1. Grundsätzliches
Rn. 610
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die Vorschrift des § 22 Nr 4 S 2 EStG schließt den Abzug von WK aus, wenn zur Abgeltung der durch das Mandat veranlassten Aufwendungen Aufwandsentschädigungen gezahlt werden (sog Abgeltungswirkung der Amtsausstattung, vgl BFH BStBl II 2008, 928). Nach dem Wortlaut der Regelung kommt es lediglich darauf an, ob derartige (pauschale) Aufwandsentschädigungen gezahlt werden. Sofern dies der Fall ist, wird der WK-Abzug nach § 22 Nr 4 S 2 EStG nicht nur insoweit ausgeschlossen, als steuerfreie Aufwandsentschädigungen vergütet werden. Ein WK-Abzug kommt vielmehr generell, dh auch über das Abzugsverbot des § 3c EStG hinaus, nicht in Betracht (BFH BStBl II 1983, 601: Ausschluss des Abzugs "jeglicher mandatsbezogener Aufwendungen"; ebenso BFH BStBl II 1988, 266; vgl hierzu auch die Gesetzesmaterialien in BT-Drucks 7/5903, 17; 7/5531, 44). Dementsprechend ist das Abzugsverbot auch insoweit anzuwenden, als die Aufwendungen die Kostenpauschale übersteigen.
Rn. 611
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Für den Eintritt der Abgeltungswirkung ist es unerheblich, ob die im jeweiligen AbgeordnetenG vorgesehene Kostenpauschale im Einzelfall die Aufwendungen der Art und Höhe nach abdeckt oder abdecken soll bzw ob das Gesetz die Abgeltungswirkung und deren Umfang explizit darlegt (BFH BStBl II 1988, 433). Die Abgeltungswirkung tritt selbst dann ein, wenn im Gesetz lediglich eine unspezifizierte pauschale Aufwandsentschädigung verankert ist und der betreffende Gesetzgeber davon ausging, dass über die Entschädigungsleistungen hinausgehende Aufwendungen als WK abziehbar seien, diese Absicht im Gesetz aber keinen Niederschlag gefunden hat (so zutreffend FG Nds EFG 2001, 1048 zu § 7 Abs 1 S 1 Nds AbgG).
Rn. 612
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Aufgrund des generellen Abzugsverbots kommt der Abzug vorweggenommener WK zur Erlangung eines Mandats ebenfalls nicht in Betracht. Ausschlaggebend ist, dass ein Mandat angestrebt wird, das nach den Bestimmungen des maßgeblichen AbgeordnetenG einen pauschalen Aufwendungsersatz vorsieht. Unerheblich ist deshalb auch, ob die Aufwendungen vergeblich getätigt wurden und das Mandat tatsächlich nicht erlangt wurde (vgl BFH BStBl II 1988, 435 zu Wahlkampfkosten eines erfolglosen Bewerbers; zum ebenfalls eingreifenden Abzugsverbot gemäß § 22 Nr 4 S 3 EStG in diesem Fall s Rn 621). Dementsprechend scheidet auch ein Abzug erst nach Beendigung des Mandats entstandener nachträglicher WK aus.
Nicht zuzustimmen ist deshalb dem FG BBG EFG 2012, 1725 (dazu s BFH BFH/NV 2014, 557, allerdings ohne Entscheidung in der Sache), welches die Aufwendungen eines Abgeordneten zur Durchführung eines Wahlprüfungsverfahrens mit der Begründung zum Abzug als vorweggenommene WK zugelassen hat, dass im LAbgG Berlin eine Aufwandserstattung nur hinsichtlich der Abgeltung von Kosten für Schreibarbeiten, Porto, Telefon und Fahrtkosten, nicht aber für die Durchführung eines Wahlprüfungsverfahrens zur Erlangung eines Mandats vorgesehen sei.
Rn. 613–614
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei
2. Sonderbeiträge der Abgeordneten an ihre Partei
Rn. 615
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Entsprechend den genannten Grundsätzen können auch Sonderbeiträge der Abgeordneten an ihre Partei nicht als WK in Abzug gebracht werden (BFH BStBl II 1988, 433; vgl auch BFH BStBl II 1991, 396). Gleiches gilt für Fraktions- ua Parteibeiträge. Derartige Aufwendungen können lediglich als SA gemäß § 10b Abs 2 S 1 EStG (dazu s § 10b Rn 218ff (Pust)) oder iRd § 34g EStG (dazu s Erläut zu § 34g (Schneider)) Berücksichtigung finden (vgl FinMin NRW v 16.05.1984, DStZ/E 1984, 186).
Rn. 616
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei
3. Ausnahmen vom Abzugsverbot
Rn. 617
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Das Abzugsverbot des § 22 Nr 4 S 2 EStG ist dann nicht anzuwenden, wenn die Abgeordneten nach dem für sie maßgeblichen AbgeordnetenG keinen Anspruch auf – gemäß § 3 Nr 12 EStG steuerfreie – Aufwandsentschädigung haben oder die beanspruchte Aufwandsentschädigung keinen Abgeltungscharakter hat (so die amtliche Begründung zum Entwurf des AbgG in der BT-Drucks 7/5531, 26). Nach den Angaben in H 22.9 EStH 2019 "Werbungskosten" ist dies lediglich in den Bundesländern Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein der Fall.
Gemäß § 13 AbgG steht einem Bundestagsabgeordneten, der erst im letzten Vierteljahr einer Wahlperiode in den Bundestag eintritt, kein Anspruch auf Zahlung der monatlichen Kostenpauschale zu. In einem solchen Fall greift das Abzugsverbot ebenfalls nicht.
Ein WK- und BA-Abzug ist ferner zulässig, soweit Abgeordnete Einkünfte außerhalb der AbgeordnetenG beziehen. Hierzu zählen beispielsweise Vergütungen, die Abgeordnete von ihren Fraktionen erhalten (vgl OFD Han v 24.02.1994, S 2257 a-4-StH 211, S 2337–52-StO 211, S 2121–34-StO 223, S 2121–55-StH 225). S Rn 591ff.
Rn. 618–619
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei