgeltlich erbracht, dass nur Auslagenersatz und Verdienstausfall gewährt werden, s §§ 82, 85 VerwaltungsverfahrensG. Es ist unschädlich, wenn die Erstattungsbeiträge die tatsächlichen Aufwendungen nur unwesentlich übersteigen. Bei Erstattungsleistungen bis zu 256 EUR je VZ ist grundsätzlich von der Steuerfreiheit des Aufwendungsersatzes auszugehen, s Eisgruber in Kirchhof/Seer, § 19 EStG Rz 20 (21. Aufl). Wegen der Steuerfreiheit solcher Bezüge s § 3 Nr 12 EStG; R 3.12 LStR 2023.
Rn. 76
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Eine ehrenamtliche Tätigkeit schließt die Annahme eines Dienstverhältnisses nicht allgemein aus. Auch die Geringfügigkeit der Entschädigung und eine kurze Dauer der Tätigkeit stehen der Annahme eines Dienstverhältnisses nicht entgegen, s BFH BStBl II 1976, 134; FinVerw DStR 1988, 616. Sofern das Entgelt für die Tätigkeit so gering ist, dass es auf Dauer nur die bei dieser Tätigkeit üblicherweise anfallenden Aufwendungen deckt, ist das Ehrenamt keiner Einkunftsart zuzurechnen. Zu untersuchen ist stets, ob die für ein Dienstverhältnis notwendige wesentliche Eingliederung vorliegt. An einer Nichteingliederung kann das Dienstverhältnis scheitern (s FG Brandenburg EFG 2001, 1280 rkr, Katastrophenschutz), nicht dagegen am geringen Entgelt. Für ehrenamtlich tätige Vereinsvorstände s RFH RStBl 1928, 124; 1935, 1306; Beitragskassierer einer Gewerkschaft BFH BStBl III 1954, 374; einer Ersatzkasse BFH BStBl III 1962, 115; Vertrauensleute einer Buchgemeinschaft BFH BStBl III 1960, 215; Rettungsschwimmer der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft FG SchlH EFG 1981, 96.
Ein Fall unentgeltlichen Tätigwerdens liegt auch beim sog One-Dollar-Job vor, dh der Bekleidung eines ggf öffentlichen Amtes unter Gehaltsverzicht, Bayer, Liebhaberei, S 63ff. Auch s Rn 65 zu Gefälligkeiten.
Dienstausfallentschädigungen für ArbN, die als ehrenamtliche Richter tätig sind, sind Einkünfte aus § 19 Abs 1 Nr 1 EStG, § 24 Nr 1 Buchst a EStG. Die Entschädigungen für Zeitversäumnis sollen demgegenüber nicht steuerbar sein, s BFH BFH/NV 2017, 680.
Rn. 77
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Entgelte für ehrenamtliche Tätigkeit können ausnahmsweise BE einer selbstständigen (luf, gewerblichen oder anderen selbstständigen) Tätigkeit sein, wenn die Wahrnehmung des Ehrenamtes nur ein Hilfsgeschäft dieser anderen Betätigung darstellt. Das setzt voraus, dass die ehrenamtliche Tätigkeit Ausfluss der hauptamtlichen Tätigkeit ist und mit ihr eng zusammenhängt. IdR wird wegen der organisatorischen Trennung und der Tatsache, dass das Ehrenamt auf besonderen Rechtsbeziehungen beruht, ein derartiges Hilfsgeschäft zu verneinen sein. BFH BStBl III 1957, 395 nimmt bei Tätigkeit eines Arztes in der Landesärztekammer ein freiberufliches Arbeitsverhältnis an; s auch BFH BStBl II 1972, 460 sowie s Rn 75, nebenamtliches Tätigwerden eines Gemeindedirektors in der Schätzungskommission einer Landesbrandkasse, sowie zu Nebentätigkeiten allgemein s Rn 124ff. Die Einbeziehung der Tätigkeit eines Beamten für die ÖTV und den DGB in dessen Dienstverhältnis, s BFH BStBl II 1981, 368, lässt sich mit seiner Stellung im Hauptpersonalrat rechtfertigen, wenn der Beamte für solche Betätigungen freigestellt war.
Rn. 78
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Sofern die ehrenamtliche Tätigkeit ESt-rechtlich relevant ist und nicht lediglich ein Hilfsgeschäft einer hauptberuflichen Tätigkeit darstellt, erfolgt sie bei Weisungsgebundenheit bzw organisatorischer Eingliederung nichtselbstständig, s BFH BStBl III 1958, 15 Vereinsmitglieder als Haus- und Platzkassierer; BFH BStBl II 1976, 134 ehrenamtliche Helfer von Wohlfahrtsverbänden, die Kinder und Jugendliche auf Ferienreisen betreuen, ebenso BAG BlStSozArbR 1984, 369; BFH HFR 1965, 373, Hauswarte und technische Betreuer einer gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft sind selbstständig. Nach Fromme, KStZ 1984, 67 sollen niedersächsische kommunale Ehrenbeamte wie Brandmeister, Naturschutzbeauftragter, Kreisjägermeister sonstige Einkünfte (§ 22 Nr 3 EStG) beziehen.
ArbN sind in aller Regel auch Vorstandsmitglieder im ehrenamtlichen Bereich, BFH BStBl II 1969, 185, Vorstand einer Baugenossenschaft. Eine Ausnahme bilden nur die Vorstände von Trägern der Sozialversicherung, BFH BStBl III 1966, 153, da deren Verwaltung einem Hauptgeschäftsführer obliegt (jetzt § 36 SGB IV; s auch BSGE 36, 111; BSGE 40, 131) und der Vorstand als Willensorgan des Sozialversicherungsträgers, § 31 SGB IV, eher dem Aufsichtsrat als dem Vorstand einer AG vergleichbar ist. Anders als bei den paritätisch besetzten Sozialversicherungsträgern, § 44 Abs 1 Nr 1 SGB IV, ist zB der Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung ArbN, FG Köln vom 08.03.1984, IV 289/81 H (L), rkr. Zu Vorstands...