a) Keine Marktfähigkeit der Vermögensgegenstände
Rn. 102
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Allerdings darf der Gegenwertgedanke nicht überspannt werden. Auch der BFH befürwortet bisher in seiner Rspr eine maßvolle Anwendung der Gegenwerttheorie. Er stellt präzisierend und zutreffend darauf ab, ob der erworbene Vermögensgegenstand eine gewisse Marktfähigkeit besitzt, die in einem bestimmten Verkehrswert zum Ausdruck kommt, was zB bei Operations- und Krankheitskosten zu verneinen, für den Erwerb einer modernen Nachtstromspeicherheizung aber zu bejahen ist (BFH BStBl II 1983, 378). In der Literatur wird diese Einschränkung der Rspr überwiegend befürwortet (vgl K. Heger in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 33 EStG Rz 58, März 2021; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 33 EStG Rz 15, 20. Aufl).
Abgrenzungsschwierigkeiten können sich insbesondere dann ergeben, wenn Körperbehinderte Vorrichtungen zur Bewältigung ihrer besonderen Erschwernisse anschaffen; insoweit stellt der BFH (s Rn 64) darauf ab, ob der Gegenstand für die betreffenden Bedürfnisse besonders hergerichtet ist (vgl BFH BFH/NV 2007, 891). Das FG BdW EFG 1987, 245 rkr erkennt zu Recht die Abfindung, die ein beinamputierter Mieter an den Eigentümer zwecks Einrichtung eines behindertengerechten Bades leistet, als ag Belastung an (s auch FG BdW EFG 2003, 94). Wie der Fall des FG D'dorf EFG 2004, 1051 zeigt, können auch Mietereinbauten eine gewisse Marktfähigkeit besitzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn hierfür vom Nachmieter in aller Regel eine Ablösesumme gezahlt würde (BFH BFH/NV 2006, 931).
Von einem verlorenen Aufwand ist jedoch dann auszugehen, wenn der Mieter verpflichtet war, den ursprünglichen baulichen Zustand wiederherzustellen (BFH BFH/NV 2007, 1081). Kommt es zu einem Rückbau, so ist er nach § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO als rückwirkendes Ereignis einzustufen. In Höhe der auf die Restnutzungsdauer entfallenden anteiligen Aufwendungen sind die Kosten dann als ag Belastungen zu berücksichtigen (BFH BFH/NV 2007, 1081). Gleiches gilt, wenn aufgrund der Erkrankung "noch neue Gegenstände" ausgewechselt wurden und der StPfl dadurch nichts erhält, was er nicht schon vorher besessen hatte (vgl BFH BFH/NV 2006, 931; FG Münster EFG 2007, 189 mit Anm Zimmermann).
b) Schadenseintritt aufgrund höherer Gewalt
Rn. 103
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der Gegenwertgedanke kann nicht gelten, wenn es sich darum handelt, dass ein StPfl notwendige Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Gegenwerten machen muss, die ihm durch besondere Ereignisse verlorengegangen sind (BFH BStBl III 1952, 298; BStBl II 1999, 766für die Wiederbeschaffung notwendigen Hausrats und Kleidung nach einem Brand bzw nach militärischer Beschlagnahme). Es muss sich um "höhere Gewalt ieS", einen katastrophenähnlichen Sachverhalt, eine aufgezwungene Schadenslage handeln (zB Brand, Hochwasser, Unwetter, Kriegseinwirkung, politische Verfolgung).
c) Verlorener Aufwand
Rn. 104
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Trotz der Erlangung eines Gegenwerts findet § 33 EStG auf solche Aufwendungen Anwendung, die der Beseitigung von Schäden an einem Vermögensgegenstand dienen (sog verlorener Aufwand), sofern der Vermögensgegenstand lebensnotwendig ist und die Aufwendungen angemessen sind. Der BFH hat diese Einschränkung befürwortet (vgl BFH BStBl II 1995, 104; 1997, 491). Die Einschränkung beruht darauf, dass es sich bei der Schadensbeseitigung nicht um eine Vermögensumschichtung handelt, sondern um einen verlorenen Aufwand. Diese Einschränkung der Gegenwertlehre trifft jedoch häufig mit der oben genannten Einschränkung in den Fällen außergewöhnlicher Ereignisse zusammen.
Am verlorenen Aufwand fehlt es aber, wenn Wertverbesserungen ("neu" gegen "alt") eintreten. Diese sind im Wege des Vorteilsausgleichs der Höhe nach anzurechnen (BFH BStBl II 1995, 104; 2011, 966; BFH/NV 2007, 1108; s auch BFH BStBl II 2011, 966; glA Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 15, 40. Aufl). Notfalls ist der Anteil des Vorteilsausgleichs zu schätzen oder mittels Sachverständigengutachten festzustellen. Auch ist eine ag Belastung nur dann anzunehmen, wenn es um die Wiederherstellung eines Normalzustandes geht. Der Ersatz eines Luxuszustandes kommt ebenso wenig in Betracht (FG Mchn DStRE 2000, 22; Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 15, 40. Aufl).
Weiterhin entfällt nach der Rspr und Verwaltungsansicht zu Recht eine Anerkennung als ag Belastung, wenn eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit für den Fall des Eintritts eines unabwendbaren Ereignisses bestand und nicht genutzt wurde (BFH BStBl II 1995, 104; 2004, 47; BFH/NV 2004, 630; FG Köln EFG 2001, 438; R 33.2 Nr 7 EStR 2012; FG Nds EFG 2003, 160; aA FG D'dorf EFG 2001, 753 zur Hausratversicherung). Diese Einschränkung führt dazu, dass der verlorene Aufwand in Bezug auf die Beseitigung von Schäden an Gebäuden und Hausrat meistens als ag Belastung nicht anerkannt werden kann. Der Grund für diese (negative) Voraussetzung liegt darin, dass es im Grunde nicht gerechtfertigt ist, Schäden, gegen die sich die Mehrheit der StPfl auf eigene Kosten und ohne steuerliche Absetzbarkeit absichert, teilweise auf die Al...