1. Nachträgliche Einnahmen
Rn. 90
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Einnahmen aus einem früheren Rechtsverhältnis iSv § 2 Abs 2 S 1 Nr 5–7 EStG kommen bei allen dort genannten Einkunftsarten in Betracht. Die Rspr hat sich vornehmlich mit nachträglichen Einnahmen als VuV und KapVerm beschäftigt.
Als nachträgliche sonstige Einnahmen iSv § 22 EStG kommen etwa nachgezahlte Bezüge oder Überbrückungsgelder für ausgeschiedene Abgeordnete in Betracht. Auch ersparte Aufwendungen können zu nachträglichen Einnahmen aus § 24 Nr 2 EStG iVm § 22 EStG führen (BFH vom 19.01.2020, X R 17/09, BStBl II 2010, 544).
Rn. 91
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nachträgliche Einnahmen aus KapVerm sind etwa verzögerte Zinszahlungen nach Beendigung eines Darlehensverhältnisses oder nachträglich zugeflossene Ausschüttungen an einen Anteilseigner nach Veräußerung seiner Anteile an der KapGes.
Im Fall der Veräußerung von Darlehensforderungen oder sonstigen Rechtsverhältnissen, die Einkünfte aus KapVerm vermitteln, stellt sich die Frage, wem die KapErtr gebühren. Der BFH hat dazu in ständiger Rspr die Auffassung vertreten, dass im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber einer Kapitalforderung oder Beteiligung an einer KapGes die KapErtr steuerrechtlich demjenigen zuzurechnen sind, dem sie nach § 101 BGB oder einer davon abweichenden Vereinbarung der Beteiligten gebühren (s etwa BFH vom 14.12.1999, VIII R 49/98, BStBl II 2000, 341 mwN).
Ab dem VZ 1994 ist für Beteiligungserträge geregelt, dass sie demjenigen (als Anteilseigner) zuzurechnen sind, dem nach § 39 AO die Anteile an dem KapVerm iSv § 20 Abs 1 Nr 1 EStG im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind (§ 20 Abs 2a EStG aF, nunmehr § 20 Abs 5 S 2 EStG).
Für Erträge aus Kapitalforderungen, etwa Darlehenszinsen, dürfte nach wie vor die Vereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber, hilfsweise § 101 BGB, ausschlaggebend sein (offen gelassen in BFH vom 11.04.2012, VIII R 28/09, DStR 2012, 1078).
Rn. 92
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nachträgliche Einnahmen aus VuV sind insbesondere Nachzahlungen von Miet- und Pachtzinsen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Auch Erstattungen von Aufwendungen, die ursprünglich als WK abgezogen worden sind, führen zu nachträglichen Einnahmen (s Füssenich in K/S/M, § 24 EStG Rz C 31 (März 2022)). Die Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, auch als Bestandteil eines Grundstückskaufvertrags, ändert so lange nichts an der Zurechnung zu den Einkünften aus VuV, als sich die Miet- und Pachtzinsen auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Besitzer des Grundstücks war (§ 21 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG). Auch hier kommt es wegen des regelmäßigen Zuflusses nach Beendigung des ursprünglichen Mietverhältnisses (s § 571 BGB) zu nachträglichen Einnahmen.
2. Nachträgliche Werbungskosten
Rn. 93
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nachträgliche Aufwendung sind WK, wenn sie mit der Einkünfteerzielung aus dem früheren Rechtsverhältnis im erforderlichen Veranlassungszusammenhang stehen, aber erst nach dessen Beendigung geleistet werden (§ 9 Abs 1 S 1 und 2 EStG). Dies ist unproblematisch in Fällen, in denen die WK bereits während des Bestehens des Rechtsverhältnisses entstanden sind, aber erst nachträglich abfließen. Hierzu zählen etwa die Kosten eines während eines Darlehensverhältnisses angestrengten Prozesses oder nach Beendigung eines Mietverhältnisses abgerechnete Entgelte für einen WEG-Verwalter. Wenn die Aufwendungen erst später entstehen, ist danach zu fragen, ob sie allein oder nahezu ausschließlich durch die frühere Einkünfteerzielung veranlasst sind.
Bei Einkünften aus KapVerm ist durch die Einführung der AbgSt ab VZ 2009 zu beachten, dass der WK-Abzug durch § 20 Abs 9 EStG über den Sparer-Pauschbetrag hinaus ausgeschlossen wird – die Regelung ist verfassungsgemäß (s BFH vom 01.07.2014, VIII R 53/12, BStBl II 2014, 975). Dies gilt auch für nachträgliche WK.
Rn. 94
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Aufwendungen für Schönheitsreparaturen, die nach Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Ziel erfolgen, die Wohnung selbst zu nutzen oder zu veräußern, sind nicht als nachträgliche WK abzugsfähig. Dagegen können Aufwendungen zur Beseitigung eines Schadens, der die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung durch den Mieter deutlich übersteigt, insbesondere eines mutwillig verursachten Schadens, WK sein (BFH vom 11.07.2000, IX R 48/96, BStBl II 2001, 784).
Bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Räumungsprozess muss nicht nur objektiv ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit bestehen, sondern sie müssen auch subjektiv der Förderung der Erzielung von Einnahmen aus VuV dienen. Steht bei dem Aufwand für die Räumung eines vermieteten Objekts die Erwartung der besseren Verwertung des Vermietungsobjekts im Vordergrund, sei es, dass das Objekt durch den Aufwand überhaupt erst verkäuflich wird, sei es, dass dadurch ein höherer Verkaufspreis erzielbar wird, so ist der Aufwand nicht durch die Einkunftsart VuV veranlasst (BFH vom 23.02.1988, IX R 151/86, BFH/NV 1989, 485).