Rn. 132
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Ebenso wie bei anhaltender Nebentätigkeit jeder Tätigkeitsbereich für sich zu beurteilen ist, s Rn 130f, sind einzelne Aktivitäten gelegentlich einer nichtselbstständigen Arbeit grundsätzlich nur dann in diese Einkunftsart einzubeziehen, wenn der ArbN dienstlichen Obliegenheiten seinem ArbG gegenüber nachkommt. Zu Letzteren gehören auch Nebenpflichten, die zwar im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich vorgesehen sind, deren Erfüllung der ArbG aber nach der tatsächlichen Gestaltung des Dienstverhältnisses und nach der Verkehrsauffassung erwarten darf, auch wenn er die zusätzlichen Leistungen vergüten muss. Dagegen führen Leistungen, die nach dem Dienstverhältnis nicht geschuldet werden, selbst dann nicht zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Vergütung für diese Leistungen vom ArbG gezahlt wird, s BFH BStBl II 1972, 212.
Rn. 133
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Danach sind Nebeneinkünfte nur Arbeitslohn, wenn sie in Ausübung des Hauptberufs erzielt werden, dagegen nicht bereits dann, wenn der Hauptberuf lediglich die Gelegenheit eröffnet, zusätzliche Einnahmen zu erwerben. Letzteres, also kein Arbeitslohn, ist anzunehmen,
- wenn ein ArbN Einnahmen erzielen kann, weil er auf dem Betriebsgelände, aber ohne Auftrag des ArbG, Pfandflaschen einsammelt und verwertet, s BFH BStBl II 1973, 727;
- wenn ein Busfahrer ohne Auftrag, aber mit Billigung seines ArbG, Getränke verkauft und die Abwicklung einschließlich Einkauf und Preisgestaltung selbst übernimmt, OFD Koblenz vom 20.10.1987, DB 1987, 2388;
- wenn ArbN ein bei ihrem ArbG bestelltes Silo im Auftrag und für Rechnung des Bestellers in freiwilligen Feierabendschichten früher fertig stellen, s FG BW EFG 1975, 209.
- Ebenso sind Prämien, die ein Verlagsunternehmen seinen Zeitungsausträgern für die Werbung neuer Abonnenten gewährt, dann kein Arbeitslohn, wenn die Zeitungsausträger weder rechtlich noch faktisch zur Anwerbung neuer Abonnenten verpflichtet sind. Dies gilt auch dann, wenn die Werbung neuer Abonnenten ausschließlich innerhalb des eigenen Zustellbezirks der Zeitungsausträger erfolgt und die Belieferung der neuen Abonnenten in der Folgezeit zu einer Erhöhung der Einnahmen aus der nichtselbstständig ausgeübten Tätigkeit als Zeitungsausträger führt, s BFH DStR 1997, 196.
Rn. 134
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Erst recht kein Arbeitslohn (aA Lang, DStJG Bd 9 (1986), 15, 71) sind Einnahmen, die unter Missbrauch des Dienstverhältnisses erzielt werden, BFH vom 14.12.1966, IV 271/65 nv, Schmiergelder bzw Bestechungsgelder; FG Bln EFG 1978, 280, Verliererprämie eines Lizenzfußballspielers (der zur Wiedererlangung der Lizenz aufgrund eines Vergleichs mit dem Deutschen Fußballbund an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlte Betrag gehört gleichwohl zu den WK, FG Münster EFG 1982, 181, bestätigt durch BFH vom 10.10.1986, VI R 101/82 nach Art 1 Nr 7 BFHEntlG); FG Nbg EFG 1987, 607, Unterschlagungen aus der Geschäftskasse. Derartige Zahlungen sind Einnahmen iSd § 22 Nr 3 EStG, s Krüger in Schmidt, § 19 EStG Rz 100 "Schmiergeld" (42. Aufl).
Arbeitslohn kann aber im Regressverzicht des ArbG oder auch im Dulden des Diebstahls liegen (s BFH HFR 1989, 217; BFH DB 1992, 1965; Krüger in Schmidt, § 19 EStG Rz 100 "Diebstahl" (42. Aufl).
Rn. 135
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Nach obigen Grundsätzen (s Rn 132) sind Provisionen für die Vermittlung von Versicherungen, von Bausparverträgen oder von Wertpapieren nur dann Arbeitslohn der Haupttätigkeit, wenn die Vermittlungsleistung zu den dienstlichen Obliegenheiten gehört, OFD Münster DStR 1987, 204. Ein Anzeichen hierfür ist, dass die Vermittlung während der Dienstzeiten erfolgt bzw aus einem dienstlichen Kontakt mit Kunden des ArbG herrührt, s BFH BStBl III 1962, 490, zu Provisionen für Reisegepäck, Schlechtwetter- und Unfallversicherungen, die Reisebüros teilweise ihren Angestellten weitergeben; weitere Bsp s Rn 16.
Dagegen gehören Provisionen nicht zum Arbeitslohn, wenn ArbN außerhalb ihres Dienstverhältnisses freiwillig Vermittlungsleistungen erbringen, auch wenn diese zum Geschäftsbereich ihres ArbG gehören und von ihm, etwa im Rahmen eines Wettbewerbs initiiert werden, s FG Nbg EFG 1978, 591, bestätigt durch BFH vom 19.02.1982, VI R 151/78 nv zu Geldpreisen anlässlich eines Wettbewerbs für die Vermittlung von Sparverträgen. Die ArbN sind insofern nicht anders zu behandeln als Kunden bzw Mitglieder von Bausparkassen, Zeitschriften, des ADAC usw, die Prämien für die Vermittlung neuer Kunden bzw Mitglieder erhalten. Insb sind derartige Provisionen und Prämien nicht mit Geldleistungen des ArbG zu vergleichen, mit denen eine besondere Erfüllung der Dienstverpflichtung honoriert werden soll, s BFH BStBl II 1978, 239, Verlosungen unter dem Teil der Belegschaft, der nicht wegen Krankheit am Erbringen der Arbeitsleistung gehindert war.
Zu Vermittlungsentgelten außerhalb des Dienstverhältnisses s FG RP EFG 1972, 584; FG BdW EFG 1976, 464 und FG Nbg EFG 1979, 30.