Rn. 152
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Wegen der Zwangsläufigkeit eigener Berufsausbildungskosten s Rn 138. Unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher unausweichbarer Gründe war insbesondere auch die Frage der ag Belastung bei auswärtiger Ausbildung von Kindern zu beurteilen. Wegen Einzelheiten s Erläut zu § 33a (Pust).
Rn. 153
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Das Einspringen für einen Dritten zur Wiederherstellung oder Rettung des eigenen persönlichen Ansehens und der persönlichen Ehre, zB des Vaters für die Schulden des Sohnes (vgl auch FG Mchn EFG 1955, 236; FG Nds v 20.07.2000, 14 K 178/98 nv) bzw des Geschäftsführers einer GmbH für Gesellschaftsschulden, wird idR für sich allein kein tatsächlicher Grund sein, der die dadurch verursachten Aufwendungen als zwangsläufig erscheinen lässt (ebenso FG Nbg EFG 1961, 165; FG D'dorf DStZ E 1959, 427; FG Münster v 25.07.1966, VII a 429/64 nv; FG Nds v 20.07.2000, 14 K 178/98 nv).
Einen Sonderfall entschied der BFH BStBl II 1971, 628, indem er die Übernahme von Unterhalts- und Ausbildungskosten eines mittellosen jungen Mannes insoweit als zwangsläufig ansah, als hierin der Dank des StPfl für eine mutige Lebensrettung zu sehen war.
Auch ein Gruppendruck, der sich aus der nachbarschaftlichen Beziehung ergibt, führt nicht zur Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen (FG Nbg EFG 2006, 974).
Rn. 154
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Krankheitskosten können wegen des Verzichts des StPfl auf Ersatzleistungen nicht aus tatsächlichen Gründen als zwangsläufig eingestuft werden. Dies gilt insbesondere, wenn der StPfl verzichtet, um eine Beitragsrückerstattung zu erhalten (FG Ha v 26.08.2004, VI 167/02; FG RP v 31.01.2012, 2 V 1883/11; Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 100, Dezember 2020; offen gelassen BFH BStBl II 2018, 384; BFH/NV 2021, 973).
Rn. 155
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Strafprozesskosten werden von der höchstrichterlichen Rspr als ag Belastung aufgrund tatsächlicher Zwangslage grundsätzlich nur anerkannt, wenn der StPfl freigesprochen wird (s § 33 Anh 1 "Prozesskosten" Rn 1 (Nacke)).
Rn. 156
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Aufwendungen für eine seelisch-religiöse Therapie sind nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (BFH BStBl II 1979, 646). Auch sind Kosten für eine Adoption nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, weil die Adoption nicht notwendige Folge der Kinderlosigkeit ist (BFH BStBl II 1987, 495; 2006, 495; 2015, 695, Verfassungsbeschwerde hierzu nicht zur Entscheidung angenommen s BVerfG v 13.06.2016, 2 BvR 1208/15); BFH BFH/NV 2000, 1352).
Rn. 157
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Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung sind nach neuer Rspr des BFH wegen Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen abzugsfähig. So hat der BFH unter Aufgabe der bisherigen Rspr Aufwendungen auch für eine medizinisch angezeigte heterologe künstliche Befruchtung (mit dem Samen eines Dritten) als Krankheitskosten beurteilt und damit als steuermindernde ag Belastungen nach § 33 EStG berücksichtigt (BFH BStBl II 2011, 414; s auch FG Münster EFG 2020, 1420 rkr). Gleiches galt bereits für die homologe künstliche Befruchtung (mit dem Samen des Ehemannes). Für entsprechende Aufwendungen im Fall einer nicht verheirateten Frau für eine heterologe Befruchtung, die in einer festen Partnerschaft mit einem zeugungsunfähigen Mann lebt, dürfte dies auch ebenso gelten (s Kanzler, StRA 2/2011, 15; ablehnend wenn es an einer festen Partnerschaft fehlt FG Thüringen EFG 2017, 1343, rkr.
Ablehnend zu künstlichen Befruchtung bei Verstoß gegen Embryonenschutzgesetz s BFH BFH/NV 2017, 1371; zu künstlicher Befruchtung bei gleichgeschlechtlicher Partnerschaft s FG Münster v 23.07.2015, 6 K 93/13E, aufgehoben durch Urteil des BFH v 05.10.2017, VI R 47/15, BStBl II 2018, 350 – künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) als ag Belastung (Krankheitskosten) auch bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaft zu berücksichtigen; FG München EFG 2020, 49, Rev eingelegt Az VI R 35/19; FG München EFG 2020, 50, Rev eingelegt Az VI R 36/19 und FG München EFG 2020, 50, Rev eingelegt Az VI R 34/19 jeweils zu künstlicher Befruchtung in Fällen, in denen eine Präimplantationsdiagnostik oder vergleichbare Verfahren gemäß § 3 Abs 2 S 2 ESchG zulässig sind.
Aufwendungen für eine geschlechtsumwandelnde Operation können auch als ag Belastung anerkannt werden (FG Nbg v 14.09.2021, 6 K 2485/20 rkr).
Rn. 158
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Ob Aufwendungen für eine ausländische Internatsunterbringung eines hochbegabten, aber unter Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leidenden Kindes ag Belastungen sind, hängt nicht vom amtsärztlichen Attest ab. Die Aufwendungen können als ag Belastungen abziehbar sein, wenn der Schulbesuch medizinisch angezeigt war (BFH BStBl II 2013, 783). Jedoch sind Privatschulaufwendungen für ein lernbehindertes Kind grds keine ag Belastung (FG Köln v 20.03.2019, 4 K 1961/16 rkr).
Auch behinderungsbedingte Heimkosten können nach neuerer Rspr des BFH ag Belastung sein. Sie sind als Krankheitskosten zwangsläufig (s BFH BStBl II 2011, 1010; 20...