Rn. 184
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Nach den Urteilen BFH BStBl II 2006, 500; 2006, 528; 2006, 532 sind Sonderzahlungen des ArbG, die er wegen der Umstellung vom Umlageverfahren auf das Kapitaldeckungsverfahren aufgrund der Überführung einer ArbN-Versorgung auf eine andere umlagefinanzierte Zusatzversicherungskasse oder anlässlich des Ausscheidens aus einer Zusatzversorgungskasse zu zahlen hat, nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren. Durch diese Zahlungen hat der ArbN nämlich keinen Vorteil erlangt, noch sind sie Sonderzahlungen für eine erbrachte Arbeitsleistung. Vielmehr dienen derartige Sonderzahlungen ausschließlich dem eigenbetrieblichen Interesse des ArbG an der Sicherstellung seiner Versorgungszusage.
Rn. 184a
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der Gesetzgeber hat mit dem JStG 2007 (vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878) die oben angegebene Rspr des BFH außer Kraft gesetzt. In § 19 Abs 1 Nr 3 S 2 EStG wird nunmehr bestimmt, dass Sonderzahlungen des ArbG anlässlich des Ausscheidens aus einer nicht kapitalgedeckten Pensionskasse (Buchst a) oder anlässlich des Wechsels von einer nicht kapitalgedeckten zu einer anderen nicht kapitalgedeckten Pensionskasse (Buchst b) als Arbeitslohn zu qualifizieren sind, die der ArbG als Pflichtschuldner nach § 40b Abs 4 EStG pauschal mit 15 % zu versteuern hat. In beiden Fallgestaltungen liegt nach dem geltenden Lohnbegriff kein Arbeitslohn vor. Es handelt sich somit um eine gesetzliche Lohnfiktion.
Ausgenommen von dieser Lohnfiktion sind
- Zahlungen des ArbG zur Erfüllung von Solvabilitätsvorschriften nach den §§ 53c und 114 VersicherungsaufsichtsG,
- Zahlungen des ArbG in der Rentenbezugszeit nach § 112 Abs 1a VersicherungsaufsichtsG oder
- Sanierungsgelder.
Rn. 184b
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der Gesetzgeber fingiert in § 19 Abs 1 Nr 3 S 2 EStG Arbeitslohn, den der ArbG originär als Steuerschuldner pauschal zu versteuern hat. In der Sache stellt sich diese Pauschalsteuer auf Sonderzahlungen als eine Steuer des ArbG dar, die an dessen betrieblichen Aufwand anknüpft. Dem materiell-rechtlichen Gehalt nach handelt es sich nicht um eine ESt, sondern es liegt die Besteuerung eines Verkehrsvorgangs vor, die unzulässigerweise im ESt-Recht geregelt ist.
Rn. 184c
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Regelung des § 19 Abs 1 Nr 3 S 2 EStG gilt erstmals für Sonderzahlungen des ArbG, die nach dem Tag des Kabinettsbeschlusses (24.08.2006) geleistet werden. Für frühere Zahlungen gelten die Grundsätze der BFH-Rspr (kein Arbeitslohn), s Rn 184a.
Rn. 184d
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Aufgrund des KroatienAnpG vom 25.07.2014, BGBl I 2014, 1266 wurde § 19 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 EStG neu gefasst. Materielle Änderungen finden sich aber nur im ersten Hs von S 2. Nach bis 2014 geltender Rechtslage führen Zahlungen des ArbG zur Erfüllung der Solvabilitätsvorschriften nach §§ 53c und 114 VAG nicht zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 Hs 1 EStG). Die Regelungslücke besteht darin, dass bei den zur Erfüllung der Solvabilitätsvorschriften aufzubringenden Mittel des ArbG nicht nach deren Verwendung differenziert wird. Dieses ermöglicht dem ArbG auch dem Grunde nach lstpfl ArbG-Beiträge zur Altersvorsorge der ArbN durch steuerlich unbelastete Mittel zu ersetzen. Diese Regelungslücke wird ab Kj 2015 dadurch geschlossen, dass die Ausnahme in § 19 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 Hs 1 EStG
- ausdrücklich auf die erstmalige Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätsvorschriften nach den §§ 53c und 114 VAG (Buchst a) und
- Zahlungen des ArbG zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse (Buchst b) beschränkt wird.
Zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätsvorschriften (§ 19 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 Hs 1 Buchst a EStG) gehört auch die Erhöhung der Solvabilitätsspanne, die auf Neugeschäften oder vertraglich vereinbarten laufenden Beträgen oder Zuwendungen beruht. Eine angemessene Kapitalausstattung liegt jedenfalls bei einer Bedeckung der Solvabilitätsspanne von 100 %vor und kann bis zu einem Bedeckungsgrad von bis zu 115 % reichen, s BT-Drucks 18/3017, 39.
Als unvorhersehbare Verluste (§ 19 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 Hs 1 Buchst b EStG) sind in Anlehnung an den Begriff der unvorhersehbaren Verluste in § 56b Abs 1 S 2 VAG Verluste zu verstehen, die Unternehmen nicht zu vertreten haben. Typische Bsp hierfür sind ein hoher Abschreibungsbedarf wegen Einbruch des Kapitalmarktes und ein plötzlicher Anstieg der Invaliditätsfälle infolge neuer Rspr, s BT-Drucks 18/3017, 39.