Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 321
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Grds lassen sich für die Annahme einer vGA folgende typische Grundfälle aufführen (s Jochum in K/S/M, § 20 EStG Rz C/1 55 (April 2022) unter Hinweis auf Döllerer, VGA und verdeckte Einlagen bei KapGes, 1990, 38):
- Die KapGes erwirbt von ihrem Gesellschafter WG gegen ein unangemessen hohes Entgelt;
- sie veräußert WG an den Gesellschafter unentgeltlich oder gegen ein unangemessen niedriges Entgelt;
- sie nutzt Dienste, Kapital oder WG des Gesellschafters gegen ein unangemessen hohes Entgelt;
- sie überlässt dem Gesellschafter Dienste, Kapital oder WG zur Nutzung unentgeltlich oder gegen ein unangemessen niedriges Entgelt;
- sie überlässt dem Gesellschafter den Abschluss eines für sie günstigen Geschäftes.
Einzelfälle von vGA, die in der Praxis am häufigsten anzutreffen sind, sind beispielhaft in H 8.5 KStH 2022 aufgeführt. Sie beruhen dabei meist auf der Doppelstellung, die ein Gesellschafter einer KapGes einnehmen kann, indem er gleichzeitig wie ein fremder Dritter mit der Gesellschaft Rechtsgeschäfte abschließt (zB Pensionszusagen/-zahlungen an den beherrschenden Gesellschafter).
dca) Übertragung von WG
Rn. 322
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Eine vGA liegt vor, soweit eine KapGes von ihren Gesellschaftern WG gegen ein unangemessen hohes Entgelt erwirbt oder an die Gesellschafter unentgeltlich überträgt oder gegen ein unangemessen niedriges Entgelt WG veräußert. Ob jedoch etwa Preisverbilligungen zur Annahme einer vGA führen, hängt von der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ab. Allerdings können betriebliche Gründe für die konkrete Ausgestaltung des Leistungsaustausches sprechen. Überlässt eine GmbH ihren Gesellschaftern Gebäude, die sie auf einem von den Gesellschaftern gemieteten Grundstück errichtet hat, kann darin uU eine vGA gesehen werden (BFH vom 27.07.2016, BStBl II 2017, 214; BFH vom 17.07.1972, BStBl II 1972, 802).
Eine vGA wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass bei einem Grundstücksverkauf einer KapGes an ihren Gesellschafter die Bestimmung des angemessenen Kaufpreises vor Abschluss des Kaufvertrages einem Sachverständigen übertragen wird (BFH BStBl II 1978, 109). Vielmehr ist es durchaus naheliegend, dass sich der Geschäftsführer eigene, vom Gutachten abweichende Vorstellungen über den Wert des Grundstücks gebildet hat und eine uU zu niedrige Schätzung als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer im Verhältnis zu einem fremden Dritten nicht akzeptiert hätte.
Eine vGA liegt auch vor, wenn eine GmbH ihrem Gesellschafter einen Betrieb oder Teilbetrieb zu einem Preis veräußert, der den tatsächlich vorhandenen Geschäftswert nicht mitberücksichtigt (BFH vom 07.10.1970, BStBl II 1971, 69). Dies gilt auch, wenn an eine dem Gesellschafter nahestehende Person veräußert wird.
dcb) Überlassung von Diensten, Kapital oder WG
Rn. 323
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nutzungsvorteile aus Dienstverträgen
Insbesondere die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen steht wiederholt auf dem Prüfstand seitens der FinVerw. Für die Beurteilung der Angemessenheit ist auf die Gesamtausstattung der Vergütungen abzustellen. Diese umfasst im Allgemeinen
- Grundgehalt, Tantieme, Zusatzvergütungen,
- Pensionszusagen und
- Sachleistungen.
Aber nicht nur die Gesamtheit aller Einzelbestandteile muss angemessen sein, sondern auch die Prüfung einzelner Bestandteile der Vergütung muss den Fremdvergleichsgrundsätzen (wie Tantiemen und Pensionszusagen) genügen.
Daneben sind Vergütungsbestandteile bereits dem Grunde nach als vGA einzustufen. Dazu zählen Überstundenvergütungen (BFH vom 06.10.2009, BFH/NV 2010, 469) und Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit (BFH vom 27.03.2012, BFH/NV 2012, 1127; BFH vom 14.07.2004, BFH/NV 2005, 247). Hier ist auf den Einzelfall abzustellen, da der BFH in besonderen Fällen diese Vergütungsbestandteile anerkannt hat (BFH vom 25.10.2016, BStBl II 2017, 1216; BFH vom 03.08.2005, BFH/NV 2006, 131; BFH vom 14.07.2004, BStBl II 2005, 307).
Rn. 324
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Die Tantiemenvereinbarungen sind sowohl gesellschafter- als auch gesellschaftsbezogen zu prüfen. Neben eindeutigen und prüfbaren Regelungen muss klar vereinbart sein, welcher Gewinn bei gewinnabhängigen Vergütungen maßgebend ist. Die Tantiemen
Umsatztantiemen stellen – abgesehen von Ausnahmen (BFH vom 28.06.2006, BFH/NV 2007, 107; BFH vom 06.04.2005, BFH/NV 2005, 2058) – vGA dar.
Rn. 325
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Bei Pensions- oder Versorgungszusagen sind zunächst die formellen Kriterien einzuhalten. Es muss Angemessenheit, Ernsthaftigkeit und Erdienbarkeit gewährleistet sein. Zu den Einzelheiten s § 6a Rn 303ff (Höfer). Ob die Gesellschaft die Zusagen finanziell erfüllen kann, ist ebenfalls bei der Prüfung festzustellen (BFH BStBl II 2005, 653; 2005, 664).
Die Versorgungsanwartschaften dürfen 2/3 der aktiven Bezüge nicht übersteigen, sonst liegt Überversorgung vor (BFH vom...