Rn. 194
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die Beteiligung des fremdfinanzierenden Gesellschafters oder typischen Gesellschafters an der Schuldnerin muss "mindestens 10 %" betragen. Die Beteiligungshöhe ist dabei an dem Anteil des Gesellschafters am Grund- oder Stammkapital der KapGes zu messen. S auch BFH vom 14.2.2023, IX R 23/21, BStBl II 2023, 557; Jachmann-Michel, BB 2023, 2903, 2912.
Neben dieser Beteiligung muss eine davon abgegrenzte schuldrechtliche Beziehung bestehen, aus der Einkünfte nach § 20 Abs 1 Nr 4, 7 EStG oder Veräußerungsgewinne nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 4, 7 EStG erzielt werden (Schmidt in BeckOK, § 32d EStG Rz 153 (10/2023)).
Rn. 195
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Diese Beteiligung muss an einer KapGes (etwa GmbH, AG, SE, kapitalistischer Teil der KGaA; zu der Besteuerung der Kommanditaktionäre s § 15 Rn 116a (Bitz); Farwick, StuB 2022, 656, 658) oder Genossenschaft (einschließlich der SCE) bestehen. Dabei wird nach dem Gesetzeswortlaut keine Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Schuldnern gemacht (BFH vom 27.06.2023, VIII R 15/21, BStBl II 2023, 903 Rz 14; s auch BFH vom 17.05.2023, I R 29/20, BFH/NV 2023, 1195). Somit sind auch nach dem Rechtstypenvergleich (BMF vom 19.03.2004, BStBl I 2004, 411, "LLC-Erlass"; BFH vom 18.05.2021, I B 76/20, BFH/NV 2021, 1491 (AdV)) einer deutschen KapGes oder Genossenschaft ähnliche Schuldnerinnen in die Regelung einzubeziehen (BFH vom 27.06.2023, VIII R 15/21, BStBl II 2023, 903 Rz 14; zur Messung der Beteiligungsquote an einer ausländischen Gesellschaft BFH vom 14.02.2023, IX R 23/21, BStBl II 2023, 557; Jachmann-Michel, BB 2023, 2903, 2912; für eine teleologische Reduktion aber Oellerich in Bordewin/Brandt, § 32d EStG Rz 63, März 2017). Für eine andere Auslegung hätte der Gesetzeswortlaut den entgegenstehenden gesetzgeberischen Willen dokumentieren müssen. Seit den Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes im Rahmen des "JStG 2020" (BGBl I 2020, 3096; s Rn 27) sind bei ausländischen Schuldnern allerdings umfassende ergänzende Bedingungen zu beachten (s Rn 203aff).
Rn. 196
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die 10 %-Grenze selbst hat der BFH vom 29.04.2014, VIII R 23/13, BStBl II 2014, 884 als verfassungsgemäß beurteilt (zu verfassungsrechtlichen Fragen der AbgSt insgesamt s Rn 110ff). Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege nicht vor (ausführlich Löbe, NWB 2014, 3955).
Rn. 197
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Fraglich ist, ob bei ihrer Ermittlung nur unmittelbare oder auch mittelbare Beteiligungen zählen. Das Gesetz selbst enthält hierzu, entgegen manch anderer Gesetzesformulierung (etwa § 17 Abs 1 S 1 EStG; dazu Weiss, BB 2017, 2071, 2073 mwN), keine Aussagen. Die FinVerw vertrat insoweit in der Vergangenheit die Auffassung, dass sowohl unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen einzubeziehen seien (AbgSt-E aF BMF vom 18.01.2016, BStBl I 2016, 85 Tz 137).
Im AbgSt-E des BMF vom 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 Tz 137 hat die FinVerw die Rspr des BFH anerkannt, nach der mittelbare Beteiligungen nicht einzubeziehen sind (BFH vom 20.10.2016, VIII R 27/15, BStBl II 2017, 441; Weiss, BB 2017, 2071, 2073; hierzu aber sogleich s Rn 198). Dies wurde bereits zuvor von einer starken Meinung im Schrifttum zu Recht so gesehen, da das Gesetz selbst in unmittelbarer Nähe (§ 32d Abs 2 Nr 3 S 1 EStG; s Rn 303) die Einbeziehung unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen explizit anordnet (Oellerich in Bordewin/Brandt, § 32d EStG Rz 64 mwN (03/2017); Pfirrmann in Kirchhof/Seer, § 32d EStG Rz 12 (22. Aufl 2023); Graf/Paukstadt, FR 2011, 249, 262; aA aber Boochs in Lademann, § 32d EStG Rz 18b (05/2016)).
Rn. 198
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Allerdings muss bei Verneinung einer Beteiligung iSd § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst b S 1 EStG das "Nahestehen" iSd § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst b S 2 EStG geprüft werden (dazu umfassend BFH vom 20.10.2016, VIII R 27/15, BStBl II 2017, 441; zu den Folgerungen OFD NRW vom 19.04.2017, DB 2017, 1177 unter 4.2.5; bestätigt durch BFH vom 09.07.2019, X R 9/17, BFH/NV 2020, 124; BFH vom 27.06.2023, VIII R 15/21, BStBl II 2023, 903; Weiss, Der Konzern 2020, 45). Auf diese Möglichkeit weist das BMF im AbgSt-E BMF vom 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 Tz 137 explizit hin (s bereits Weiss, Ubg 2018, 394, 397; dazu s Rn 230ff.).
Zu den durch das Nahestehen möglicherweise entstehenden Wertungswidersprüchen führte der BFH vom 20.10.2016, VIII R 27/15, BStBl II 2017, 441 aus, das Nahestehen setze eine Beherrschung voraus, der Ausschlusstatbestand des § 32d Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst b S 1 EStG hingegen nur eine Einflussmöglichkeit eines mindestens zu 10 % beteiligten Anteilseigners (BFH aaO Rz 22; Weiss, Ubg 2018, 394, 397). Dennoch hat sich der BFH an die in der Gesetzesbegründung vorgegebene Begriffsbestimmung der "nahe stehenden Person" zu Recht gebunden gefühlt (bestätigt durch BFH vom 09.07.2019, X R 9/17, BFH/NV 2020, 124; Weiss, DB 2020, 310).
Rn. 199
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Für die Fremdfinanzierung einer nachgeschalteten gewerblichen PersGes findet sich hingegen keine Regelu...