Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 470
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Durch das InvStRefG vom 10.07.2016, BGBl I 2016, 1730 wurde die Besteuerung von Investmentfonds grundregend neu geregelt. Mit Wirkung ab dem 01.01.2018 (§ 52 Abs 28 S 20 EStG) werden Investmenterträge nach § 16 InvStG 2018 unter einer "eigenständigen Ertragsart" (BT-Drucks 18/8045, 132) erfasst.
a) Investmentfonds
Rn. 470a
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Investmentfonds sind gemäß § 1 Abs 2 S 1 InvStG 2018 sämtliche Investmentvermögen iSd § 1 Abs 1 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Investmentvermögen ist hiernach jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Ein Investmentvermögen liegt mangels wirtschaftlich oder rechtlich von den Anlegern verselbständigem Vermögen nicht vor, wenn die Vermögensgegenstände den Anlegern des Investmentvehikels zuzurechnen sind. Insbesondere Vermögensverwaltungsmandate (sog Managed Accounts), bei denen einem Vermögensverwalter lediglich eine Verfügungsmacht an dem Vermögen eingeräumt wird, die Eigentumsposition der Anleger jedoch unverändert bleibt, stellen keine Investmentvermögen dar. Von einem Investmentvermögen ist dagegen auszugehen, wenn die Vermögensgegenstände nach § 92 Abs 1 KABG oder einer vergleichbaren ausländischen Vorschrift im Miteigentum der Anleger stehen (s BMF vom 21.05.2019, BStBl I 2019, 527 Tz 1.2f).
Nach § 1 Abs 2 S 2 Nr 1 InvStG 2018 können auch Organismen für gemeinsame Anlagen, deren möglichen Anlegerzahl auf eine Person begrenzt ist, sog Ein-Anleger-Fonds, als Investmentfonds gelten. Dies setzt voraus, dass der Organismus mit Ausnahme der Beschränkung der möglichen Anzahl der Anleger (§ 1 Abs 1 S 2 KAGB) sämtliche weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs 1 KABG erfüllt. § 1 Abs 2 S 2 Nr 2 InvStG 2018 stuft KapGes, die nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 KAGB erfüllen, als Investmentfonds ein, wenn diesen nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie ihren Sitz oder Geschäftsleitung haben, eine operative unternehmerische Tätigkeit untersagt ist und sie dort keiner Ertragsbesteuerung unterliegen oder von dieser befreit sind (Einzelheiten sowie Ausnahmen des § 1 Abs 3 InvStG 2018 s BMF vom 21.05.2019, BStBl I 2019, 527 Tz 1.8f).
Der Investmentfonds ist vom Spezial-Investmentfonds abzugrenzen, bei dem ein eigenes Besteuerungsregime gilt, das von den allgemeinen Besteuerungsregeln für Investmentfonds grundlegend abweicht. Nach § 26 InvStG 2018 handelt es sich unter anderem dann um einen Spezial-Investmentfonds bei maximal 100 Anlegern, die in Ausnahmefällen ihre Anteile im PV halten (s § 26 Nr 8 InvStG sowie s Rn 472a).
b) Besteuerung auf Anteilsebene
Rn. 470b
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Ab dem VZ 2018 gehören Investmenterträge nach § 16 InvStG 2018 gemäß § 20 Abs 1 Nr 3 EStG (Anteile im PV) bzw § 20 Abs 8 EStG (Anteile im BV) zu den stpfl KapErtr. Die KapErtr iSd § 20 Abs 1 Nr 3 EStG unterliegen grundsätzlich der AbgSt (§ 32d Abs 1 EStG).
Die Anrechnung ausländischer Steuern erfolgt nach § 32d Abs 5 EStG.
Der Sparer-Pauschbetrag kann in Anspruch genommen werden.
Verluste aus Investmentanteilen können nach § 20 Abs 6 S 1 EStG mit anderen KapErtr verrechnet werden.
ba) Investmenterträge
Rn. 470c
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zu den Investmenterträgen gemäß § 16 InvStG 2018 gehören
- Ausschüttungen gemäß § 2 Abs 11 InvStG 2018,
- Vorabpauschalen gemäß § 18 InvStG 2018 und
- Veräußerungsgewinne aus Investmentanteilen gemäß § 19 InvStG 2018.
Ausschüttungen gemäß § 2 Abs 11 InvStG 2018
Erfasst werden nach § 1 Abs 11 InvStG 2018 die tatsächlichen Ausschüttungen (Auszahlungen, Gutschrift mit Wiederanlage und Substanzausschüttungen).
Vorabpauschalen gemäß § 18 InvStG 2018
Thesaurierte Erträge wurden bis zum VZ 2017 als sog ausschüttungsgleiche Erträge besteuert, s Rn 264. Durch das InvStG 2018 wurden die ausschüttungsgleichen Erträge aus Vereinfachungsgründen durch eine Vorabpauschale ersetzt.
Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kj den Basisertrag für dieses Kj unterschreiten (§ 18 Abs 1 S 1 InvStG 2018). Der Basisertrag wird ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kj mit 70 % des Basiszinses nach § 18 Abs 4 InvStG 2018 (§ 18 Abs 1 S 2 InvStG 2018). Nach § 18 Abs 1 S 3 InvStG 2018 wird der Basisertrag auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und letzten Kj festgesetzten Rücknahmepreis zuzüglich der Ausschüttung innerhalb des Kj ergibt (s BMF vom 21.05.2019, BStBl I 2019, 527 Tz 18.3 mit Bsp).
Die Vorabpauschale gilt am ersten Werktag des Folgejahres als zugeflossen. Somit fließt die Vorabpauschale für 2018 erst im Jahr 2019 zu und ist für den VZ 2018 nicht relevant.
Veräußerungsgewinne aus Investmentanteilen gemäß § 19 InvStG 2018
Unter den Veräußerungsgewinnen aus Investmentanteilen gemäß § 19 InvStG 2018 fallen die Gewinne aus der Veräußerung, Rückgabe, Abtretung, Entnahme oder verdeckte E...