1. Grundsatz
Rn. 61
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Nach hier vertretener Ansicht und hM (BFH BStBl II 1968, 406; 1992, 290; 1992, 293; 2001, 338; 2018, 230; K. Heger in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 33 EStG Rz 51, März 2021; Arndt in K/S/M, § 33 Rz C 36) folgt aus § 33 Abs 2 S 2 EStG, dass Aufwendungen, die ihrer Natur nach zu den SA, BA oder WK gehören, nicht als ag Belastungen berücksichtigt werden können, auch wenn sie bei den SA, BA oder WK nicht abzugsfähig sind (zB außerhalb der Höchstbeträge bei den SA gemäß § 10 Abs 3 EStG). Die Regelung des § 33 Abs 2 S 2 EStG, die 1955 eingeführt wurde, verfolgt den Zweck, "dass ag Verhältnisse nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie nicht auf andere Art und Weise, also bei den BA, WK oder SA berücksichtigt werden können" (BT-Drucks 2/481). Für die hier vertretene Auffassung spricht einerseits die Klarstellung durch § 33 Abs 2 S 2 Hs 2 EStG 1968, wonach zB Berufsausbildungskosten als ag Belastung abziehbar bleiben, sofern sie nicht als SA gemäß § 10 Abs 1 Nr 7 EStG zum Zuge kommen. Andererseits ließe sich über § 33 EStG die ausdrückliche gesetzliche Nichtberücksichtigung contra legem ausschalten. Darin wird man nicht zuletzt eine Bestätigung der hM durch den Gesetzgeber zu sehen haben.
Rn. 62
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Problematisch ist die zum Teil geforderte Auslegung, dass der Ausschluss als ag Belastung nur dann greift, wenn die Aufwendungen ihrer Natur nach keine WK, BA oder SA sind und gleichzeitig auch in einem "konkreten Zusammenhang" mit einer Einkunftsart stehen oder sich auf die abschließende Regelung des SA-Abzugs beziehen (Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 202, Dezember 2020). Hierdurch wird die Problematik der Liebhaberei in die Anwendung des § 33 EStG hineingezogen, was die Anwendung erheblich erschweren würde. So waren zB Umbaumaßnahmen in der Wohnung eines Körperbehinderten der Natur nach WK, ohne dass sie zur Einkunftsart VuV (unter dem Gesichtspunkt der Nutzungswertbesteuerung) im Zusammenhang standen (vgl FG Ha EFG 1976, 557; FG RP EFG 1979, 231). Sie können somit schon aufgrund dieser Bewertung nicht als ag Belastungen berücksichtigt werden (glA Arndt in K/S/M, § 33 EStG Rz C 36; aA Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 202, Dezember 2020).
Rn. 62a
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Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten können als BA oder SA (s § 10 Abs 1 Nr 5 EStG) abgezogen werden. Daneben kommt ein Abzug als ag Belastung nicht in Betracht. Damit kommen sie auch dann nicht als ag Belastung in Betracht, wenn die Höchstsätze überschritten worden sind (zu den BA, WK und SA s Rn 61).
2. Ausnahmefälle vom Grundsatz
Rn. 63
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der umfassende Ausschluss gemäß § 33 Abs 2 S 2 Hs 1 EStG ist für bestimmte Fälle eingeschränkt. Nach § 33 Abs 2 S 2 Hs 2 EStG können die dort genannten Aufwendungen als ag Belastungen berücksichtigt werden, wenn sie sich als SA nicht steuerlich auswirken. So gilt dies für Berufsausbildungskosten (§ 10 Abs 1 Nr 7 EStG) und für Schulgeldzahlung (§ 10 Abs 1 Nr 9 EStG).
3. Einzelfragen
Rn. 64
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Wendet der Eigentümer eines unter Denkmalschutz stehenden Schlosses HK auf, kommen nur AfA bei den Einkünften aus VuV, also kein Abzug als ag Belastung, in Betracht, so: FG RP EFG 1978, 326 rkr. Dies gilt auch für Herstellungsaufwand, der bei der Schaffung einer behindertengerechten Wohnung entsteht. Hier sind Umbaumaßnahmen ebenso wie spezielle HK ihrer Natur nach WK (Arndt in K/S/M, § 33 EStG Rz C 36; unklar BFH BStBl II 1997, 491 unter 3.a.). So sind Aufwendungen eines Behinderten für den Einbau eines Fahrstuhls (nicht aber für einen Treppenschräglift), Verbreiterung der Türen und Schaffung einer sog Bodendusche keine ag Belastungen (im Ergebnis ebenso bisher BFH BStBl II 1997, 491; 1997, 607; BFH/NV 2004, 1252; 2006, 931; BFH v 15.04.2004, III B 113/03 nv; aA nun BFH BStBl II 2010, 280; 2011, 1012). Keine ag Belastung ist auch anzunehmen bei doppelt gezahlten Erschließungskosten infolge Konkurses des Bauträgers, FG Nbg EFG 1983, 502 rkr.
Tritt bei einer selbstgenutzten Wohnung Erhaltungsaufwand auf, so stellt dieser nach hier vertretener Auffassung der Natur nach BA bzw WK dar. Der BFH wendet hier § 33 Abs 2 S 2 EStG nicht an. Wegen des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung könne nicht mehr von WK ausgegangen werden. Auch sei die Einstufung als SA wegen § 10e Abs 6 EStG aF nicht möglich, da die Aufwendungen nur wie SA abzuziehen seien (BFH BStBl II 1995, 104).
Treten bei Kindern eines Röntgenfacharztes genetische Strahlenschäden auf, so sind die Krankheitskosten keine BA, sondern gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen (BFH BStBl II 1980, 639).
Die Aufwendungen einer Berufsmusikerin für Dispokinesis sind keine WK, sondern ag Belastungen (FG He v 13.12.2011, 12 K 2569/10, DStRE 2013, 261; nach Auffassung des BFH ist für die Entscheidung ein Sachverständigengutachten einzuholen, BFH BStBl II 2013, 815).
Rn. 65
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Nicht ag Belastungen, sondern BA oder WK stellen grds die Aufwendungen des Vormunds/Betreuers dar, die ausschließlich für die Verm...