1. Rechtslage bis VZ 2012
Rn. 20
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Unter den in § 26 Abs 1 S 1 EStG idF bis VZ 2012 genannten Voraussetzungen können Ehegatten zwischen getrennter Veranlagung (§ 26a EStG idF bis VZ 2012), Zusammenveranlagung (§ 26b EStG idF bis VZ 2012) und – beschränkt auf den VZ der Eheschließung – besonderer Veranlagung (§ 26c EStG idF bis VZ 2012) wählen. Welches die jeweils günstigste Veranlagungsart ist, muss in jedem Einzelfall individuell ermittelt werden.
Rn. 21
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
In Bezug auf die Gesamtsteuerschuld wird im Normalfall die Zusammenveranlagung am günstigsten sein, bei der die tarifliche ESt nach der Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens berechnet und sodann verdoppelt wird (Splittingverfahren). Dadurch wird in Fällen, in denen die Ehegatten unterschiedlich hohe Einkünfte erzielt haben oder ein Ehegatte gar kein Einkommen bezogen hat, der Progression die Spitze genommen. Außerdem können bestimmte Frei- und Pauschalbeträge (zB §§ 9a Nr 2, 10 Abs 3, 13 Abs 3, 20 Abs 4 EStG aF bzw § 20 Abs 9 EStG nF) doppelt in Anspruch genommen werden. Vorteile ergeben sich auch beim Verlustausgleich zwischen den Ehegatten (§ 3 Abs 2 EStG aF) und beim Verlustabzug (§ 10d EStG), s § 2 Rn 301 (Handzik).
Bei Wahl der Zusammenveranlagung haben die Ehegatten eine gemeinsame Steuererklärung abzugeben (§ 25 Abs 3 S 2 EStG idF bis VZ 2012, s § 25 Rn 27 (Schneider)), und sie sind Gesamtschuldner (§ 44 Abs 1 AO) der gegen sie festgesetzten ESt. Sie können ihre jeweilige Haftung im Vollstreckungsverfahren jedoch beschränken, indem sie eine Aufteilung der Steuerschuld nach §§ 268ff AO beantragen (s § 26b Rn 75).
Rn. 22
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Für die Wahl der getrennten Veranlagung sind vielfach außersteuerliche Motive ausschlaggebend, bei der diese Veranlagung wählende Ehegatten weniger die geringste Gesamtsteuerschuld beider Ehegatten, sondern zunächst die Sicherung ihres jeweiligen eigenen Steuervorteils im Auge haben. Zur Wirksamkeit eines Antrags auf getrennte Veranlagung s Rn 63–66. Im Übrigen kann die getrennte Veranlagung Vorteile bringen, zB zur Ausnutzung eines günstigeren Verlustabzugs nach § 10d EStG oder bei der Anwendung der Tarifvorschriften §§ 32b, 34ff EStG, vgl Lüdicke, DStR 1984, 510; Hagen/Schynol, DStR 1999, 1430; Korezkij, BB 2 000 122 u 958. Mit Hilfe der getrennten Veranlagung können die Voraussetzungen der EigZul geschaffen werden, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten die Einkommensgrenze übersteigt, s oV, GStb 2000, 96.
Die getrennte Veranlagung bewirkt ein individuelles Besteuerungsverfahren für jeden Ehegatten, bei dem jeder nur seiner eigenen Steuererklärungspflicht nachzukommen (§ 25 Abs 3 S 3 EStG idF bis VZ 2012) und für seine eigene Steuerschuld aufzukommen hat. Berührungspunkte zwischen beiden getrennten Ehegattenveranlagungen ergeben sich nur bei der Berücksichtigung von ag Belastungen, § 26a Abs 2 EStG idF bis VZ 2012.
Rn. 23
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Die besondere Veranlagung, die allerdings nur für das Heiratsjahr gewählt werden kann, führt zur völligen Individualisierung der Ehegatten – sie werden so behandelt, als ob sie diese Ehe nicht geschlossen hätten (§ 26c Abs 1 S 1 EStG) – und haben daher nur ihre individuellen steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Die besondere Veranlagung steht im Ergebnis zwei Einzelveranlagungen gleich. Daher kann, soweit die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, auch der Haushaltsfreibetrag nach § 32 Abs 7 EStG aF (aufgehoben ab VZ 2004) gewährt und das Verwitwetensplitting nach § 32a Abs 6 Nr 1 EStG angewandt werden.
Rn. 24
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Unabhängig von der gewählten Veranlagungsart sind im jeweiligen VZ alle Einkünfte, SA sowie Steuer- und Tarifermäßigungen der Ehegatten zu berücksichtigen. Hat die Ehe bei Heirat oder wegen Auflösung im Laufe eines Jahres nur während eines Teils des VZ bestanden, so sind in die Ehegattenbesteuerung auch die Besteuerungsgrundlagen aus der Zeit vor der Eheschließung bzw nach Auflösung der Ehe einzubeziehen. Das gilt bei Wiederheirat im VZ einer aufgelösten Ehe auch für die aus der Zeit der unberücksichtigt zu lassenden aufgelösten Ehe stammenden Besteuerungsgrundlagen.
Beim Wechsel eines Ehegatten von der beschränkten zur unbeschränkten StPfl innerhalb eines VZ sind die während der beschränkten StPfl erzielten inländischen Einkünfte in die Ehegattenbesteuerung iSd §§ 26a, 26b EStG idF bis VZ 2012 einzubeziehen, § 2 Abs 7 EStG.
2. Rechtslage ab VZ 2013
Rn. 25
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Durch das StVereinfG 2011 v 01.11.2011, BGBl I 2011, 2131 wurde § 26 EStG an die reduzierten Wahlmöglichkeiten für Ehegatten angepasst. Für Ehegatten gibt es ab dem VZ 2013 nach § 26 Abs 1 EStG nur noch die Möglichkeit, zwischen der Einzelveranlagung nach § 26a EStG und der Zusammenveranlagung nach § 26b EStG zu wählen.
Somit stehen ab VZ 2013 unter Einschluss der tariflichen Vorschriften nur noch folgende Veranlagungsmöglichkeiten zur Wahl: