Rn. 450
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die entgeltliche Überlassung eines WG zur Nutzung kann im Einzelfall sowohl eine Leistung iSd § 22 Nr 3 S 1 EStG als auch einen nicht steuerbaren, veräußerungsähnlichen Vorgang auf der Vermögensebene darstellen. Zur Abgrenzung ist der wirtschaftliche Gehalt der getroffenen Vereinbarungen zugrunde zu legen und nicht das, was die Parteien formal erklärt bzw wie sie ihr Rechtsgeschäft bezeichnet haben. Entscheidend ist, was die Parteien nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse wirklich gewollt und tatsächlich bewirkt haben (BFH BFH/NV 2009, 9; BStBl II 2007, 44; 2004, 874; 2001, 391).
Rn. 451
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Ein steuerbarer Leistungsaustausch iSd § 22 Nr 3 S 1 EStG ist zu bejahen, wenn ein in seiner Substanz im Wesentlichen erhalten bleibendes WG gegen Entgelt zur Nutzung überlassen oder die Nutzung des Eigentums lediglich eingeschränkt wird. Wird demnach ein Entgelt bezahlt für den Verzicht auf eine bestimmte Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks (vgl BFH BStBl III 1965, 361), die Duldung einer bestimmten Nutzung durch Dritte (BFH BFH/NV 1997, 336 zur Gestattung einer Kanalverlegung; BFH BStBl II 1976, 62 zur Freihaltung von Bebauung und Nutzung als Parkplatz) oder für die Aufgabe des Widerstands gegen ein Bauvorhaben des Nachbarn (BFH BFH/NV 2004, 41 wegen baurechtswidriger Errichtung eines vierten Geschosses; BFH BStBl II 1983, 404 wegen Errichtung eines achtstöckigen Hochhauses, Nichtannahmebeschluss des BVerfG 2 BvR 1969/03, DStZ 2004, 241; BFH BStBl II 1995, 57 wegen des Baus von Wohnungen für Behinderte), handelt es sich um nach § 22 Nr 3 EStG steuerbare Vorgänge der Nutzungseinschränkung und nicht um Vorgänge der Vermögensumschichtung unter Aufgabe der Substanz.
Entsprechend ist auch die Aufgabe des Widerstands gegen die Eintragung eines Warenzeichens, welches die Rechte des eigenen Warenzeichens verletzt, bzw der Verzicht auf entsprechende Abwehrrechte als steuerbare Leistung zu sehen (BFH BStBl II 1980, 114). Verpflichtet sich ein Eigentümer einer Eigentumswohnung, den Betrieb eines Spielsalons im Hause zu dulden, ist das dafür gezahlte Entgelt ebenfalls nach § 22 Nr 3 EStG stpfl (BFH BStBl II 1998, 133).
In diesen Fällen kann es zwar auch zu einer Wertminderung des eigenen WG kommen. Haben die Parteien die Höhe der Wertminderung der Bestimmung der Höhe des Entgelts zugrunde gelegt, ist dies aber nicht als zwingendes Indiz für eine Substanzübertragung oder Substanzaufgabe zu werten. Denkbar ist es vielmehr, dass die Wertminderung lediglich als Bemessungsgrundlage für die Wertfindung der Leistung herangezogen wird (BFH BStBl II 1983, 404).
Rn. 452
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Bei der Weitergabe eines "werthaltigen Tipps" gegen ein Entgelt in Form einer Beteiligung an einer gerichtlich geltend zu machenden Schadensersatzforderung handelt es sich ebenfalls nicht um einen die Steuerbarkeit ausschließenden veräußerungsähnlichen Vorgang, wenn die gerichtliche Durchsetzbarkeit der vertragsgegenständlichen "Rechtsidee" zweifelhaft ist und es für die Annahme eines WG, dessen Substanzwert aufgegeben werden könnte, an der erforderlichen "Greifbarkeit" bzw an einem objektiven, am Markt gefestigten Wert fehlt. Zudem spricht gegen einen nach § 22 Nr 3 EStG steuerbaren Vorgang, wenn das Entgelt nicht als Gegenleistung für die Weitergabe der vom Tippgeber ermittelten Kenntnisse, sondern als Erfolgshonorar erst bei Realisierung der Vermögensposition zu zahlen ist (BFH BStBl II 2005, 167). S Rn 432 und s Rn 510 "Werthaltiger Tipp".
Rn. 453
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Verzichten die Mitglieder einer Bürgerinitiative gegen Entgelt auf weitere Rechtsbehelfe gegen eine Kraftwerksgenehmigung und nehmen sie bereits eingelegte Rechtsmittel zurück, handelt es sich ebenfalls nicht um eine steuerfreie Aufgabe eines Vermögenswerts. Vielmehr ist in diesem Verhalten eine steuerbare Leistung iSd § 22 Nr 3 EStG zu sehen (BFH BStBl II 1986, 890).
Rn. 454
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Ebenso stellt der Verzicht auf die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstandes eines auf dem Nachbargrundstück errichteten Gebäudes lediglich eine Einschränkung der Nutzbarkeit des eigenen Grundstücks dar und ist damit ebenfalls den steuerbaren Leistungen zuzuordnen. Begründet wird dies damit, dass der Anspruch auf Einhaltung des Grenzabstandes Ausfluss der Eigentümerposition des StPfl sei, mit der er untrennbar verknüpft bleibe (BFH BStBl II 1977, 26).
Rn. 455
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Andererseits steht eine von § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG erfasste Nutzungsüberlassung und nicht eine unter § 22 Nr 3 EStG fallende Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks oder eine bloße Hinnahme (Duldung) auf das Grundstück einwirkender Maßnahmen im Vordergrund, wenn ein StPfl einem auf dem Nachbargrundstück bauenden Bauträger die Anbringung von Verankerungen auf dem eigenen Grundstück gegen Entgelt gestattet (BFH BStBl II 2004, 507). S Rn 510 "Grundstücksnutzung".
Rn. 456
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