Rn. 307
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Sonderausgaben (§§ 10–10g EStG; die §§ 10h u 10i EStG sind aufgehoben mit Wirkung ab 23.07.2016 durch Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v 18.07.2016, BGBl I 2016, 1679) sind Aufwendungen, die nicht zu den BA/WK gehören, weil sie nicht unmittelbar mit der Einkunftserzielung zusammenhängen (§ 10 Abs 1 EStG). Sie gehören vielmehr zur Einkunftsverwendung – daher der Begriff "Sonderausgaben".
Solche Aufwendungen sind grds nicht abzugsfähig. Insbesondere da sie zT zwangsläufig (unvermeidbar) sind, kann oder muss (wegen des Gebots der Besteuerung auch nach der subjektiven Leistungsfähigkeit, Art 3 Abs 1 GG, s BVerfGE 43, 108/20; 61, 319/44; 68, 143/52) das Gesetz jedoch Abzüge zulassen – subjektives Nettoprinzip (BFH BStBl II 1995, 47), s Rn 16h, 33, 329. Allerdings sind freilich nicht alle Sonderausgaben zwangsläufig (zB Spenden, § 10b EStG).
Rn. 308
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Der StPfl, der Sonderausgaben aufwendet, kann nicht geltend machen, dass er in Höhe dieser Beträge gar keine Einkünfte bezogen hat. Durch Sonderausgaben wird weder die Summe noch der Gesamtbetrag der Einkünfte gekürzt. Die Sonderausgaben wirken sich auf der – stärker vermögensbezogenen – Einkünfteebene noch nicht aus. Das Gesetz unterscheidet jedoch zwischen der
- Einkünfte-Ebene und der
- Einkommenserzielungs-Ebene
Rn. 309
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Auf der Ebene der Einkommenserzielung werden zusätzlich Verpflichtungen berücksichtigt, denen sich der StPfl aus subjektiven Gründen nicht entziehen kann. Hier werden also Aufwendungen zum Abzug zugelassen, die sich für den StPfl unter Berücksichtigung dringender persönlicher Verpflichtungen wie durchlaufende Posten darstellen, die zwar zu den Einkünften gehören, aber seine Leistungsfähigkeit doch nicht erhöhen. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Sonderausgaben als Einkommensschmälerungen ausgestaltet.
Rn. 309a
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Dadurch, dass der Gesetzgeber den Abzug von Steuerberatungskosten strich (§ 10 Abs 1 Nr 6 EStG aF bis einschließlich VZ 2005), hatte er nach Ansicht des BFH weder das objektive noch das subjektive Nettoprinzip verletzt (BFH X R 10/08, BStBl II 2010, 617; BFH X R 10/10, BFH/NV 2011, 977). Ua deswegen ist das objektive Nettoprinzip nicht verletzt, da Steuerberatungskosten, die mit Einkunftsarten zusammenhängen, nach wie vor abziehbar sind. Auch das subjektive Nettoprinzip ist nicht verletzt, da außerhalb des Einkünftebereichs anfallende Steuerberatungskosten nicht zwangsläufig sind, da der Ersatz von Steuerberatungskosten nicht sozialhilferechtlich gewährleistet ist (BFH X R 10/10, BFH/NV 2011, 977).
Rn. 309b
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Derzeit ist unter BFH IX R 6/21 (Vorinstanz FG Mchn v 22.09.2020, 12 K 1937/19) die Frage anhängig, wie die Höhe des Einkommens (§ 2 Abs 4 EStG) im Fall des Zusammentreffens eines negativen Gesamtbetrags der Einkünfte und eines positiven KiSt-Erstattungsüberhangs gemäß § 10 Abs 4b S 3 EStG im Verlustentstehungsjahr zu ermitteln ist, wenn gleichzeitig der negative Gesamtbetrag der Einkünfte für ein Verlustrücktrag verwendet werden soll. Ist der negative Gesamtbetrag der Einkünfte zuerst um die Hinzurechnung des beantragten Verlustrücktrags auszugleichen und der KiSt-Erstattungsüberhang im weiteren Ablauf des Berechnungsschemata der R 2 EStR 2012 hinzuzurechnen, oder unterbleibt eine Hinzurechnung des beantragten Verlustrücktrags im Berechnungsschemata?