Rn. 202
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der die zumutbare Belastung übersteigende Teil der Aufwendungen ist nach § 33 Abs 1 EStG 1975 vom Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs 3 EStG abzuziehen. Hierin liegt keine Änderung des Prinzips, sondern eine Anpassung an den neuen Einkommensbegriff in § 2 Abs 4 EStG, bei dem auch die ag Belastungen schon vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen sind. Vom Gesamtbetrag der Einkünfte sind die nach § 10 EStG sowie § 10b EStG in Betracht kommenden SA und der Verlustabzug nach § 10d EStG vorab abzuziehen. Zumindest werden die SA-Pauschbeträge gemäß § l0c Abs 1 u 4 EStG abgesetzt (vgl R 2 EStR 2012). Erst dann können die ag Belastungen berücksichtigt werden. Insbesondere die vorherige Berücksichtigung von Verlusten wird als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen (Verletzung des Grundsatzes des subjektiven Nettoprinzips; s zuletzt Oberloskamp, EStB 2009, 109). Der BFH hat aber unter Hinweis auf das Jahressteuerprinzip zu Recht die Verfassungswidrigkeit abgelehnt (BFH BFH/NV 2008, 1147; 2009, 920).
Rn. 203
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Bei der Berechnung der zumutbaren Belastung wird gemäß § 33 Abs 3 S 1 EStG wiederum an den Gesamtbetrag der Einkünfte angeknüpft. Da der Altersentlastungsbetrag und der Freibetrag nach § 13 Abs 3 EStG den Gesamtbetrag der Einkünfte mindern (s § 2 Abs 3 S 1 EStG), wird hierdurch die zumutbare Belastung geringer.
Inwieweit andere steuerfrei zu lassende Beträge, wie insbesondere steuerfreie Einnahmen oder Einkünfte (zB steuerfreie Veräußerungsgewinne) im Gesamtbetrag der Einkünfte anzusetzen sind, ist erst zT geklärt. Nach Ansicht des BFH BStBl II 1976, 360 bleiben steuerfreie Einnahmen und steuerfreie Veräußerungsgewinne außer Ansatz. Auch steuerfreie ausländische Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, sind bei der Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung nicht zu berücksichtigen (BFH BStBl II 1978, 9), weil zum Einkommen iSd § 33 EStG nicht sachlich einkommensteuerbefreite Bezüge gehören (vgl Richter, FR 1974, 605). Auch weitere steuerfreie Einnahmen sind nicht zu berücksichtigen. So bleiben bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte Dienstbezüge unberücksichtigt, für die die LSt mit einem Pauschalsteuersatz erhoben wird (K/S/M, § 33 EStG Rz D 2; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 33 EStG Rz 50, 20. Aufl). Obwohl alle diese Einnahmen die steuerliche Leistungsfähigkeit erhöhen, sind sie nicht zu berücksichtigen.
Auch dürfenSA, obwohl sie die Leistungsfähigkeit verringern, nicht die Bemessungsgrundlage reduzieren. Dieses Ergebnis wird daher zu Recht kritisch von der Literatur bewertet (Arndt in K/S/M, § 33 EStG Rz D 2; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 33 EStG Rz 50, 20. Aufl).
Rn. 203a
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die Berechnung der Höhe der zumutbaren Belastung ist aufgrund neuerer Rspr des BFH nunmehr anders als bisher vorzunehmen.
- Hatte die Verwaltung bisher die Höhe der zumutbaren Belastung ausschließlich nach dem höheren Prozentsatz berechnet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte oberhalb der in § 33 Abs 3 S 1 EStG genannten Grenzen lag,
- versteht der BFH die Regelung so, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird (BFH BStBl II 2017, 684 mit Anmerkung Teller, HFR 2017, 402 und Loschelder, NJW 2017, 1504; BFH BStBl II 2018, 96; zur Kritik s Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 74, 40. Aufl, Argument: fehlende gesetzliche Grundlage).