Dr. Peter Handzik, Edgar Stickan
aa) Rechtsentwicklung
Rn. 960
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Die Vorschrift gilt seit VZ 1980. Seit dem Jahre 2000 sind folgende Änderungen zu verzeichnen:
- StBerG 1999 vom 22.12.1999, BGBl I 1999,2601: Anhebung des Freibetrags in § 3 Nr 26 EStG von DM 2.400 auf DM 3.600 pa ab VZ 2000.
- StEuGlG vom 19.12.2000, BGBl I 2000, 1790: Umrechnung des Freibetrags in EUR 1 848 pa ab VZ 2002.
- Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007, BGBl I 2007, 2332: Erhöhung des Freibetrags von EUR 1 848 pa auf EUR 2 100 pa ab VZ 2007 (Art 1 Nr 2a, Art 9 Abs 1 des Gesetzes). Des Weiteren war die Einführung eines neuen § 3 Nr 26a EStG durch dieses Gesetz zu beachten, s Rn 1046ff.
- JStG 2009 (vom 19.12.2008, BGBl I 2008, 2794): Erweiterung des Dienst-/Auftraggebers auf nicht nur inländische, sondern alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die in einem EU-/EWR-Staat belegen sind (Art 1 Nr 3b JStG 2009), anwendbar auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle (Art 41d JStG 2009). S Rn 964a.
- EhrenamtsstärkungsG (vom 21.03.2013, BGBl I 2013, 556): Art 2 Nr 1a, Art 12 Abs 1 des Gesetzes erhöhte den Freibetrag von EUR 2 100 auf EUR 2 400 (ab 01.01.2013).
- Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (UStAVermG vom 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338: Art 2 Nr 1 Erweiterung auf ehrenamtliche Tätigkeiten im Dienst/Auftrag einer in der Schweiz belegenen juristischen Person des öffentlichen Rechts, anzuwenden in allen offenen Fällen (Art 2 Nr 5 Buchst a Doppelbuchst aa des Gesetzes).
- Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Vorschriften (vom 09.12.2020, BGBl I 2020, 2770): Ersetzung von "behinderte Menschen" durch "Menschen mit Behinderungen" (Art 1 Nr 2 Buchst b) ab VZ 2020 (§ 52 Abs 1 EStG idF Art 3 Abs 1 des Gesetzes).
- JStG 2020 (vom 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096): Art 2 Nr 1 Buchst c, 50 Abs 4 des Gesetzes erhöhte den Freibetrag von EUR 2 400 auf EUR 3 000 ab 01.01.2021 (s Eismann, DStR 2021, 834).
ab) Überblick über den Inhalt der Regelung
aba) § 3 Nr 26 S 1 EStG
Rn. 960a
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§ 3 Nr 26 S 1 EStG (sog "Übungsleiterpauschale" – der Begriff ist allerdings mE irreführend) befreit folgende Einnahmen aus nebenberuflicher (s Rn 1010ff) Tätigkeit in gewissem Umfang (s Rn 961) von der ESt:
(1) |
als Übungsleiter oder vergleichbare Tätigkeit |
(2) |
als Ausbilder oder vergleichbare Tätigkeit |
(3) |
als Erzieher oder vergleichbare Tätigkeit |
(4) |
als Betreuer oder vergleichbare Tätigkeit |
(5) |
aus künstlerischer Tätigkeit |
(6) |
aus der Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen. |
Rn. 960b
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Im Umkehrschluss ergibt sich: Liegen diese Tätigkeitsbereiche nicht vor, greift § 3 Nr 26 EStG nicht ein (BFH vom 31.01.2017, IX R 10/16, BStBl II 2018, 571), etwa bei Erhebungsbeauftragten zur Durchführung des Zensus 2011 (OFD Ffm vom 22.02.2012, DStR 2012, 657; auch s Rn 447).
Rn. 960c
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Die Steuerbefreiung ist betragsmäßig begrenzt (Freibetrag) auf
ab VZ 2008 |
EUR 2 100 pa |
ab VZ 2013 |
EUR 2 400 pa |
ab VZ 2021 |
EUR 3 000 pa |
Rn. 960d
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Ferner verlangt § 3 Nr 26 S 1 EStG, dass diese nebenberufliche Tätigkeit erfolgt im Dienst oder Auftrag (s Rn 965ff)
- einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, oder
- einer unter § 5 Abs 1 Nr 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52–54 AO).
abb) § 3 Nr 26 S 2 EStG
Rn. 961
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§ 3 Nr 26 S 2 EStG befasst sich mit folgender Frage: Die Einnahmen sollen höher sein als der Freibetrag lt s Rn 960c. In welcher Höhe sind dann BA/WK abziehbar? Genau genommen müsste sich der Verweis dann auf § 3c Abs 1 EStG beziehen und nicht allgemein auf § 3c EStG.
Rn. 962
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Die Vorschrift ist konstitutiv, weil andernfalls stpfl Einkünfte nach §§ 15, 18 oder 19 EStG anfallen würden.
ac) Der Sinn und Zweck der Vorschrift
Rn. 963
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§ 3 Nr 26 EStG will das ehrenamtliche Engagement von Bürgern würdigen und fördern und dafür erhaltene Aufwandsentschädigungen steuerfrei stellen (vgl BT-Drucks 8/3688, 16; BFH BStBl II 1987, 783; 1990, 854) und ist damit als Sozialzwecknorm anzusehen (FG Köln vom 20.01.2022, 15 K 1317/19, EFG 2022, 572 rkr; Bender, DStR 2015, 2257). Die Erhöhung des Freibetrags ab VZ 2007 auf EUR 2 100 pa (durch Art 1 Nr 2a, Art 9 Abs 1 des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007, BGBl I 2007, 2332) bzw ab 01.01.2013 auf EUR 2 400 pa (durch Art 2 Nr 1a, Art 12 Abs 1 EhrenamtsstärkungsG vom 21.03.2013, BGBl I 2013, 556) bzw auf EUR 3 000 pa (durch Art 2 Nr 1c, 50 Abs 4 JStG 2020 vom 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096) unterstreicht diesen gesetzgeberischen Willen (s FG BdW vom 08.03.2018, 3 K 888/16, DStRE 2019, 69 rkr; dazu Geserich, NWB 35/2020, 2596).
Rn. 963a
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Die Vorschrift soll zugleich auch weitere bürokratische Hemmnisse sowohl f...