1. Kinder, die in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitssuchende gemeldet sind (§ 32 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG)
Rn. 321
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Danach ist ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, zu berücksichtigen, wenn es an einem Tag des Monats in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet war.
Arbeitslosigkeit iSd § 138 SGB III ist hingegen keine Voraussetzung, sondern Beschäftigungslosigkeit iSd § 138 Abs 1 Nr 1 und Abs 3 SGB III, Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 30 (03/2021). Keine Voraussetzung für die Berücksichtigung sind somit, Eigenbemühungen um die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden und Verfügbarkeit gegenüber den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit iSd § 138 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB III, BFH v 19.06.2008, III R 68/05, BStBl II 2009, 1008. Das Gesetz unterstellt typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 138ff SGB III (zuvor der §§ 118ff SGB III) vorliegen. Entscheidend ist, ob sich das Kind tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet hat, der an die Registrierung des arbeitsuchenden Kindes anknüpfenden Bescheinigung der Agentur für Arbeit kommt keine (echte) Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG zu, BFH v 25.09.2008, III R 91/07, BStBl II 2010, 47; BFH v 18.06.2015, VI R 10/14, BStBl II 2015, 940; BFH v 07.07.2017, III R 19/15, BStBl II 2017, 124.
Dem Ende der Registrierung als Arbeitsuchender, also der Löschung oder der Abmeldung des Kindes bei der Arbeitsvermittlung, kommt ebenfalls keine (negative) Tatbestandswirkung zu, BFH v 26.07.2012, III R 70/10, BFH/NV 2012, 1971.
Der Meldung als Arbeitsuchender steht die Meldung bei einer nach dem SGB II für die Grundsicherung von Arbeitsuchenden zuständigen Stelle gleich, BFH v 26.07.2012, VI R 98/10, BStBl II 2013, 443. Mit der Streichung des Merkmals "arbeitslos iSd SGB III" in § 32 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG zum 01.01.2003 bezweckte der Gesetzgeber lediglich eine Vereinfachung dahingehend, dass sich Kinder ohne Beschäftigung nicht ausschließlich wegen des Anspruchs auf Kindergeld bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden müssen (Bericht des federführenden Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit, BT-Drs 15/91, 19, und Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/26, 29); BFH v 22.09.2011, III R 78/08, BFH/NV 2012, 204.
Aus dem Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende kann sich zumindest aus den Umständen des Einzelfalls ergeben, dass dieser Antrag die Meldung als Arbeitsuchender einschließt, dies ist anzunehmen, wenn ein Kind, das nach Beendigung der Berufsausbildung arbeitslos geworden ist, einen solchen Antrag stellt, BFH v 26.07.2012, VI R 98/10, BStBl II 2013, 443. Als Arbeitsuchender gemeldet ist nämlich, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit oder Arbeitsgemeinschaft für die Grundsicherung Arbeitsuchender (ARGE) persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt, BFH v 26.07.2012, VI R 98/10, BStBl II 2013, 443; Wendl in H/H/R § 32 EStG Rz 90 (05/2023).
Die Meldung als Arbeitssuchender ist auch dann erforderlich, wenn das Kind aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig ist, dies gilt jedenfalls dann, wenn das Kind tatsächlich nicht daran gehindert ist, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden, BFH v 07.07.2017, III R 19/15, BFH/NV 2017, 1810; FG Köln v 10.03.2016, 1 K 560/14 (Rev nach § 126a FGO zurückgewiesen, BFH v 12.10.2017, V R 17/16). Nach H 32.4 EStH 2022 "Erkrankung und Mutterschaft"; A 14.2 Abs 1 S 1 und 2 DA-KG 2024 ist eine Berücksichtigung auch in einem Zeitraum möglich, in dem das Kind wegen einer vorübergehenden Erkrankung nicht bei einer Agentur für Arbeit im Inland arbeitsuchend gemeldet ist.
Nach BFH v 31.08.2021, III R 41/19, BStBl II 2022, 465 ist von einer vorübergehenden Erkrankung auszugehen, wenn sie im Hinblick auf die ihrer Art nach zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig nicht länger als sechs Monate währt; A 14.2 Abs 1 S 2 DA-KG 2024. In diesem Fall sind die Erkrankung und das voraussichtliche Ende der Erkrankung durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzuweisen, A 14.2 Abs 1 S 3 DA-KG 2024. Ist nach den ärztlichen Feststellungen das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht absehbar, ist zu prüfen, ob das Kind wegen einer Behinderung nach § 32 Abs 4 S 1 Nr 3 EStG berücksichtigt werden kann, H 32.4 EStH 2022 "Erkrankung und Mutterschaft"; A 14.2 Abs 1 S 4 DA-KG 2024.
Keine Arbeitsuchendmeldung gemäß § 32 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG stellt hingegen die kommentarlose Stellung eines Antrags auf ALG II während der Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG oder während der ersten drei Jahre nach der Geburt des eigenen Kindes dar, BFH v 22.09.2011, III R 78/08, BFH/NV 2012, 204. Bezieht das Kind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, führt dies nicht dazu, dass es als arbeitsuchend gemeldet anzusehen ist, BFH v 27.12.2011, III B 187/10, BFH/NV 2012, 1104.
Nach bisheriger Rspr, die an die ...