Dr. Peter Handzik, Edgar Stickan
ca) Ungleichbehandlung von Aufwandsentschädigungen im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft
Rn. 417
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Ab VZ 1990 hat der Gesetzgeber einen ArbN-Pauschbetrag in § 9a S 1 Nr 1 Buchst a EStG eingeführt. Dieser beträgt
- seit VZ 2011 (Art 1 Nr 5a, Art 33a StVereinfG 2011 vom 01.11.2011, BGBl I 2011, 2131): EUR 1 000
- seit VZ 2022 (Art 2 Nr 2, Art 4 Abs 1 StEntlG 2022 vom 23.05.2022, BGBl I 2022, 749): EUR 1 200
- seit VZ 2023 (Art 4 Nr 3, Art 43 Abs 6 JStG 2022 vom 16.12.2022, BGBl I 2022, 2294): EUR 1 230
Rn. 418
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
vorläufig frei
Rn. 419
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Nach BVerfG BStBl II 1999, 502 (dazu Bergkemper, FR 1999, 517) verstieß § 3 Nr 12 S 1 EStG aF in seiner Anwendung auf Zulagen für Besoldungsempfänger des Bundes wegen ihrer dienstlichen Tätigkeit in den neuen Bundesländern ("Busch-Zulage") gegen Art 3 Abs 1 GG, da der Aufwandstatbestand des § 3 Nr 12 S 1 EStG nicht nur erwerbsdienliche, als WK oder BA berücksichtigungsfähige Ausgaben, sondern auch Amts- und Stellenzulagen umfasse. Die Privilegierung von Empfängern von Aufwandsentschädigungen aus einer Bundes- oder Landeskasse nach § 3 Nr 12 S 1 EStG gegenüber Empfängern von Aufwandsentschädigungen aus anderen Kassen bzw der Allgemeinheit der Steuerzahler sei nicht hinnehmbar. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen.
Rn. 420
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OFD Magdeburg vom 03.08.1999, FR 1999, 1023 zog aus BVerfG BStBl II 1999, 502 den Schluss, dass diese Aufwandsentschädigung insoweit der LSt zu unterwerfen ist, als sie als laufender Arbeitslohn gezahlt wird für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31.03.1999 enden, und soweit sie zu den sonstigen Bezügen gehören, die nach dem 31.03.1999 zufließen. Zum Thema "WK-Abzug und § 3c Abs 1 EStG" in diesem Fall s Rn 470ff.
cb) Keine Pflicht zur Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 3 Nr 12 EStG
Rn. 421
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BFH BFH/NV 1993, 726 hielt zu Recht den Gesetzgeber nicht aufgrund Art 3 Abs 1 GG für verpflichtet, Vorstandsmitgliedern von Vereinen über § 3 Nr 50 EStG eine steuerfreie Aufwandsentschädigung wie Abgeordneten (§ 3 Nr 12 EStG) einzuräumen. Genauso wenig sah FG MV EFG 1996, 66 rkr darin einen Verfassungsverstoß (Art 3 Abs 1 GG), wenn einem Beamten, der aus einem alten Bundesland in das Beitrittsgebiet versetzt wird und keine Aufwandsentschädigung erhält, keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr 12 EStG zusteht.
cc) Ungleichbehandlung mit ArbN, die nicht bei einem Träger inländischen öffentlichen Gewalt in Dienst stehen
Rn. 422
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BFH BStBl II 1983, 219 sah zutreffenderweise (betreffend ArbN bei den US-Streitkräften) keinen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG darin, dass nur ArbN, die bei einem inländischen Träger öffentlicher Gewalt im Dienst stehen, von § 3 Nr 12 S 2 EStG begünstigt werden.
cd) Kein materielles Prüfungsrecht des FA bei § 3 Nr 12 S 1 EStG, ob die Aufwandsentschädigung den tatsächlich entstandenen Aufwand offenbar übersteigt
Rn. 423
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
BVerfG BStBl II 1999, 502 sah jedenfalls darin keinen Gleichheitsverstoß (Art 3 Abs 1 GG), dass das FA bei § 3 Nr 12 S 1 EStG, anders als bei S 2, nicht nachprüfen darf, ob der Aufwandsersatz höher als der tatsächlich entstandene Aufwand ist (ebenso BFH BStBl II 1983, 75). BFH BStBl II 2014, 248 hält die Vorschrift für insoweit verfassungsgemäß, soweit die Vorschrift (= S 2) Aufwandsentschädigungen betrifft, die nicht über die tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Beziehers hinausgehen; ähnlich bereits BFH BStBl II 2013, 799für § 3 Nr 12 S 1 EStG: keine Verfassungswidrigkeit bei Ersatz von Aufwendungen, die ihrer Art nach BA oder WK sind. Ähnlich BFH BFH/NV 2017, 680: keine Verfassungswidrigkeit beim Ersatz für Aufwendungen, die einen steuerlich abziehbaren Aufwand abgelten.
ce) Ungleichbehandlung Abgeordneter und Nichtabgeordneter?
Rn. 424
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Im Entscheidungsfall BFH BStBl II 2008, 928 mit Anm Bode, FR 2008, 1174; Balke, NWB Nr 47/2008, 4371 konnte der BFH die Verfassungsmäßigkeit von § 3 Nr 12 S 1 EStG offenlassen. Er hielt es für unbedenklich, dass sich ein StPfl, der kein Abgeordneter ist, sich nicht auf eine gleichheitswidrige Begünstigung der Abgeordneten aufgrund der diesen gewährten Kostenpauschalen nach dieser Vorschrift berufen könne (kritisch deswegen Balke, NWB Nr 47/2008, 4371). Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG (2 BvR 2227/08 und 2228/08, auch s BFH BFH/NV 2010, 1983 mit Anm Bode, FR 2010, 994) nicht zur Entscheidung angenommen, es nahm aber gleichwohl Stellung und hielt die Steuerbefreiung der Abgeordnetenbezüge wegen der besonderen Stellung des Abgeordnetenmandats für sachlich iSd Art 3 Abs 1 GG gerechtfertigt. Ferner s Rn 435.
cf) Gleiche Auslegung von § 3 Nr 12, 13 und 16 EStG
Rn. 425
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Wegen des Gleichbehandlungsgebots dürfen § 3 Nr 12, 13 und 16 nicht unterschiedlich ausgelegt werden (BFH BStBl II 2007, 536; FG RP vom 08.11.2016, 3 K 2578/14, DStRE 2018, 257 rkr).