Dr. Peter Handzik, Edgar Stickan
aa) Allgemeines, Gesetzesentstehung
Rn. 1229
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Durch das JStG 2009 (vom 19.12.2008, BGBl I 2008, 2794) wurde ein neuer § 3 Nr 34 EStG eingefügt, und zwar mit (Rück-)Wirkung ab VZ 2008 (Art 1 Nr 3e, Nr 41d JStG 2009). Hintergrund der Regelung ist, dass die Bundesregierung die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und die betriebliche Gesundheitsförderung als wichtige Ziele ansah. Es liege im Interesse der ArbG und Unternehmen, die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Die Steuerbefreiung soll daher die Bereitschaft des ArbG erhöhen, seinen ArbN Dienstleistungen zur Verbesserung ihres allgemeinen Gesundheitszustand sowie zur betrieblichen Gesundheitsförderung anzubieten und entsprechende Barzuschüsse für die Durchführung derartiger Maßnahmen zuzuwenden (BT-Drucks 16/10189, 47).
Rn. 1230
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Ob die Vorschrift konstitutiv oder deklaratorisch ist, lässt der Gesetzgeber offen. Er meint lediglich salomonisch (BT-Drucks 16/10189, 47), dass es durch die neue Vorschrift entbehrlich sei zu prüfen, ob eine Maßnahme der Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit der ArbN dient, bei der kein Arbeitslohn (§ 19 EStG) vorliegt. Hintergrund war, dass der BFH BStBl II 2001, 671 bei Massageleistungen an ArbN im Betrieb auf Kosten des ArbG keinen Arbeitslohn annahm, wenn dadurch spezifisch berufsbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen der ArbN vorgebeugt bzw entgegengewirkt werden soll (zur bisherigen Rspr des BFH s Bechthold/Hilbert, NWB 2009, 2946). Daraus folgt für die Vorschrift:
- Soweit die Maßnahmen daher solchen spezifisch berufsbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen vorbeugen sollen, würde kein stpfl Arbeitslohn vorliegen, dh, die Vorschrift ist nur deklaratorisch.
- Soweit die Maßnahmen nicht den im vorherigen Spiegelstrich genannten Zielen dienen sollen, läge stpfl Arbeitslohn vor, der durch § 3 Nr 34 EStG konstitutiv steuerbefreit wird.
Rn. 1230a
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Die Einführung der Vorschrift ist zu begrüßen, sie entlastet den ArbG insoweit von einem LSt-Haftungsrisiko (§ 42d EStG). Lediglich wenn der Freibetrag (s Rn 1244f) überschritten ist, stellt sich diese Abgrenzungsproblematik.
Rn. 1230b
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Zur Neufassung des § 3 Nr 34 EStG ab VZ 2019 s Rn 1246a.
ab) Verfassungsrecht
Rn. 1231
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Verfassungsrechtliche Bedenken bestanden nicht. Der Gesetzgeber konnte im Rahmen seines Spielraums schon allein wegen des Sozialstaatsprinzips (Art 20 GG) sozialpolitische Ziele iRd Steuergesetzgebung verfolgen und deswegen auch nur ArbN begünstigen (BFH BStBl II 2012, 816 zu § 3 Nr 33 EStG) und auch nur Leistungen des ArbG und nicht auch solche Dritter. Auch die rückwirkende Einführung der Vorschrift (mE unechte Rückwirkung) war unbedenklich, da sie eine Begünstigende war. Ob der Freibetrag von EUR 500 pa ausreichte oder nicht, war eine rechtspolitische, aber keine verfassungsrechtliche Frage.
ac) Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn
Rn. 1232
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Dieselbe Formulierung fand sich auch in § 3 Nr 33 EStG. Entsprechend der dortigen Rechtslage waren daher Gehaltsumwandlungen (= Umwandlung bereits bestehender Gehaltsansprüche) nicht begünstigt (glA Bechthold/Hilbert, NWB 2009, 2946; Nacke, NWB 21/2013, 1645; Ross in Frotscher/Geurts, § 3 Nr 34 EStG Rz 10). Diese Parallele zog auch der Gesetzgeber (BT-Drucks 16/10189, 14). Zur Legaldefinition des "zusätzlich ohnehin geschuldeten Arbeitslohns" ab VZ 2020 durch § 8 Abs 4 EStG s Art 1 Nr 6b JStG 2020 vom 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096, s Rn 397d–397f und H 3.34 LStH 2023.
Rn. 1233
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vorläufig frei
ad) Der Leistende
Rn. 1234
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§ 3 Nr 34 EStG begünstigte nur Leistungen des ArbG. Auch dies deckte sich mit § 3 Nr 33 EStG. Gesundheitsfördernde Leistungen Dritter fielen somit nicht unter die Vorschrift. Das bedeutete aber nicht, dass sich der ArbG zu seiner Leistungserbringung Dritter nicht hätte bedienen dürfen (s Rn 1241).
ae) Der Leistungsempfänger
Rn. 1235
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Auch wenn die Person des Leistungsempfängers nicht ausdrücklich genannt war, ergab sich aus den Worten "Arbeitslohn" und "ArbG", dass als Leistungsempfänger nur der ArbN (iSd § 1 Abs 1 LStDV) in Frage kam, dh auch Mini-Jobber, mE nicht aber (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer (aA Nacke, NWB 21/2013, 1645).
af) Das Ziel der ArbG-Leistungen
afa) Allgemeines
Rn. 1236
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Der ArbG musste diese Leistungen "zur" (= final) Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung erbringen, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20, 20a SGB V genügten. Die dortigen Formulierungen waren allerdings alles andere als konkret (kritisch deswegen Bechthold/Hilbert, NWB 2009, 2946).
afb) Die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands
Rn. 1237
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Nach § 20 Abs 1 S 1, 2 SGB V aF sollten die Krankenkassen in ihrer Satzung Leistungen zur "primären Prävention" vorsehen, die den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen.
Na...