Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 1573
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Erzielung von KapErtr kann nicht nur Bestandteil eines andersartigen BV sein, sondern selbst einen eigenständigen Gewerbebetrieb bilden, sofern der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten wird.
Eine private Vermögensverwaltung liegt vor, wenn sich die Betätigung noch als Nutzung von Vermögen iS einer Fruchtziehung aus zu erhaltenen Substanzwerten darstellt und die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung nicht entscheidend in den Vordergrund tritt.
Eine gewerbliche Betätigung wird unterstellt, wenn eine selbstständige, nachhaltige Betätigung mit Gewinnabsicht unternommen wird, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (R 15.7 Abs 1 EStR 2012; allgemein s § 15 Rn 130 (Bitz); BFH v 03.07.1995, GrS 1/93, BStBl II 1995, 617).
Wertpapiergeschäfte auf eigene Rechnung gehören nach ständige Rspr – selbst in größerem Umfang – noch zur privaten Vermögensvorsorge und -verwaltung. Die Nutzbarmachung einschlägiger beruflicher Kenntnisse und Erfahrungen sowie der Verkauf größerer Mengen von Wertpapieren macht derartige Geschäfte noch nicht zu gewerblichen. Der An- und Verkauf von Wertpapieren und mithin die Umschichtung der Papiere überschreitet die Grenze zur gewerblichen Betätigung daher nur in besonderen Fällen. Dann kann jedoch nicht isoliert auf einzelne Merkmale abgestellt werden, vielmehr ist das Gesamtbild entscheidend. Dabei sind die einzelnen Beweisanzeichen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (BFH v 31.07.1990, BStBl II 1991, 66; BFH v 29.10.1998, BStBl II 1999, 448; BFH v 20.12.2000, BStBl II 2001, 706 – Bestätigung der ständigen Rspr; BFH BFH/NV 2001, 961 mwN; BFH BFH/NV 2001, 1015).
Der Bereich der Vermögensverwaltung und damit der Einkünfte aus KapVerm wird nicht verlassen, solange sich die Betätigung als Nutzung von vorhandenem Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung und als Substanz erhaltende Umschichtung der Vermögenswerte darstellt. Die Gewerblichkeit wird nur bei Vorliegen besonderer Umstände unterstellt. Tritt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der allgemeinen Verkehrsanschauung die Ausnutzung substanzieller Vermögenszuwächse durch kurzfristige Umschichtung, wobei der StPfl wie ein Wertpapierhändler auftritt, in den Vordergrund, nimmt die Rspr das Vorliegen eines Gewerbebetriebes an (s § 15 Rn 135 (Bitz)).
Rn. 1574
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Für die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom Gewerbebetrieb haben sich unter anderem folgende Kriterien für die Annahme einer privaten Vermögensverwaltung herausgebildet (unter anderem BFH v 19.10.1998, XI R 80/97, BStBl II 1999, 448):
- keine Fremdfinanzierung der bei den Wertpapiergeschäften eingesetzten Vermögenswerte, insbesondere wenn eine Eigenfinanzierung möglich gewesen wäre (BFH v 31.07.1990, I R 173/83, BStBl II 1991, 66);
- keine umfangreiche auf die Umschichtung von Vermögenswerten ausgerichtete eigene büromäßige Organisation (BFH v 04.03.1980, VIII R 150/76, BStBl II 1980, 389; BFH v 30.07.2003, X R 7/99, BStBl II 2004, 408);
- keine eigengerichtete Ausnutzung eines Marktes unter Einsatz beruflicher Möglichkeiten und Erfahrungen (BFH v 15.03.1994, X R 38/92, BFH/NV 1994, 850);
- kein direktes oder indirektes (zB über Bank, Makler) Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiten Öffentlichkeit (BFH v 31.07.1990, I R 173/83, BStBl II 1991, 66);
- kein Ankauf von Vermögenswerten in der Absicht alsbaldiger Wiederveräußerung (BFH v 20.12.2000, X R 67/98, BFH/NV 2001, 1015) – anders bei An- und Verkäufen von Unternehmen und Beteiligungen: BFH v 25.07.2001, X R 55/97, BStBl II 2001, 809.
Der Ankauf und Verkauf von Wertpapieren überschreitet grundsätzlich noch nicht den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung, wenn die Tätigkeit dem Bild eines Wertpapierhandelsunternehmens (Tätigwerden für fremde Rechnung) bzw eines Finanzunternehmens (Tätigwerden für eigene Rechnung, Betreiben des Handels mit institutionellen Partnern und nicht lediglich über eine Depotbank) nicht vergleichbar ist, BFH v 30.07.2003, X R 7/95, BStBl II 2004, 408. Das FG He hat bestätigt, dass ein gewerblicher Handel mit Wertpapieren bereits dann ausscheidet, wenn der StPfl nur auf eigene Rechnung und nicht auf fremde Rechnung tätig wird; s FG He v 11.07.2007, 8 K 2379/01, EFG 2007, 1833 rkr.
Rn. 1575
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Venture Capital und Private Equity-Fonds
Unter Bezugnahmen auf die oa Kriterien (s Rn 1574) und die Rspr (BFH v 25.07.2001, X R 55/97, BStBl II 2001, 809) hat die FinVerw zur Besteuerung von Venture Capital und Private Equity-Fonds Stellung genommen (BMF v 16.12.2003, BStBl I 2004, 40; auch s § 15 Rn 135c (Bitz)).
Ein Venture Capital oder Private Equity-Fonds übt idR eine vermögensverwaltende Tätigkeit aus, wenn die nachfolgend aufgeführten Kriterien eingehalten werden. Dabei sind diese im Zusammenhang zu würdigen, und es ist auf das Gesamtbild des Fonds abzustellen.
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Kein Einsatz von Bankkredi... |