a) Nachträgliche Einnahmen
Rn. 86
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG auch Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen (s auch § 2 Abs 2 Nr 2 LStDV). Diese gesetzliche Definition verdeutlicht, dass § 24 Nr 2 EStG für die Einkünfte iSv § 2 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG nur klarstellende Funktion hat. Zu den anderen Bezügen oder Vorteilen gehören insbesondere nachgezahlte Gehälter, Löhne, Gratifikationen und Tantiemen.
Nachträglichen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit fallen etwa auch dann an, wenn der ArbN durch die Ausübung eines Optionsrechts nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begünstigt Aktien erwirbt (BFH vom 23.06.2005, VI R 124/99, BStBl II 2005, 766). Ruhegelder iSv § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG sind von Leibrenten nach § 22 Nr 1 S 3 Buchst a EStG abzugrenzen, die – wie etwa Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung – nur mit dem Besteuerungsanteil zu erfassen sind, ab 2040 allerdings zu 100 %.
Versorgungsbezüge, die ganz oder teilweise auf früheren Beitragsleistungen des ArbN oder seines Rechtsvorgängers beruhen, gehören nicht zu den nachträglichen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, es sei denn, dass die Beitragsleistungen WK gewesen sind (§ 2 Abs 2 Nr 2 S 2 LStDV).
Rn. 87
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nachzahlungen von Arbeitslohn, Versorgungsbezügen oder anderen Leistungen aus einem früheren Arbeitsverhältnis sind gemäß § 11 Abs 1 S 1 EStG im Jahr des Zuflusses steuerlich zu erfassen und gemäß § 38 Abs 3 EStG dem LSt-Abzug zu unterwerfen. Durch den Verweis in § 11 Abs 1 S 4 EStG auf § 38a Abs 1 S 2 und 3 EStG wird – als Sonderregel zu § 11 S 2 EStG – bestimmt, dass laufender Arbeitslohn in dem Kj als bezogen gilt, in dem der Lohnabrechnungszeitraum endet. Gehalt, das nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird – und somit im Falle der Nachzahlung unter § 24 Nr 2 EStG fällt – wird danach in dem Kj des Zuflusses bezogen.
Auch wenn Nachzahlungen von Arbeitslohn nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzprozess für mehrere Jahre geleistet werden, werden sie nicht den VZ zugerechnet, auf die sie wirtschaftlich entfallen (BFH vom 22.07.1993, VI R 104/92, BStBl II 1993, 795). Leistet der ArbG aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 SGB X eine Lohnnachzahlung unmittelbar an die Arbeitsverwaltung, führt dies gleichzeitig beim ArbN zum Zufluss von nachträglichem Arbeitslohn (BFH vom 15.11.2007, VI R 66/03, BStBl II 2008, 375).
Rn. 88
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Versorgungsbezüge gehören auch dann zu den nachträglichen Einkünften iSv § 24 Nr 2 EStG und nicht zu den Entschädigungen iSv § 24 Nr 1 Buchst a EStG, wenn sie erst im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsvertrags vereinbart oder erhöht werden. Sie werden wegen der früheren Tätigkeit und nicht für entgehende Lohnansprüche gezahlt. Die Lohnzahlungspflicht des ArbG endet im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand (BFH vom 06.04.2002, XI R 51/00, BStBl II 2002, 516).
b) Nachträgliche Werbungskosten
Rn. 89
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nachträgliche Aufwendungen des ArbN sind – wie im laufenden Arbeitsverhältnis – als WK abziehbar, wenn sie mit der früheren Arbeitstätigkeit im erforderlichen Veranlassungszusammenhang stehen (§ 9 Abs 2 S 1 und 2 EStG). Als nachträgliche WK kommen etwa Zahlungen eines früheren GmbH-Geschäftsführers in Betracht, weil er als Haftungsschuldner Steuerschulden des früheren ArbG erfüllt. Aufwendungen wegen der Inanspruchnahme aus einer durch das frühere Arbeitsverhältnis veranlassten Bürgschaft oder zur Abwendung von Schadensersatzansprüchen des früheren ArbG können ebenfalls nachträgliche WK aus nichtselbstständiger Arbeit sein.
Werden die nachträglichen WK fremdfinanziert, so können auch die Darlehenszinsen als WK abgezogen werden. Die Grundsätze, die die Rspr für den Abzug von Schuldzinsen als nachträgliche WK bei den Einkünften aus VuV und KapVerm entwickelt hat (dazu s Rn 93), sind auf den nachträglichen WK-Abzug bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nicht übertragbar (FG He vom 01.10.1996, 3 K 2810/94, EFG 1997, 401; Füssenich in K/S/M, § 24 EStG Rz C 23 (März 2022); Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 24 EStG Rz 38 (22. Aufl)).