aa) Leibrentenversicherungen, die die Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG nicht erfüllen
Rn. 175
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Unter den Auffangtatbestand des § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG fallen in erster Linie die privaten Leibrentenversicherungen, die die Voraussetzungen des § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst aa EStG nicht erfüllen und auch nicht unter § 22 Nr 5 EStG einzuordnen sind. Nach der Gesetzesbegründung fallen hierunter insb Anlageprodukte, bei denen der Charakter einer (frei verfügbaren) Kapitalanlage überwiegt (BT-Drucks 15/2150, 34). Als solche Produkte kommen zB die folgenden Leibrentenversicherungen in Betracht:
- private Rentenversicherungen, die den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG nicht entsprechen, weil darin zB keine lebenslange Rentenzahlung (zB Erwerbsminderungsrenten), ein Rentenbeginn vor Vollendung des 62. Lebensjahrs (für Vertragsabschlüsse ab dem 01.01.2012, vgl § 52 Abs 24 S 1 EStG 2012 iVm § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b S 1 EStG; für Vertragsabschlüsse bis zum 31.12.2011: 60. Lebensjahr) oder eine Teil- bzw Einmalkapitalauszahlung (Kapitalwahlrecht) vorgesehen ist oder deren Ansprüche vererblich, übertragbar, beleihbar, veräußerbar oder kapitalisierbar sind,
- private Rentenversicherungen, deren Laufzeit vor dem 01.01.2005 begonnen hat,
- Verträge iSd § 10 Abs 1 Nr 3a Hs 3 EStG (§ 10 Abs 1 Nr 3 Buchst b EStG aF).
Bei kapitalbildenden abgekürzten Leibrentenversicherungen ist die grds vorrangige Anwendung des § 20 Abs 1 Nr 6 EStG zu beachten (s Rn 76f).
Rn. 176
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Rentenerhöhungsbeträge aufgrund einer vertraglich vereinbarten Währungs- oder Wertsicherungsklausel, die den Wert der Rente erhalten sollen, teilen das Schicksal der Rente. Sie sind mit der Rente einheitlich zu behandeln. Wird neben der Rente im Wege einer von vornherein vorgesehenen Überschussbeteiligung eine Bonusrente gezahlt, sind die daraus resultierenden Zahlungen ebenfalls den Erträgen des Rentenrechts zuzurechnen und zusammen mit der Grundrente einheitlich der Besteuerung mit dem Ertragsanteil zu unterwerfen sind (R 22.4 Abs 1 S 2 EStR 2012; vgl BFH BStBl II 2006, 870 zu Sofort-Leibrente mit gleichbleibendem Grundrenten- und variablem Überschussanteil gegen Zahlung eines Einmalbetrags: keine volle steuerliche Erfassung der Überschussanteile nach § 22 Nr 1 S 1 EStG wegen ansonsten gegebener Überbesteuerung; Besteuerung lediglich des Ertragsanteils nach § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG (BFH BStBl II 2014, 15 zur Überschussbeteiligung iR einer sog Mehrertragsrente).
Rn. 177
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei
ab) Zusatzrenten, deren Beiträge besteuert wurden
Rn. 178
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Zusatzrenten der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sind nicht Teil der nach § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst aa EStG der Besteuerung unterliegenden sog Basisversorgung. Die VBL gehört zu den betrieblichen Pensionskassen iSd § 40b EStG. Die von ihr ausgezahlten Renten sind Teil der betrieblichen Altersversorgung und umlagefinanziert (BFH BStBl II 2011, 628 mwN). Da die Beiträge bereits der Besteuerung unterlegen haben (teilweise individuell vom ArbN, teilweise pauschal vom ArbG), unterliegen die VBL-Renten der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr 5 S 2 Buchst a EStG iVm § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG. Eine nachgelagerte Besteuerung nach § 22 Nr 5 S 1 EStG würde zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung führen.
Die Besteuerung der VBL-Renten mit dem Ertragsanteil ergibt sich bis einschließlich 2006 unmittelbar aus § 22 Abs 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG, da eine Besteuerung nach § 22 Nr 5 EStG in der für das Jahr 2006 anzuwendenden Fassung mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen nicht in Betracht kam; eine Besteuerung schied aus, weil die Leistungen aufgrund der Umlagefinanzierung nicht "auf Kapital" iSd § 22 Nr 1 S 5 S 2 EStG aF beruhte. Ab 2007 wurde diese Einschränkung aufgehoben, so dass die Besteuerung seitdem auf § 22 Nr 5 S 2 Buchst a EStG iVm § 22 Abs 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst bb EStG zu stützen ist.
Allerdings ist zu beachten, dass nach der ab 2006 neu in das Gesetz aufgenommenen Befreiungsvorschrift des § 3 Nr 56 EStG auch steuerfreie Zuwendungen des ArbG zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung möglich sind. Soweit die VBL-Renten auf derartigen steuerfreien Zuwendungen beruhen, unterliegen sie der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr 5 S 1 EStG (vgl H 22.4 EStH 2019 "Versorgungs- und Versicherungsrenten aus einer Zusatzversorgung").
Bei den Zusatzrenten der kommunalen Verrechnungskassen (ZVK) ist zu unterscheiden: Zum Teil erfolgt die Finanzierung ebenso wie bei der VBL über ein Umlageverfahren. Die darauf beruhende Zusatzrente unterliegt demzufolge lediglich mit dem Ertragsanteil der Besteuerung. Teilweise werden die Zusatzrenten nach den Bestimmungen des Altersvorsorgetarifvertrags, aber auch über ein kapitalgedecktes Vorsorgesystem finanziert. Die entsprechenden Beiträge des ArbG sind nach Maßgabe des § 3 Nr 63 EStG (bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung) steuerfrei....