Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
1. Allgemeines
Rn. 540
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Zu den Einkünften aus KapVerm gehören gemäß § 20 Abs 1 Nr 5 EStG Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden sowie Renten aus Rentenschulden. Das EStG verweist hier auf die Grundpfandrechte der Hypothek (§§ 1113ff BGB), der Grundschuld (§§ 1191ff BGB) sowie der Rentenschuld (§§ 1199ff BGB).
Besteuert werden hier die dinglichen Zinsen. Unter diese Zinsen fällt zunächst die Verzinsung der Hauptforderung, die zur Befriedigung aus dem Grundstück zu zahlen ist (dispositive Zinsen; vgl § 1115 BGB für die Hypothek, § 1192 Abs 2 BGB für die Grundschuld sowie § 1200 Abs 1 BGB für die Rentenschuld).
Eine Verzinsung bis zu 20 % pro Jahr ist hierbei üblich. Diese Verzinsung soll eine betragsmäßige Dynamisierung des dinglichen Rechts bewirken. Anstelle der dispositiven Zinsen fallen unter den Begriff der dinglichen Zinsen auch die gesetzlichen Zinsen nach § 1118 BGB sowie die Mindestzinsen nach § 1119 BGB. Die Summe der dinglich gesicherten Hauptforderung, der Zinsen sowie der Nebenleistungen (§ 1115 BGB) ist der maximale Betrag, an dem sich der Inhaber des Grundpfandrechts in der Zwangsversteigerung am Versteigerungserlös befriedigen kann.
In der Zwangsversteigerung erlischt das dingliche Recht auf Zinsen mit dem Zuschlag. An seine Stelle tritt (erstmals) der Anspruch auf Ersatz des Wertes aus dem Versteigerungserlös (§ 92 Abs 1 ZVG).
Die dinglichen Zinsen sind nicht zu verwechseln mit der Verzinsung der gesicherten schuldrechtlichen Forderung wie zB die Verzinsung eines Darlehens nach § 488 Abs 1 S 2 BGB.
Rn. 541
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Nach BFH v 11.04.2012, VIII R 28/09, BStBl II 2012, 496 erweist sich § 20 Abs 1 Nr 5 EStG insofern als systemfremder Tatbestand, als er Zahlungen aus einem Grundstück als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst, denen kein Kapitalnutzungsverhältnis zugrunde liegen muss. Bei genauer Betrachtung wird dem Inhaber des Grundpfandrechts ein Recht gewährt, sich zunächst in Höhe der dinglich vereinbarten Hauptforderung an dem Versteigerungserlös des Grundstücks bedienen zu können. Dieses Recht erfährt einen Zuwachs durch die Verzinsung.
Aus der Sicht des Grundpfandinhabers kommt es durch die dingliche Verzinsung zu einer Vermögensvermehrung, da dieser nunmehr das Recht hat, durch Zeitablauf sich über die vereinbarte Hauptforderung auch noch an den angefallenen dinglichen Zinsen am Versteigerungserlös befriedigen zu dürfen. Genau dieser Wertzuwachs wird durch § 20 Abs 1 Nr 5 EStG einer Besteuerung unterworfen. Auch wenn sich die Vermögensmehrung durch die Nebenleistungen realisiert, so kommt der BFH v 11.04.2012, VIII R 28/09, BStBl II 2012, 496 zu dem Ergebnis, dass aufgrund des engen Wortlauts des § 20 Abs 1 Nr 5 EStG, der sich nur auf Zinsen bezieht, die Nebenleistungen weder nach dem Abs 1 noch als besonderes Entgelt oder Vorteile nach Abs 2 der Besteuerung unterliegen.
Beispiel: Ausschließlicher Zufluss von dinglichen Zinsen
G gewährt S vor zwei Jahren ein Darlehen über 100 000 EUR, das jährlich mit 5 % zu verzinsen ist. Als Sicherheit dient eine Buchgrundschuld an dem Grundstück des E. In Abteilung 3 des Grundbuchs wird eine Grundschuld iHv 50 000 EUR nebst 10 % Zinsen eingetragen. Da E bei Fälligkeit des Darlehens weder das Darlehen noch die Zinsen zahlt, betreibt G die Zwangsvollstreckung in das Grundstück des E. Durch die Zwangsversteigerung erhält G 60 000 EUR, die sich wie folgt ermitteln:
Hauptforderung (Grundschuld) |
50 000 EUR |
Zinsen (50 000 EUR × 2 Jahre × 10 % =) |
10 000 EUR |
Forderung |
60 000 EUR |
Lösung:
Von dem Erlös aus der Zwangsversteigerung wird nach § 366 Abs 1 BGB zunächst das Darlehen getilgt. Einnahmen durch die Verzinsung des Darlehens nach § 20 Abs 1 Nr 7 EStG sind nicht zugeflossen. Dagegen sind dem G Zinsen aus der Grundschuld von 10 000 EUR durch die Zwangsversteigerung zugeflossen, die einer Besteuerung nach § 20 Abs 1 Nr 5 EStG unterliegen.
Dagegen unterwirft § 20 Abs 1 Nr 7 EStG das Entgelt der Besteuerung, das für die Nutzung der Überlassung des (gesicherten) Kapitals zufließt. Soweit der Gläubiger der Kapital- und Zinsforderung die Zwangsvollstreckung aufgrund seines Grundpfandrechts betreibt und sich am Versteigerungserlös befriedigt, kann es zu der Situation kommen, dass sowohl dingliche Zinsen nach § 20 Abs 1 Nr 5 EStG als auch schuldrechtliche Zinsen nach § 20 Abs 1 Nr 7 EStG realisiert werden.
Das System der ESt lässt aber eine Doppelbesteuerung nicht zu. Entscheidend ist hier, welches Verhältnis das Gepräge verleiht. Bei einer Sicherung einer Forderung durch ein Grundpfandrecht tritt Letzteres in den Hintergrund, so dass die eigentliche Wertsteigerung in der gesicherten Forderung und nicht in der Wertsteigerung des Grundpfandrechts zu sehen ist. Insofern verdrängt § 20 Abs 1 Nr 7 EStG den § 20 Abs 1 Nr 5 EStG.
Beispiel: Grundpfandrechtlich gesicherte Forderung und Zinsen
G gewährt S ein Darlehen über 100 000 EUR, das jährlich mit 5 % zu verzinsen ist. Als Sicherheit dient eine Buchgrundschuld an dem Grundstück des E. In Abteilung 3 des...