Rn. 69
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Zeitrenten sind wiederkehrende Bezüge, die sich allerdings nicht auf eine Lebenszeit, sondern auf eine von vornherein festgelegte Dauer beziehen. Die Steuerbarkeit derartiger Renten ergibt sich aus § 22 Nr 1 S 1 EStG (sonstige wiederkehrende Bezüge). Eine Anwendung der günstigeren Besteuerung nach § 22 Nr 1 S 3 Buchst a EStG kommt nicht in Betracht, da Zeitrenten die für Leibrenten charakteristische Wagniskomponente fehlt. Anders als Leibrenten sind sie nicht nur bis zum Tod des Berechtigten zu entrichten, sondern evtl noch darüber hinaus an die Erben, falls die Frist bis dahin noch nicht abgelaufen ist.
Die Rspr hatte früher eine Mindestdauer des Rentenbezugs verlangt (vgl BFH BStBl III 1963, 563; 1994, 633). Eine solche Voraussetzung lässt sich aber weder § 22 Nr 1 S 1 EStG noch § 10 EStG entnehmen. Für die Steuerbarkeit ist zwar erforderlich, dass es sich um wiederkehrende Bezüge handelt. Eine bestimmte Dauer der Rentenzahlungen schreibt das Gesetz aber nicht vor.
da) Abgrenzung zu abgekürzten Leibrenten
Rn. 70
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die Zeitrente ist abzugrenzen von der abgekürzten Leibrente. Eine abgekürzte Leibrente ist zwar ebenfalls zeitlich begrenzt. Darüber hinaus endet sie aber auch mit dem Tod des Bezugsberechtigten (vgl § 55 Abs 2 EStDV; BFH BFH/NV 2011, 1496 zu Erwerbsminderungsrente; BFH BStBl II 1986, 261).
Zur Besteuerung abgekürzter Leibrenten, s Rn 76ff.
db) Ausgleich für entgangenes Erbe
Rn. 71
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Dient eine zeitlich befristete Rente dem Zweck, einem weichenden Erben einen Ausgleich für sein entgangenes Erbe oder seinen Pflichtteilsanspruch zu verschaffen, ist die Rente ebenso vererblich wie nach dem Todesfall der Erbanteil oder der Pflichtteilsanspruch, an deren Stelle die Rente getreten ist. In einem solchen Fall ist die Rente als Zeitrente zu beurteilen, weil sie vom vorzeitigen Tod des Berechtigten nicht betroffen ist (BFH BStBl II 1986, 261 für eine 20-jährige Rente an die Geschwister; vgl auch BFH BStBl II 1993, 298 für einen zeitlich gestreckt auf die Dauer von 15 Jahren ausgezahlten Pflichtteilsanspruch).
dc) Lebensversicherungszeitrenten
Rn. 72
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Eine Zeitrente liegt auch vor, wenn die Rente im Rahmen eines Lebensversicherungsvertrags lediglich für eine bestimmte Zahl von Jahren ausgezahlt wird (vgl BFH BStBl II 1981, 358 für eine Rentenzahlung an Hinterbliebene des Versicherungsnehmers). Eine solche Zeitrente wäre an sich ebenfalls nach § 22 Nr 1 S 1 EStG steuerbar. Vorrangig anwendbar (vgl Subsidiaritätsklausel in § 22 Nr 1 S 1 Hs 1 EStG) ist in solchen Fällen aber die Vorschrift des § 20 Abs 1 Nr 6 EStG, die seit dem 01.01.2005 die Auszahlung von Erträgen aus kapitalbildenden Lebensversicherungen (Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und Kapitalversicherungen mit Sparanteil) im Erlebens- und Rückkaufsfall und fondsgebundenen Lebensversicherungen den Einkünften aus KapVerm zuweist, "soweit nicht die lebenslange Rentenauszahlung gewählt und erbracht wird". Dies bedeutet, dass alle von den Versicherungen geleisteten Rentenzahlungen, die nicht in Form einer Leibrentenzahlung erfolgen, den Einkünften aus KapVerm zuzurechnen sind. Dies gilt auch für eine Zeitrente, da damit keine lebenslange Rentenzahlung verbunden ist (ebenso Gesetzesbegründung zum JStG 2007, BT-Drucks 16/2712, 49, und BMF v 01.10.2009, BStBl I 2009, 1172 Rz 19ff).
Die vorrangige Anwendung des § 20 Abs 1 Nr 6 EStG gilt für alle Versicherungsleistungen aus Verträgen, die nach dem 31.12.2004 bzw 31.12.2006 abgeschlossen wurden (§ 52 Abs 36 S 7 u 8 EStG aF). Für vor dem 01.01.2005 abgeschlossene Verträge (Altverträge) gilt die Steuerbefreiung nach § 20 Abs 1 Nr 6 S 2 EStG aF fort (§ 52 Abs 36 S 5 EStG aF; BMF v 01.10.2009, BStBl I 2009, 1172 Rz 88).
dd) Veräußerungszeitrenten
Rn. 73
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Zeitrenten können auch als Gegenleistung für die Veräußerung von WG vereinbart werden (sog Veräußerungszeitrenten, vgl BFH BStBl II 1996, 676; 2002, 650). In diesen Fällen sind die Grundsätze über wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung anzuwenden. Dies bedeutet, dass die wiederkehrenden Leistungen grds in einen Tilgungs- und Zinsanteil aufzuteilen sind. Der Tilgungsanteil bleibt, sofern das WG dem PV zuzurechnen war, wegen des Verbots der Besteuerung reiner Vermögensumschichtungen und der Substanzbesteuerung grds steuerfrei. Den Zinsanteil hat der Berechtigte grds nach § 20 Abs 1 Nr 7 EStG zu versteuern (vgl BMF v 11.03.2010, BStBl I 2010, 227 Rz 79).
de) Unentgeltliche Zeitrenten
Rn. 74
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Werden die Zeitrenten unentgeltlich geleistet, liegen zumeist die Voraussetzungen des § 22 Nr 1 S 2 Hs 1 EStG vor (s Rn 47ff). In einem solchen Fall sind die Renten nicht steuerbar.
Liegen diese Voraussetzungen ausnahmsweise nicht vor, greift der Grundtatbestand des § 22 Nr 1 S 1 EStG, so dass die Renten als sonstige wiederkehrende Bezüge in vollem Umfang der Besteuerung unterliegen (s Rn 69).
Rn. 75
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei