Rn. 172

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Nach der durch das AltEinkG ab 2005 neu eingefügten Regelung in § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG unterliegen die sonstigen (privaten) Leibrenten wie bisher der Ertragsanteilsbesteuerung. Da der Besteuerungsregelung in § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst aa EStG (sog Basisversorgung) grds Vorrang eingeräumt wird und deshalb nur "Leibrenten und andere Leistungen, die nicht solche iSd Doppelbuchst aa sind", betroffen sind, handelt es sich insoweit um einen Auffangtatbestand. Die idR günstigere Ertragsanteilsbesteuerung ließ der Gesetzgeber weiterhin mit der Begründung zu, dass die Beiträge zu den nicht unter die Vorschrift des § 10 Nr 2 Buchst b EStG fallenden Rentenversicherungen über den SA-Abzug unterschiedlich steuerlich belastet sein können und eine Ertragsanteilsbesteuerung somit sachgerechter sei (BT-Drucks 15/2150, 41f). Unter diese Regelung können zB private Unfall- oder Erwerbsminderungsrenten fallen (vgl BFH BFH/NV 2011, 1136; 2011, 1489).

§ 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb S 1 EStG setzt voraus, dass Bezüge vorliegen, in denen "Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts" enthalten sind. Dies erfordert nicht, dass die Renten tatsächlich einen Zins- oder Sparanteil enthalten. Ausreichend und von der gesetzlichen Definition in § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb S 3 EStG gedeckt ist, wenn die zugrunde liegende Versicherung keinen Kapitalanteil enthält und zB lediglich ein bestimmtes Risiko abdeckt. Dementsprechend bestimmt sich der Ertrag privater Leibrenten ausschließlich nach der Tabelle in S 4 dieser Vorschrift bzw der Tabelle in § 55 Abs 2 EStDV, in denen der Ertrag vom Gesetzgeber typisierend festlegt ist (BFH BFH/NV 2012, 31 zu Berufsunfähigkeitsrente).

Nach dem Wortlaut des § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG fallen wiederkehrende Bezüge, die keine Leibrenten sind, nicht unter die Ertragsanteilsbesteuerung. In einem solchen Fall findet der Grundtatbestand des § 22 Nr 1 S 1 Hs 1 EStG Anwendung, der eine vollumfängliche Steuerbarkeit der Bezüge zur Folge hat (vgl BFH BStBl II 1981, 358 zu Zeitrente).

 

Rn. 173

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Die neue Ertragsanteilstabelle in § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb S 4 EStG enthält gegenüber der bis einschließlich 2004 geltenden Ertragsanteilstabelle in § 22 Nr 1 S 3 Buchst a EStG aF um ca 1/3 niedrigere Ertragsanteile. Statt bisher 5,5 % beträgt der darin berücksichtigte Diskontierungsfaktor nur noch 3 %. Danach ergibt sich beispielsweise bei Rentenbeginn mit Vollendung des 65. Lebensjahrs ein Ertragsanteil von 18 % statt bisher 27 %. Da der alte Diskontierungsfaktor in der Vergangenheit als Reaktion auf die zu niedrige Besteuerung von Sozialversicherungsrenten vom Gesetzgeber mehrfach erhöht worden war, die Sozialversicherungsrenten nunmehr aber von der Ertragsanteilsbesteuerung ausgenommen sind, war es nach der Gesetzesbegründung möglich, für die Ertragswerttabelle wieder einen realistischen Diskontierungsfaktor zu berücksichtigen (vgl BT-Drucks 15/2563 iVm BT-Drucks 15/2150, 42). Die neue Tabelle gilt sowohl für Leibrenten, die bereits vor dem 01.01.2005 zu laufen begonnen hatten, als auch für Leibrenten, die erst nach dem 31.12.2004 zu laufen beginnen. Entsprechend wurde auch die Sondertabelle des § 55 Abs 2 EStDV für abgekürzte Leibrenten geändert.

 

Rn. 174

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

vorläufig frei

a) § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb S 1 EStG

aa) Leibrentenversicherungen, die die Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG nicht erfüllen

 

Rn. 175

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Unter den Auffangtatbestand des § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG fallen in erster Linie die privaten Leibrentenversicherungen, die die Voraussetzungen des § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst aa EStG nicht erfüllen und auch nicht unter § 22 Nr 5 EStG einzuordnen sind. Nach der Gesetzesbegründung fallen hierunter insb Anlageprodukte, bei denen der Charakter einer (frei verfügbaren) Kapitalanlage überwiegt (BT-Drucks 15/2150, 34). Als solche Produkte kommen zB die folgenden Leibrentenversicherungen in Betracht:

  • private Rentenversicherungen, die den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG nicht entsprechen, weil darin zB keine lebenslange Rentenzahlung (zB Erwerbsminderungsrenten), ein Rentenbeginn vor Vollendung des 62. Lebensjahrs (für Vertragsabschlüsse ab dem 01.01.2012, vgl § 52 Abs 24 S 1 EStG 2012 iVm § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b S 1 EStG; für Vertragsabschlüsse bis zum 31.12.2011: 60. Lebensjahr) oder eine Teil- bzw Einmalkapitalauszahlung (Kapitalwahlrecht) vorgesehen ist oder deren Ansprüche vererblich, übertragbar, beleihbar, veräußerbar oder kapitalisierbar sind,
  • private Rentenversicherungen, deren Laufzeit vor dem 01.01.2005 begonnen hat,
  • Verträge iSd § 10 Abs 1 Nr 3a Hs 3 EStG (§ 10 Abs 1 Nr 3 Buchst b EStG aF).

Bei kapitalbildenden abgekürzten Leibrentenversicherungen ist die grds vorrangige Anwendung des § 20 Abs 1 Nr 6 EStG zu beachten (s Rn 76f).

 

Rn. 176

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

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