Rn. 466
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Enthält eine einheitliche Leistung sowohl nicht steuerbare, veräußerungsähnliche Elemente als auch steuerbare Elemente in Form sonstiger Leistungen, ist grds anhand der Gesamtumstände des Streitfalls bzw des Gesamtbilds der wirtschaftlichen Verhältnisse zu beurteilen, worauf die Beteiligten den Schwerpunkt der Leistungserbringung gelegt haben. Ist eine Aufteilung nicht möglich, richtet sich die Einordnung der Gesamtleistung nach dem Teil, der ihr das Gepräge gibt (BFH BStBl 1995, 640). Von vornherein auszuscheiden sind dabei Leistungen, denen keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt (BFH BFH/NV 2009, 9).
Rn. 467
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Eine Leistung ist nur dann nach § 22 Nr 3 EStG steuerbar, wenn ihr eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Werden daneben noch andere Leistungen erbracht, die zu Einkünften nach § 22 Nr 1–6 EStG oder zu nicht steuerbaren privaten Einkünften (zB durch Veräußerungen) führen, ist jeweils zu untersuchen, ob sie diesen Bereichen zuzuordnen oder davon unabhängig sind. Maßgebend dafür ist ein wirtschaftlicher Beurteilungsmaßstab bzw die Frage, ob der Leistung wirtschaftlich ein eigenständiges Gewicht zukommt oder ob sie lediglich Folge der nicht oder der anderweitig steuerbaren Vorgänge ist. Unerheblich ist dabei, wie die Leistung von den Beteiligten bezeichnet wird. Entscheidend ist allein, was sie nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse wirklich gewollt und tatsächlich bewirkt haben (BFH BFH/NV 2009, 9; 2008, 1820; BStBl II 2007, 44; 2004, 874). Ob den jeweiligen Leistungen eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, richtet sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles, die von den FG als Tatsacheninstanz in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind (BFH BFH/NV 2003, 1161).
Rn. 468
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung kommt einem Verzicht auf ein Recht zu, das notwendiger Bestandteil des veräußerten Vermögensgegenstands ist (BFH BFH/NV 2009, 9 zu Provisionszahlungen eines Dritten als Teil eines Veräußerungspreises nach § 17 Abs 2 EStG), s Rn 510 "GmbH-Anteilsveräußerung". Auch Entgelten, die im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung für die Einhaltung eines umfassenden Wettbewerbsverbots gezahlt werden, kommt regelmäßig keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Als unselbstständiger Teil des Kaufpreises unterliegen sie nicht der Besteuerung nach § 22 Nr 3 EStG (BFH BFH/NV 2003, 1161); s Rn 510 "Wettbewerbsverbot".
Auch dann, wenn ein Nachbargrundstück überteuert erworben wird, um dadurch die durch einen Nachbarwiderspruch verursachte Blockade eines eigenen Bauvorhabens zu beenden, ist davon auszugehen, dass die gesamte Kaufsumme ausschließlich auf die nicht nach § 22 Nr 3 EStG steuerbare, private Kaufpreiszahlung und nicht auch auf die vertraglich zugesagte, an sich steuerbare Rücknahme des Rechtsbehelfs entfällt. Im Verhältnis zum Grundstückkauf handelt es sich bei einer derartigen Zusage um eine vertragliche Nebenpflicht, der aufgrund des untrennbar mit der Eigentümerposition verbundenen nachbarlichen Abwehr- bzw Widerspruchrechts keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt (BFH BStBl II 2004, 874; vgl auch BFH BFH/NV 2008, 1657).
Ist einem GbR-Gesellschafter der angebotene Kaufpreis für ein der GbR gehörendes Grundstück zu gering und lässt er sich seine Zustimmung zum Verkauf dadurch "abkaufen", dass er vom Gesamterlös einen höheren Anteil erhält, ist der im Vergleich zu seinem Gesellschaftsanteil erzielte Mehrerlös ebenfalls nicht nach § 22 Nr 3 EStG steuerbar. Der Mehrerlös basiert nicht auf einer getrennt von der Veräußerung zu beurteilenden Leistung (BFH BFH/NV 2008, 1820)
Rn. 469
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung wurde dagegen für ein im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung vereinbartes Wettbewerbsverbot bejaht, wenn sich dieses in seiner wirtschaftlichen Bedeutung heraushebt und dies in den getroffenen Vereinbarungen klar zum Ausdruck kommt, zB durch ein separat vereinbartes Entgelt, und ferner feststeht, dass dieses Entgelt weder den Geschäftswert noch ein anderes immaterielles WG abgilt. In einem solchen Fall unterliegt das Entgelt, falls keine eindeutige Zuordnung zu einer anderen Einkunftsart möglich ist, der subsidiären Besteuerung nach § 22 Nr 3 EStG (BFH BFH/NV 2003, 1161).
Daher kommt zB einem Wettbewerbsverbot, das mit einem Handelsvertreter nach Beendigung seiner Tätigkeit vereinbart wird, eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu, so dass das dafür gezahlte Entgelt grds ebenfalls gemäß § 22 Nr 3 EStG steuerbar ist (BFH BFH/NV 2003, 1161; 2008, 1491); s Rn 510 "Wettbewerbsverbot".
Ferner wurde eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung und damit Steuerbarkeit einer "Bindungsentschädigung" nach § 22 Nr 3 EStG bejaht, die der Käufer dem Verkäufer eines Grundstücks monatlich bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung zahlt, dass die Kommune für das Grundstück in absehbarer...