Rn. 52
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Abweichend von der Regelung in § 22 Nr 1 S 2 Hs 1 EStG, wonach die dort genannten Bezüge nicht steuerbar, sind Bezüge, die ein StPfl von einer Körperschaft, einer Personenvereinigung oder einer Vermögensmasse (iSd § 1 Abs 1 KStG) erhält, nach § 22 Nr 1 S 2 Hs 2 Buchst a EStG grds steuerbar. Dies gilt auch für freiwillig oder aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht gewährte Bezüge sowie von Stiftungen geleistete Destinatszahlungen (vgl BFH BFH/NV 2011, 113; BStBl II 2011, 417; aA zur bis 2000 geltenden Rechtslage BFH BStBl II 1988, 344). Die Bezüge unterliegen lediglich dann nicht der Besteuerung, wenn sie von der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse iRd Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke iSd §§ 52–54 AO gewährt werden. Vorrangiges Ziel der Regelung ist es, zu verhindern, dass die von einer Stiftung gewährten Bezüge weder auf Ebene der Stiftung noch auf der Ebene des Destinatärs der ESt unterliegen (BT-Drucks 10/1636, 58; BT-Drucks 8/3165, 11). Eine solche doppelte Nichtbesteuerung drohte insb dadurch, dass eine Stiftung ohne Gefährdung ihrer KSt-Befreiung gemäß § 5 Abs 1 Nr 9 KStG bis zu einem Drittel ihres Einkommens dazu verwenden kann, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten (vgl § 58 Nr 6 AO).
Für die Steuerbarkeit ist unerheblich, ob die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse von der KSt befreit ist (zB nach § 5 Nr 9 KStG) oder nicht. Ist sie dies nicht, unterliegen die Bezüge beim Empfänger gemäß § 3 Nr 40 S 1 Buchst i EStG iHv 60 % (sog Teileinkünfteverfahren; vor 2009 nach dem sog Halbeinkünfteverfahren: 50 %) der Besteuerung. Ist sie dagegen von der KSt befreit, greift die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr 40 S 1 Buchst i EStG nicht, so dass die Bezüge in vollem Umfang steuerbar sind.
Nach der bis 2000 geltenden Fassung des § 22 Nr 1 S 2 Hs 2 Buchst a EStG war Voraussetzung für die Zurechnung der Bezüge beim Empfänger, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse von der KSt befreit war (vgl BFH BFH/NV 2011, 113). War sie dies nicht, waren die Bezüge beim Empfänger nicht steuerbar. Durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung v 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) wurden diese Bestimmung gestrichen und zugleich die Steuersätze für Körperschaften deutlich (auf zunächst 25 % und ab 2008 auf 15 %) gesenkt. Mit der Streichung der Steuerbefreiungsklausel sollten mögliche Besteuerungslücken geschlossen werden, die im Falle der Beibehaltung der bis 2000 geltenden Nichtsteuerbarkeit der Bezüge entstanden wären (vgl BT-Drucks 14/2683, 115: "ungerechtfertigte Steuerbegünstigung"). Zur zeitlichen Anwendung der Neufassung des § 22 Nr 1 S 2 Buchst a EStG vgl § 52 Abs 38 EStG.
Nach der bis einschließlich 2008 geltenden Fassung des EStG war die Steuerbarkeit der Bezüge ferner an die Voraussetzung geknüpft, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unbeschränkt stpfl war. Entsprechend dem Wegfall dieser Voraussetzung im ersten Hs der Vorschrift (vgl BT-Drucks 16a/10 189, 51; s Rn 33) wurde auch diese Bestimmung durch das JStG 2009 (BGBl I 2008, 2794) ab 2009 aufgehoben, so dass seitdem auch von einer beschränkt stpfl Körperschaft gewährte Bezüge steuerbar sein können.
Rn. 53
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG sind Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der KSt befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse iSd § 1 Abs 1 Nr 3–5 KStG, die Gewinnausschüttungen iSd § 20 Abs 1 Nr 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind und nicht zu den Einnahmen iSd § 20 Abs 1 Nr 1 EStG gehören, den Einkünften aus KapVerm zuzurechnen. Tatbestandlich tritt diese Vorschrift damit in Konkurrenz zur Vorschrift des § 22 Nr 1 S 2 Buchst a EStG, gegenüber der sie aufgrund der Regelung in § 22 Nr 1 S 1 EStG grds vorrangig anzuwenden ist (vgl BFH/NV 2011, 113 zu Destinatszahlungen einer Stiftung). Dem steht nicht entgegen, dass die Destinatäre einer "Vermögensmasse" (zB Stiftung) an deren Vermögen nicht beteiligt sind; ausschlaggebend für die Bejahung von Kapitaleinkünften ist vielmehr, dass ihre Stellung wirtschaftlich der eines Anteilseigners entspricht.
Leistungen, denen im weitesten Sinn eine Gegenleistung gegenübersteht, fallen allerdings nicht unter § 20 Abs 1 Nr 9 EStG (BFH BStBl II 2011, 417).
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum UntStFG (BT-Drucks 14/6882, 35) sollen von § 20 Abs 1 Nr 9 EStG insb Vorgänge erfasst werden, die vergleichbar mit einer offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung an Gesellschafter sind und Gewinne betreffen, die von der Gesellschaft im Rahmen ihres Geschäftszwecks erwirtschaftet worden sind. Nach Auffassung der FinVerw ist § 20 Abs 1 Nr 9 EStG auf alle wiederkehrenden oder einmaligen Leistungen einer Stiftung anzuwenden, die von den beschlussfassenden Stiftungsgremien aus den Erträgen der Stiftung an den Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge ausgekehrt werden (BMF v 27.06.2006,...