Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
a) Grundsätzliches
Rn. 1325
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
§ 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG besteuert den Gewinn aus der Veräußerung von WG, die Erträge iSd § 20 Abs 1 Nr 4 EStG erzielen. Somit werden (ab dem VZ 2009) korrespondierend zu den laufenden Einkünften aus stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen gemäß § 20 Abs 1 Nr 4 EStG auch Gewinne aus der Veräußerung von WG, die diese laufenden Erträge erzielen, gemäß § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG besteuert. Der Veräußerungsbegriff wird durch § 20 Abs 2 S 2 EStG auf eine Rückzahlung, eine Abtretung und ausdrücklich auch eine Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens erweitert.
Somit sind in Zusammenhang mit § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG unter anderem folgende Fälle denkbar:
- Veräußerung der stillen Beteiligung an Gesellschaftsfremde,
- Auflösung und Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft,
- Abtretung von Forderungen aus einem partiarischen Darlehen,
- Beendigung der Laufzeit eines Darlehens.
Rn. 1326
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Gewinne aus der Veräußerung von stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen gemäß § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG sind erstmals zu besteuern, wenn die zugrundeliegenden WG nach dem 31.12.2008 erworben werden, dh die stille Gesellschaft nach dem 31.12.2008 gegründet wurde (§ 52 Abs 28 S 13 EStG).
Bis zum VZ 2008 war die Veräußerung von stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen unter den Voraussetzungen des § 23 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG aF (WG, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung grundsätzlich nicht mehr als ein Jahr beträgt) steuerbar.
Rn. 1327
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
vorläufig frei
b) Sachlicher Anwendungsbereich
Rn. 1328
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
In sachlicher Hinsicht wird die Veräußerung von WG, die Erträge iSd § 20 Abs 1 Nr 4 EStG erzielen, erfasst. Es muss sich somit entweder um eine typische (echte) stille Gesellschaft (dazu s Rn 478) oder ein partiarisches Darlehen (dazu s Rn 481ff) handeln. Die Veräußerung von Anteilen an einer atypisch stillen Gesellschaft unterliegt der Besteuerung nach § 16 S 1 Abs 1 Nr 2 EStG.
c) Gewinn aus der Veräußerung
Rn. 1329
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
§ 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG regelt den Grundfall der Veräußerung von stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen. Unter Veräußerung versteht der BFH die entgeltliche Übertragung des –zumindest wirtschaftlichen – Eigentums auf einen Dritten (BFH v 03.12.2019, VIII R 34/16, BFH/NV 2020, 640 mwN). Einzelheiten s Rn 1215ff.
Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach den Regeln des § 20 Abs 4 S 1 EStG. Ein steuerlicher Gewinn ergibt sich dann, wenn das Entgelt für die stille Beteiligung oder für das partiarische Darlehen den Nominalwert der geleisteten Einlage übersteigt. Verluste sind nach § 20 Abs 6 EStG verrechenbar.
Bei dem Entgelt ist aber zu unterscheiden, ob der vom Veräußerer erhaltene Betrag dem § 20 Abs 1 Nr 4 EStG oder dem § 20 Abs 2 Nr 4 EStG zuzuordnen ist, mit der Folge, dass Veräußerungskosten berücksichtigt werden können, WK im Zusammenhang mit laufenden Erträgen jedoch nicht.
Sollen mit dem Veräußerungspreis auch (vergangene, laufende oder gar zukünftige) Gewinnansprüche abgegolten werden, so entstehen insoweit beim Veräußerer nach § 20 Abs 1 Nr 4 EStG stpfl KapErtr, während beim Erwerber in Höhe der entsprechenden Gewinngutschrift eine erfolgsneutrale Vermögensumschichtung vorliegt. Ist dies nicht der Fall, so ist das Entgelt, das die Gewinnansprüche übersteigt, nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG zu versteuern. Veräußerungskosten können gemäß § 20 Abs 4 EStG berücksichtigt werden.
Rn. 1330
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
§ 20 Abs 2 S 2 EStG erweitert den Veräußerungsbegriff auf gleichgestellte Vorgänge. In Zusammenhang mit stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen sind hier die Rückzahlung, die Abtretung sowie die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens von Bedeutung.
ca) Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens
Rn. 1331
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Bei Beendigung (Auflösung und Abwicklung) der stillen Gesellschaft hat der stille Gesellschafter nach § 235 HGB einen auf Geld gerichteten Anspruch auf sein Auseinandersetzungsguthaben. Diese Regelung enthält jedoch keine zwingende Regelung. So ist es zur Vermeidung einer schwierigen Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens zulässig, einen pauschalen Zuschlag auf den Buchwert der Einlage zu vereinbaren und diesen auch ggf mit einer Wertsicherungsklausel zu verbinden. Den Vertragsparteien ist es unbenommen, auch allgemeine Wertveränderungen, die als Folge der Geldentwertung auftreten, zu berücksichtigen (BFH v 04.08.1961, VI 208/60 U, BStBl III 1961, 468). Auch zulässig ist die Vereinbarung einer festen Abfindung.
Übersteigt der Anspruch auf Auseinandersetzungsguthaben den Nominalwert der geleisteten Einlage, so ist – vorbehaltlich von Veräußerungskosten – der Mehrbetrag nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG iVm § 20 Abs 2 S 2 EStG zu versteuern. Entsprechendes gilt für einen Minderbetrag (Verlust), der nach Maßgabe des § 20 Abs 6 EStG verrechenbar ist.
Erhält der stille Gesellschafter nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses noch Leistungen des Geschäftsinhabers, so ist zu unterscheiden, ob es sich um ...